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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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Es war keine Hemmung, auch keine Angst und keine Vorsicht – es war einfach nur eine sehr große Zärtlichkeit, eine Zärtlichkeit, die das Begehren überschwemmte.
     »Leb wohl, Pat«, sagte ich. »Es war schön bei dir. Viel schöner für mich, als du dir vielleicht denken kannst. Und das mit dem Rum – daß du daran gedacht hast...«
    »Aber das war doch so einfach...«
    »Für mich nicht. Bin es nicht so gewöhnt.«

     Die Zalewskische Bude. Ich saß eine Weile herum. Es gefiel mir nicht, daß Pat Binding etwas verdanken sollte. Schließlich ging ich über den Korridor zu Erna Bönig.
     »Ich komme seriös«, sagte ich. »Wie steht's mit dem weiblichen Arbeitsmarkt, Erna?«
     »Nanu«, erwiderte sie, »was für eine Frage so kalt vor die nüchterne Brust! Im übrigen: oberfaul.«
     »Nichts zu machen?« fragte ich.
    »Worin denn?«
    »Sekretärin, Assistentin...«
     Sie winkte ab. »Hunderttausend ohne Stellung. Kann die Dame irgendwas Besonderes?«
     »Sie sieht großartig aus«, sagte ich.
     »Wieviel Silben?« fragte Erna.
     »Was?«
     »Wieviel Silben schreibt sie in der Minute? In wieviel Sprachen?«
     »Keine Ahnung«, sagte ich, »aber wissen Sie, so zur Repräsentation...«
     »Mein lieber Junge«, erwiderte Erna, »ich höre schon – Dame aus guter Familie, früher bessere Tage gesehen, ist gezwungen, und so weiter. Hoffnungslos, sage ich Ihnen. Höchstens, daß jemand sich besonders dafür interessiert und sie deshalb irgendwo hineinschiebt. Sie wissen ja, warum. Aber das wollen Sie doch nicht?«
     »Komische Frage«, sagte ich.
     »Weniger komisch, als Sie ahnen«, erwiderte Erna etwas bitter. »Ich kenne andere Fälle.« Mir fiel die Sache mit ihrem Chef ein. »Aber ich will Ihnen einen Rat geben«, fuhr sie fort. »Sehen Sie zu, daß Sie für zwei verdienen. Das ist die einfachste Lösung. Heiraten.«
     »Das wäre so was«, sagte ich und lachte. »So viel Zutrauen möchte ich mal zu mir haben.«
     Erna sah mich sonderbar an. Sie erschien bei aller Lebendigkeit plötzlich älter und fast etwas welk. »Ich will Ihnen mal was erzählen«, sagte sie. »Ich lebe gut und habe allerhand, das ich gar nicht brauche. Aber glauben Sie mir – wenn einer käme und mir vorschlüge, zusammen zu leben, so richtig, ehrlich, ich ließe den ganzen Kram hier und zöge mit ihm in eine Dachkammer, wenn's sein müßte.« Ihr Gesicht bekam den früheren Ausdruck wieder. »Na, Schwamm drüber – jeder Mensch hat seine Ecke Sentimentalität.« Sie blinzelte mir durch den Rauch ihrer Zigarette zu. »Sogar Sie anscheinend?«
     »Ach wo...«, sagte ich.
     »Na, na...«, meinte Erna. »Wenn man's gar nicht erwartet, erwischt's einen am leichtesten...«
     »Mich nicht«, erwiderte ich.
     Bis acht Uhr hielt ich es in meiner Bude noch aus – dann hatte ich genug davon, allein herumzusitzen, und ging in die Bar, um irgend jemand zu treffen.
     Valentin war da. »Setz dich«, sagte er. »Was willst du trinken?«
     »Rum«, erwiderte ich. »Habe zu Rum seit heute ein besonderes Verhältnis.«
     »Rum ist die Milch des Soldaten«, sagte Valentin. »Siehst übrigens gut aus, Robby.«
     »So?«
     »Ja, jünger.«
     »Auch was«, sagte ich. »Prost, Valentin.«
     »Prost, Robby.«
     Wir stellten die Gläser auf den Tisch und sahen uns an. Dann mußten wir gleichzeitig lachen. »Alter Junge«, sagte Valentin.
     »Verfluchter Salzknabe«, erwiderte ich. »Was trinken wir jetzt?«
     »Dasselbe noch mal.«
    »Schön.«
Fred schenkte ein. »Also prost, Valentin.«
»Prost, Robby.«
»Herrliches Wort – prost, was?«
»Das Wort der Wörter.«
    Wir sagten es noch einigemal. Dann brach Valentin auf.

     Ich blieb sitzen. Es war außer Fred niemand mehr da. Ich betrachtete die alten beleuchteten Landkarten, die Schiffe mit ihren vergilbten Segeln und dachte an Pat. Ich hätte sie gern angerufen, aber ich zwang mich, es nicht zu tun. Ich wollte auch nicht soviel an sie denken. Ich wollte sie nehmen als ein unerwartetes, beglückendes Geschenk, das gekommen war und wieder gehen würde – nicht mehr. Ich wollte nie dem Gedanken Raum geben, daß es mehr sein könnte. Ich wußte zu sehr, daß alle Liebe den Wunsch nach Ewigkeit hatte und daß darin ihre ewige Qual lag. Es gab nichts, was blieb. Nichts. »Gib mir noch ein Glas, Fred«, sagte ich.
     Ein Mann und eine Frau kamen herein. Sie tranken einen Cobbler an der Bar. Die Frau sah müde aus, der Mann gierig. Sie gingen bald wieder.
     Ich trank das Glas aus.

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