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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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fragte ich verblüfft.
     »Ich weiß nicht.« Sie nahm ihre Kappe ab. »Mir fiel nichts anderes ein.«
     »Um so besser, daß es Ihnen dann hier gefällt. Wir sind oft hier. Abends ist diese Bude für uns schon fast so eine Art Zuhause.«
     Sie lachte. »Ist das nicht eigentlich traurig?«
     »Nein«, sagte ich, »zeitgemäß.«
     Fred brachte mir das zweite Glas. Er legte eine grüne Havanna dazu auf den Tisch. »Von Herrn Hauser.«
     Valentin winkte aus seiner Ecke herüber und hob sein Glas. »31. Juli 17, Robby«, sagte er mit schwerer Stimme.
    Ich nickte ihm zu und hob ebenfalls mein Glas.
     Er mußte immer jemand zutrinken; ich hatte ihn abends schon getroffen, wie er dem Mond oder einem Fliederbusch in einer Bauernkneipe zutrank. Dann erinnerte er sich an irgendeinen Tag aus den Schützengräben, wo es besonders schwer zugegangen war, und war dankbar dafür, daß er noch da war und so sitzen konnte.
     »Er ist mein Freund«, sagte ich zu dem Mädchen. »Ein Kamerad aus dem Kriege. Er ist der einzige Mensch, den ich kenne, der aus einem großen Unglück ein kleines Glück gemacht hat. Er weiß nicht mehr, was er mit seinem Leben anfangen soll – deshalb freut er sich einfach, daß er noch lebt.«
     Sie sah mich nachdenklich an. Ein Streifen Licht fiel schräg über ihre Stirn und ihren Mund. »Das kann ich gut verstehen«, sagte sie.
     Ich blickte auf. »Das sollten Sie aber nicht. Dafür sind Sie viel zu jung.«
     Sie lächelte. Es war ein leichtes, schwebendes Lächeln, das nur in den Augen war. Das Gesicht veränderte sich kaum dabei; es wurde nur heller, von innen heraus heller. »Zu jung«, sagte sie, »das ist so ein Wort. Ich finde, zu jung ist man nie. Nur immer zu alt.«
     Ich schwieg einen Augenblick. »Dagegen ließe sich eine Menge sagen«, erwiderte ich dann und machte Fred ein Zeichen, mir noch etwas zu trinken zu bringen. Das Mädchen war so sicher und selbstverständlich; ich fühlte mich wie ein Holzblock dagegen. Ich hätte gern ein leichtes, spielerisches Gespräch geführt, so ein richtiges Gespräch, wie es einem gewöhnlich hinterher einfällt, wenn man wieder allein ist. Lenz konnte das; bei mir aber wurde es immer gleich ungeschickt und schwer. Gottfried behauptete nicht mit Unrecht von mir, als Unterhalter stände ich ungefähr auf der Stufe eines Postsekretärs.
     Zum Glück war Fred vernünftig. Er brachte mir statt der kleinen Fingerhüte jetzt gleich ein anständiges Weinglas voll heran. So brauchte er nicht immer hin und her zu laufen, und es fiel auch nicht so auf, wieviel ich trank. Ich mußte trinken; anders konnte ich diese stockige Schwere nicht loswerden.
     »Wollen Sie nicht noch einen Martini nehmen?« fragte ich das Mädchen.
     »Was trinken Sie denn da?«
     »Das hier ist Rum.«
     Sie betrachtete mein Glas. »Das haben Sie neulich auch schon getrunken.«
     »Ja«, sagte ich, »das trinke ich meistens.«
     Sie schüttelte den Kopf. »Ich kann mir nicht vorstellen, daß das schmeckt.«
    »Ob es schmeckt, weiß ich schon gar nicht mehr.«
    Sie sah mich an. »Weshalb trinken Sie es denn?«
     »Rum«, sagte ich, froh, etwas gefunden zu haben, über das ich reden konnte. »Rum hat mit Schmecken nicht viel zu tun. Er ist nicht so einfach ein Getränk – er ist schon mehr ein Freund. Ein Freund, der alles leichter macht. Er verändert die Welt. Und deshalb trinkt man ja« – Ich schob das Glas beiseite. »Aber soll ich Ihnen nicht noch einen Martini bestellen?«
     »Lieber einen Rum«, sagte sie. »Ich möchte ihn auch mal versuchen.«
     »Gut«, erwiderte ich, »aber nicht diesen. Der ist für den Anfang zu schwer. Bring einen Baccardi-Cocktail«, rief ich zu Fred hinüber.
     Fred brachte die Gläser. Er setzte auch eine Schale mit Salzmandeln und schwarzgebrannten Kaffeebohnen dazu. »Laß meine Flasche nur gleich hier stehen«, sagte ich.

     Langsam bekam alles Griff und Glanz. Die Unsicherheit schwand, die Worte kamen von selber, und ich achtete nicht mehr so darauf, was ich sagte. Ich trank weiter und spürte, wie die große, weiche Welle herankam und mich erfaßte, wie sich die leere Stunde der Dämmerung mit Bildern füllte und geisterhaft über den gleichgültigen, grauen Bezirken des Daseins der lautlose Zug der Träume wiederauftauchte. Die Wände der Bar weiteten sich, und plötzlich war es nicht mehr die Bar – es war eine Ecke der Welt, ein Winkel der Zuflucht, ein halbdunkler Unterstand, um den ringsumher die ewige Schlacht des Chaos

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