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Drei Kameraden

Drei Kameraden

Titel: Drei Kameraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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schon glücklich.«
     »Das ist keine Oberflächlichkeit – das ist letzte Philosophie.«
     »Bei mir nicht. Ich bin oberflächlich und leichtsinnig.«
     »Ich auch.«
     »Nicht so wie ich. Du hast vorhin etwas von Hochstapelei gesagt. Ich bin ein richtiger Hochstapler.«
     »Das habe ich mir gedacht«, sagte ich.
     »Ja. Ich müßte schon längst eine andere Wohnung und einen Beruf haben und Geld verdienen. Aber ich habe es immer wieder hinausgeschoben. Ich wollte einmal eine Zeitlang so leben, wie ich es mir dachte. Ganz gleich, ob es vernünftig war. Und das habe ich getan.«
     Ich lachte. »Warum machst du denn so ein trotziges Gesicht dabei?«
     »Weil jeder mir gesagt hat, es wäre grenzenlos leichtsinnig – ich solle mein bißchen Geld lieber sparen und mir Arbeit und Stellung suchen. Aber ich wollte einmal leicht und froh und nicht bedrückt sein und tun, was ich wollte. Es war nach dem Tode meiner Mutter und nachdem ich so lange gelegen hatte.«
     »Hast du Geschwister?« fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Könnte ich mir auch nicht denken«, sagte ich.
    »Findest du auch, daß ich leichtsinnig war?«
    »Nein, mutig.«
     »Ach, Mut – ich bin nicht sehr mutig. Ich habe manchmal Angst genug dabei gehabt. So wie jemand, der im Theater auf dem falschen Platz sitzt und sich doch nicht wegrührt.«
     »Also warst du mutig«, sagte ich. »Mut hat man nur, wenn man auch Angst hat. Außerdem war es vernünftig. Du hättest dein Geld sonst nur verloren. So hast du wenigstens was davon gehabt. Was hast du denn gemacht?«
     »Eigentlich nichts. Nur so für mich gelebt.«
     »Alle Achtung! Das ist das Exklusivste, was es gibt.«
     Sie lächelte. »Es ist jetzt bald vorbei damit. Ich werde nächstens anfangen zu arbeiten.«
     »Was denn? War das etwa damals deine geschäftliche Besprechung mit Binding?«
     Sie nickte. »Mit Binding und Doktor Max Matuscheit, Direktor der Elektro-Grammophonläden. Verkäuferin mit Musikkenntnissen.«
     »Na«, sagte ich, »was anderes konnte dem Binding wohl nicht einfallen.«.
     »Doch«, erwiderte sie, »aber das wollte ich nicht.«
     »Das möchte ich ihm auch nicht raten. Wann soll das denn losgehen?«
     »Am ersten August.«
     »Na, bis dahin ist ja noch viel Zeit. Vielleicht finden wir da noch etwas anderes. Auf jeden Fall: unsere Kundschaft ist dir sicher.«
    »Hast du denn ein Grammophon?«
     »Nein, aber ich werde mir selbstverständlich sofort eins anschaffen. Vorläufig gefällt mir die Geschichte allerdings noch nicht.«
     »Mir schon«, sagte sie. »Ich kann ja nichts Rechtes. Und so was ist alles viel einfacher für mich, seit du da bist. Aber ich hätte dir gar nichts davon erzählen sollen.«
     »Doch. Du mußt mir immer alles erzählen.«
     Sie sah mich einen Augenblick an. »Gut, Robby«, sagte sie. Dann stand sie auf und ging zu einem Schränkchen. »Weißt du, was ich hier habe? Rum für dich. Guten Rum, glaube ich.«
     Sie stellte ein Glas auf den Tisch und sah mich erwartungsvoll an.
     »Der Rum ist gut, das rieche ich schon von weitem«, sagte ich. »Aber eigentlich, Pat – solltest du nicht lieber ein bißchen sparen, jetzt? Um die Grammophonplatten noch etwas hinauszuschieben?«
     »Nein«, erwiderte sie. – »Auch richtig«, sagte ich.
     Der Rum war, das sah ich schon an der Farbe, Verschnitt. Der Händler hatte Pat bestimmt betrogen. Ich trank das Glas aus. »Höchste Klasse«, sagte ich, »gib mir noch einen. Wo hast du ihn her?«
     »Aus dem Geschäft an der Ecke.«
     Aha, dachte ich, natürlich so ein verdammter Delikatessenladen. Ich nahm mir vor, gelegentlich mal 'reinzusehen und dem Mann Bescheid zu sagen.
     »Jetzt muß ich wohl gehen, Pat, was?« fragte ich.
     Sie sah mich an. »Noch nicht...«
     Wir standen am Fenster. Unten flammten die Lichter auf. »Zeig mir einmal dein Schlafzimmer«, sagte ich.
     Sie machte die Tür auf und knipste das Licht an. Ich blieb an der Tür stehen und sah hinein. Mir ging allerlei durch den Kopf. »Das ist also dein Bett, Pat...«, sagte ich schließlich.
     Sie lächelte. »Wem soll es denn sonst gehören, Robby?«
     »Wahrhaftig!« Ich blickte auf. »Und, da ist ja auch das Telefon. Nun weiß ich das auch. Jetzt werde ich gehen. Leb wohl, Pat.«
     Sie legte ihre Hände um meine Schläfen. Es wäre wunderbar gewesen, jetzt dazubleiben, im hereinbrechenden Abend, dicht beieinander, unter der weichen, blauen Decke im Schlafzimmer – aber es war etwas da, was mich abhielt.

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