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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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ein.«
     »Wir fahren abwechselnd, was?« fragte ich.
     »Ja. Aber vorläufig fahre ich. Ich habe ja nachmittags geschlafen.«
     Eine halbe Stunde später hatten wir die Stadt hinter uns, und das ungeheure Schweigen der klaren Mondnacht nahm uns auf. Die Straße lief weiß vor uns her bis zum Horizont. Es war so hell, daß wir ohne Scheinwerfer fahren konnten. Der Klang des Motors war wie ein dunkler Orgelton; er unterbrach die Stille nicht, er machte sie nur noch fühlbarer.
     »Du solltest etwas schlafen«, sagte Köster.
     Ich schüttelte den Kopf. »Kann ich nicht, Otto.«
     »Dann leg dich wenigstens hin, damit du morgen früh frisch bist. Wir müssen noch durch ganz Deutschland.«
     »Ich ruhe mich auch so aus.«
     Ich blieb neben Köster sitzen. Der Mond glitt langsam über den Himmel. Die Felder glänzten wie Perlmutter. Ab und zu flogen Dörfer vorüber, manchmal eine Stadt, verschlafen, leer, die Straßenschluchten zwischen den Häuserreihen angefüllt mit geisterhaftem, stofflosem Mondlicht, das die Nacht zu einem unwirklichen Film werden ließ.
     Gegen Morgen wurde es kalt. Die Wiesen schimmerten plötzlich von Reif, die Bäume standen wie aus Stahl gegossen vor dem fahler werdenden Himmel, in den Wäldern begann es zu wehen, und aus den Schornsteinen der Häuser stieg vereinzelt Rauch auf. Wir wechselten das Steuer, und ich fuhr bis zehn Uhr. Dann frühstückten wir rasch in einem Wirtshaus am Wege, und ich fuhr weiter bis zwölf. Von da an blieb Köster am Steuer. Es ging schneller, wenn er allein fuhr.
     Nachmittags, als es zu dämmern anfing, kamen wir an das Gebirge. Wir hatten Schneeketten und eine Schaufel bei uns und erkundigten uns, wie weit wir kommen könnten.
     »Sie können es mit Ketten versuchen«, sagte der Sekretär des Autoklubs. »Es ist dieses Jahr sehr wenig Schnee. Nur wie es die letzten Kilometer ist, weiß ich nicht genau. Kann sein, daß Sie da steckenbleiben.«
    Wir hatten einen großen Vorsprung vor dem Zug und beschlossen, zu versuchen, ganz hinaufzukommen. Es war kalt, und Nebel war nicht zu befürchten. Der Wagen ging die Serpentinen wie eine Uhr hinauf. Auf halber Höhe montierten wir die Schneeketten. Die Straße war ausgeschaufelt, aber an vielen Stellen vereist, und der Wagen tanzte und rutschte. Manchmal mußten wir heraus und ihn schieben. Zweimal versanken wir und mußten ihn ausschaufeln. Im letzten Dorf ließen wir uns einen Eimer Sand geben, weil wir jetzt sehr hoch waren und Sorge hatten, beim Abwärtsfahren vereiste Kurven vor uns zu haben. Es war ganz dunkel geworden, die Bergwände ragten steil und kahl über uns in den Abgrund, der Paß verengte sich, der Motor brüllte im ersten Gang, und Kurve um Kurve ging es abwärts. Plötzlich glitt das Licht der Scheinwerfer von den Hängen ab, es stürzte ins Leere, die Berge öffneten sich, und wir sahen unten das Lichtnetz des Dorfes vor uns liegen.
     Der Wagen donnerte zwischen den bunten Läden der Hauptstraße hindurch. Fußgänger sprangen beiseite, erschreckt durch den ungewohnten Anblick, Pferde scheuten, ein Schlitten rutschte ab, der Wagen jagte die Kehren zum Sanatorium hinauf und hielt vor dem Portal. Ich sprang hinaus, ich sah wie durch einen Schleier neugierige Gesichter, Leute, das Büro, den Aufzug, dann lief ich durch den weißen Korridor, riß die Tür auf und erblickte Pat, wie ich sie hundertmal in Traum und Sehnsucht gesehen hatte, sie kam mir entgegen, und ich hielt sie in den Armen wie das Leben und mehr als das Leben.

     »Gott sei Dank!« sagte ich, als ich mich wieder zurechtfand. »Ich glaubte, du lägest im Bett.«
     Sie schüttelte den Kopf an meiner Schulter. Dann richtete sie sich auf, nahm mein Gesicht in ihre Hände und sah mich an. »Daß du da bist«, murmelte sie. »Daß du gekommen bist!«
     Sie küßte mich, vorsichtig, ernst und behutsam, wie etwas, das man nicht zerbrechen will. Als ich ihre Lippen fühlte, begann ich zu zittern. Es war alles zu schnell gegangen, ich faßte es jetzt doch noch nicht ganz. Ich war noch nicht richtig da; ich war noch voll Fahrt, voll Motorendröhnen und Straße. Es ging mir wie jemand, der aus Kälte und Nacht in ein warmes Zimmer tritt – er spürt die Wärme auf der Haut, er empfindet sie mit den Augen –, aber er ist noch nicht warm. »Wir sind schnell gefahren«, sagte ich.
     Sie antwortete nicht. Sie sah mich noch immer schweigend an. Ihr ernstes Gesicht hatte einen ergreifenden Ausdruck, ihre Augen waren dicht vor mir, und es

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