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Dreizehn Stunden

Titel: Dreizehn Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Dann erst setzte sie sich richtig hin. Ihr war bewusst, dass die Feuchtigkeit auf den Backsteinen und die vermodernden Blätter
     Flecken auf ihren blauen Jeansshorts hinterlassen würden, aber das war ihr gleichgültig. Sie sehnte sich nur nach Ruhe.
    Dann stiegen plötzlich wieder die Bilder in ihr auf, die sich sechs Stunden zuvor in ihr Gedächtnis eingebrannt hatten. Sie
     zuckte unwillkürlich zusammen und öffnete die Augen, denn sie wollte jetzt nicht daran denken. Es war zu … viel. Durch die
     Gardine der dunkelgrünen Blätter und der leuchtenden, großen roten Blüten sah sie ein Auto unter dem Vordach stehen und konzentrierte
     sich darauf. Das Modell war ihr unbekannt, schlank, elegant und nicht neu. Sie versuchte, die Panik zu überwinden, indem sie
     sich fragte, was für ein Auto das sein mochte. Ihr Atem ging ruhiger, nicht aber ihr Herzschlag. Die Erschöpfung lastete auf
     ihr wie ein schweres Gewicht, aber sie wehrte sich dagegen. Noch konnte sie sich den Luxus nicht erlauben, ihr nachzugeben.
    Um 06:27 hörte sie mehrere Leute die Straße entlangrennen Sie kamen näher. Wieder blieb ihr vor Schreck fast das Herz stehen.
    Sie hörte, wie sie einander in einer fremden Sprache etwas zuriefen. Die Schritte wurden langsamer und hielten plötzlich inne.
     Sie beugte sich ein ganz klein wenig nach vorn, um durch die dichten Blätter zu spähen, und da sah sie einen von ihnen im
     offenen Tor stehen. Seine Gestalt war nur vage zu erkennen, aus kleinen Teilchen zusammengesetzt wie ein Mosaik, aber sie
     registrierte, dass er schwarz war.
    Reglos blieb sie sitzen.
    Sie sah, wie sich das Mosaik bewegte. Geräuschlos schlich er auf seinen Sportschuhen durch das Tor. Sie wusste, dass er nach |21| möglichen Verstecken Ausschau hielt, am Haus, am Auto unter dem Vordach.
    Die vage Gestalt halbierte sich. Bückte er sich? So dass er unter dem Auto hindurchschauen konnte?
    Die Mosaikteilchen verdoppelten sich wieder, die Gestalt wurde größer – er kam auf sie zu! Konnte er sie sehen, hier zwischen
     den Sträuchern?
    »Hey!«
    Die Stimme erschreckte sie, ein Hammerschlag in ihrer Brust, und sie hätte nicht sagen können, ob sie sich im Moment des Ausrufs
     bewegt hatte.
    Die dunkle Gestalt entfernte sich von ihr, jedoch ohne Eile.
    »Was haben Sie hier zu suchen?« Die Stimme kam vom Haus, von oben. Jemand redete mit dem Schwarzen.
    »Nichts.«
    »Runter von meinem Grundstück, und zwar sofort!«
    Keine Antwort. Der Mann blieb noch einen Moment stehen und wandte sich dann langsam und träge zum Gehen, bis seine Gestalt
     hinter den Blättern verschwand.
     
    Die beiden Ermittler suchten den Friedhof von Süden her ab. Vusi begann vorn, an der Grenze zur Langstraat mit dem spitzen
     Barockzaun, Griessel hinten an der hohen Backsteinmauer. Er ging langsam, Schritt für Schritt, mit gesenktem Kopf, und ließ
     den Blick hin- und herwandern. Es fiel ihm schwer, sich zu konzentrieren, er spürte ein Unbehagen, etwas Ungreifbares, vage
     und formlos. Aber er musste seine Gedanken jetzt zusammenhalten, seine ganze Aufmerksamkeit auf den kahlen Boden richten,
     die Graspollen um die Baumstämme, die einzelnen Abschnitte des geteerten Weges. Ab und zu bückte er sich, hob etwas auf und
     hielt es zwischen den Fingern – den Kronkorken einer Bierflasche, zwei Ringverschlüsse von Limodosen, eine verrostete Metallscheibe,
     eine leere weiße Plastiktüte.
    Dann gelangte er auf die Rückseite der Kirche, wo der Straßenlärm plötzlich gedämpft klang. Er blickte am Turm empor. Die
     Spitze trug ein Kreuz. Wie oft war er schon hier vorbeigefahren, ohne je richtig hingesehen zu haben! Es war eine schöne |22| Kirche, deren architektonischen Stil er jedoch nicht einordnen konnte, umgeben von einem gepflegten Garten. Wann mochten wohl
     die Palmen, Tannen und Oleanderbüsche gepflanzt worden sein? Er umrundete das angebaute Pfarrbüro, und die Straßengeräusche
     schwollen wieder an. Er stellte sich in die nördliche Ecke des Grundstücks und blickte die Langstraat hinunter. Hier fand
     man noch das alte Kap mit den viktorianisch angehauchten Gebäuden, die meisten nur zwei Stockwerke hoch, einige inzwischen
     pastellfarben gestrichen, vielleicht, um sie für junge Leute attraktiv zu gestalten.
    Woher rührte nur diese seltsame Unruhe in seinem Inneren? Es lag nicht an gestern Abend. Es lag auch nicht an der Frage, die
     er schon seit zwei, drei Wochen vor sich her schob, nämlich, ob er wirklich wieder zurück zu Anna

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