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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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war, als wolle sie etwas sehr Wichtiges suchen und wiederfinden. Ich wurde verlegen. Ich legte die Hände auf ihre Schultern und senkte den Blick.
     »Bleibst du jetzt hier?« fragte sie.
     Ich nickte.
     »Sag es mir gleich. Sag mir, ob du wieder fortgehst, damit ich es gleich weiß.«
     Ich wollte ihr antworten, daß ich es noch nicht wüßte und daß ich wahrscheinlich in ein paar Tagen abfahren müßte, weil ich kein Geld hätte, um hierzubleiben. Aber ich konnte es nicht. Ich konnte es nicht, während sie mich so ansah. »Ja«, sagte ich, »ich bleibe hier. So lange, bis wir zusammen abreisen.«
     Ihr Gesicht bewegte sich nicht. Aber es wurde plötzlich hell, wie von innen her erleuchtet. »Ach«, murmelte sie, »ich hätte es auch nicht ertragen.«
     Ich versuchte über ihre Schulter hinweg die Fieberkurve am Kopfende des Bettes zu lesen. Sie bemerkte es, zog rasch das Blatt aus dem Halter, zerknüllte es und warf es unter das Bett.
     »Das gilt jetzt nicht mehr«, sagte sie.
     Ich merkte mir, wo der Papierknäuel lag, und beschloß, ihn nachher, wenn sie es nicht sah, einzustecken. »Warst du krank?« fragte ich.
     »Etwas. Aber das ist jetzt vorbei.«
     »Was hat denn der Arzt gesagt?«
     Sie lachte. »Frag jetzt nicht nach dem Arzt. Frag überhaupt nichts mehr. Du bist da, das ist genug!«
     Sie war plötzlich verändert. Ich wußte nicht, ob es daher kam, daß ich sie so lange nicht gesehen hatte, aber sie erschien mir auch anders als früher. Ihre Bewegungen waren geschmeidiger, ihre Haut war wärmer, die Art, wie sie zu mir kam, war anders, sie war nicht mehr nur ein schönes, junges Mädchen, das beschützt werden mußte, es war noch etwas hinzugekommen, und während ich früher oft nicht gewußt hatte, ob sie mich liebte, spürte ich es jetzt, sie verbarg nichts mehr, sie war lebendiger und mir näher als je, lebendiger, näher und schöner, beglückender, aber sonderbarerweise auch beunruhigender.
     »Pat«, sagte ich. »Ich muß rasch hinunter. Köster ist unten. Wir müssen sehen, wo wir wohnen.«
     »Köster? Und wo ist Lenz?«
     »Lenz«, sagte ich, »Lenz ist zu Hause geblieben.«
     Sie merkte nichts. »Darfst du hinunter, nachher?« fragte ich. »Oder sollen wir heraufkommen?«
     »Ich darf alles. Ich darf jetzt alles. Wir gehen hinunter, und dann trinken wir etwas. Ich werde euch zusehen, wie ihr trinkt.«
     »Gut. Wir warten dann unten in der Halle auf dich.«
     Sie ging zum Schrank, um ein Kleid herauszunehmen. Ich benutzte die Gelegenheit, die zusammengeknäuelten Fieberkurven in die Tasche zu stecken.
     »Also bis gleich, Pat.«
     »Robby!«
     Sie kam mir nach und legte mir die Arme um den Hals. »Ich wollte dir eigentlich so viel sagen.«
     »Ich dir auch, Pat. Aber nun haben wir ja Zeit dazu. Wir werden uns den ganzen Tag etwas erzählen. Morgen. Zu Anfang geht das nicht gleich so.«
     Sie nickte. »Ja, wir wollen uns alles erzählen. Dann ist diese ganze Zeit, die wir allein waren, keine Zeit mehr, wo wir getrennt waren. Dann wissen wir alles voneinander, und das ist dann, als ob wir immer zusammengewesen sind.«
     »Das waren wir auch so«, sagte ich.
     Sie lächelte. »Ich nicht. Ich habe nicht so viel Kraft. Für mich war's schlimmer. Ich kann mich nicht mit Gedanken trösten, wenn ich allein bin. Ich bin dann allein, mehr weiß ich nicht. Es ist leichter, ohne Liebe allein zu sein.« Sie lächelte noch immer. Es war ein gläsernes Lächeln, sie hielt es fest, aber man konnte hindurchsehen.
     »Pat«, sagte ich. »Alter, tapferer Bursche.«
     »Das habe ich lange nicht gehört«, sagte sie, und ihre Augen waren voll Tränen.

     Ich ging zu Köster hinunter. Die Koffer waren schon ausgeladen. Man hatte uns zwei Zimmer nebeneinander in der Dependance gegeben.
     »Sieh dir das an«, sagte ich und zeigte ihm die Fieberkurven. »Wie das hinauf und herunter geht.«
     Wir gingen über den knirschenden Schnee die Treppen hinauf. »Frag morgen den Arzt«, sagte Köster. »Aus den Fieberkurven allein kann man nichts sehen.«
     »Ich sehe genug«, erwiderte ich, zerknüllte sie und steckte sie wieder in die Tasche.
     Wir wuschen uns. Dann kam Köster zu mir ins Zimmer. Er sah aus, als wäre er gerade aufgestanden. »Du mußt dich anziehen, Robby«, sagte er.

 »Ja.« Ich wachte aus meinem Brüten auf und packte den Koffer aus. Wir gingen zum Sanatorium zurück. Karl stand noch draußen. Köster hatte ihm eine Decke über den Kühler
    gehängt.
    »Wann fahren wir

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