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Drei sind einer zuviel

Drei sind einer zuviel

Titel: Drei sind einer zuviel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Noack
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mal 24 Stunden.«
    Während er mit ihr um das Tragen der Rolle rang,
sah man Benedikt an, daß er kurz über Karlchen und die Männer nachdachte und
nicht so recht durchblickte.
     
    Peter zählte, endlich von Frau Obermayers
irritierendem Kontrollblick befreit, die um ihn verstreuten Gepäckstücke. Und
siehe, es waren statt sechs nur fünf. Es fehlte was. Was fehlte? Die
Plastiktüte mit dem Radio.
    Er lief die Treppe hinunter, zur Haustür hinaus.
Einsam auf dem Gehsteig wartete sein Radio. Und gegenüber verstaute gerade der
junge, blonde Mann aus dem Wirtshaus seine Drahtrolle und diverse Pakete in
Karlchens Kombi, in dem noch vor kurzem sein eigenes Hab und Gut gereist war.
Karlchen und der Blonde stiegen ein und starteten.
    »Mannohmann«, staunte Peter und rannte hinter
dem anfahrenden Wagen her. »He — Sie — anhalten!!« Ein Nagel auf dem Kopfsteinpflaster
erinnerte ihn daran, daß er auf Socken war. Er gab die Verfolgung auf.
    Komisches Karlchen. Wie die sich an die Männer
ranmachte, ohne was von ihnen zu wollen! Denn daß sie diesen blonden Schönling
attraktiver finden könnte als ihn selbst, kam Peter Melchior keinen Augenblick
in den Sinn. Dazu hatten er und die Mädchen sein Selbstbewußtsein viel zu sehr
verwöhnt.
    Peter fand sich fabelhaft gewachsen, muskulös,
drahtig. Seiner Meinung nach hatte er einen irren Sex, und dazu die schönen,
dichten, dunklen Haare, die er täglich wusch...
    Nein, nein. Auf ihn fuhr jede ab.
    Karlchen war auch abgefahren — bloß nicht auf
ihn, sondern mit einem andern. Na, egal — Sie war sowieso nicht sein Typ
gewesen. Hauptsache, sie hatte ihn samt Gepäck von München nach Nebel
kutschiert.

3
     
    Es war ein schöner Morgen. Peter ging — mit
Schlips! — über den Markt, vorbei an den Gemüse- und Obstständen. Er spürte,
wie er von allen Seiten gemustert wurde. Noch kannte er keinen hier, aber er
hatte den Eindruck, alle wußten bereits, daß er der neue Lehrer war.
    Auf der gegenüberliegenden Seite des Marktes
betrat er das Kaufhaus Hirn.
    »Haben Sie Luftballons?« fragte er die
Verkäuferin. »Solche zum Aufblasen?«
    Sie überflog die in den Regalen gestapelten
Kartons und zog einen hervor. Außer verschiedenen Scherzartikeln enthielt er
auch Ballons.
    »Wieviel brauchen Sie denn, Herr Lehrer?«
    Peter war überrascht: »Woher wissen Sie?«
    »Nebel ist eine Kleinstadt, Herr Melchior — «
Sie reichte ihm die Hand über den Ladentisch. »Ich bin Frau Anders, auch nicht
von hier.« Frau Anders mochte Mitte Dreißig sein und sah so aus, als ob sie mit
dem linken Fuß auf die Welt gekommen wäre. Gemeinsam zählten sie die
schrumpligen Ballons aus ihrem Karton in eine Tüte — für jedes Kind einen und
fünf zur Reserve, falls welche kaputtgingen.
    »Welche Klasse werden Sie übernehmen?«
    »Die sechste«, wußte er inzwischen.
    »Da tun Sie mir aber leid, Herr Lehrer. Das ist
die schlimmste. Ihre Vorgängerin haben sie total geschafft. Ich weiß das, mein
Andi geht in die sechste. Der arme Bub! Er hat so einen schweren Stand, Herr
Lehrer, er ist der Kleinste und Schmächtigste. Außerdem sind wir Zugereiste.«
Sie schob die Ballons in eine Tüte.
    Peter zahlte.
    »Wozu brauchen Sie denn so viele?«
    »Für den Unterricht.« Er gab ihr die Hand.
»Schönen Dank, Frau Anders.«
    »Mein Bub heißt Andi — Andi Anders«, erinnerte
sie ihn beim Abschied. »Wenn Sie ein bißchen auf ihn achtgeben würden, Herr
Lehrer, bitte.«
     
    Als Peter auf seine neue Schule zuging, bremste
ein Kombi scharf neben ihm. Und dabei klirrte es ein bißchen.
    Das Geräusch war ihm vertraut.
    »Karlchen aus dem Westerwald! So eine
Überraschung! Sind Sie noch immer hier oder schon wieder?«
    »Noch immer. Ich grase die Gegend nach Aufträgen
ab. — Doll ist das nicht. In vier Geschäften hab ich neun Milchtöpfe verkauft.
Hier in Nebel noch kein Stück. — Heute ist erster Schultag, nicht wahr?« Sie
stieg aus.
    »Ja.«
    »Ist Ihnen mulmig zumute?«
    »Bißchen schon.«
    »Hab ich mir gedacht. Darum bin ich noch mal
vorbeigekommen.«
    Karlchen. Die Haare auf dem Hinterkopf mit
Schießgummi zusammengezurrt, eine geblümte Dirndlbluse, der Minirock diesmal
aus Leder, ein viel zu weiter Anorak. Ihr unbeschwertes Lachen. Ihre
Gutmütigkeit. Ihre Sommersprossen. Karlchens Anblick duftete nach frisch
gemähtem Heu, nach Himbeeren und Schulkakao mit einem Schuß Senf, ging es ihm
durch den Sinn.
    »Was macht eigentlich Ihr neuer Freund?«
    Sie begriff nicht sofort.

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