Drucke Zu Lebzeiten
ins Neben-
zimmer kriechen und so auf dem Boden meine Schwe- stern und ihr Fräulein um Ruhe bitten sollte.
Aus Matlárháza. In Matlárháza ist gegenwärtig eine kleine Ausstellung von Tatra-Bildern von Anton Holub zu sehen, die lebhafte Aufmerksamkeit findet und ver- dient. Unter den Aquarellen scheinen uns jene aus abendlichen Stimmungen mit ihrem düsteren Ernst den Vorzug zu verdienen, während die Ansichten aus sonni- gen Tagen bei aller Feinheit der Töne eine gewisse Er- denschwere noch nicht überwinden können. Vor allem aber gefallen die Federzeichnungen. Mit ihrem zarten Strich, ihrem perspektivischen Reiz, ihrer wohlbedach- ten bald holzschnittmäßigen, bald mehr der Radierung angenäherten Komposition sind es erstaunlich achtungs- werte Leistungen. Gerade solche treue, dabei persönlich betonte Bilder sind mehr als alles andere imstande, den Blick für die Schönheit unserer Berge zu öffnen. Wir würden uns freuen, wenn von diesen Arbeiten bald eine größere und auch einem größeren Publikum zugängliche Ausstellung veranstaltet würde.
Der Kübelreiter
Verbraucht alle Kohle; leer der Kübel; sinnlos die Schau- fel; Kälte atmend der Ofen; das Zimmer vollgeblasen von Frost; vor dem Fenster Bäume starr im Reif; der Himmel, ein silberner Schild gegen den, der von ihm Hilfe will. Ich muß Kohle haben; ich darf doch nicht erfrieren; hinter mir der erbarmungslose Ofen, vor mir der Himmel ebenso; infolgedessen muß ich scharf zwi- schendurch reiten und in der Mitte beim Kohlenhändler Hilfe suchen. Gegen meine gewöhnlichen Bitten aber ist er schon abgestumpft; ich muß ihm ganz genau nach- weisen, daß ich kein einziges Kohlenstäubchen mehr ha- be und daß er daher für mich geradezu die Sonne am Firmament bedeutet. Ich muß kommen, wie der Bettler, der röchelnd vor Hunger an der Türschwelle verenden will und dem deshalb die Herrschaftsköchin den Boden- satz des letzten Kaffees einzuflößen sich entscheidet; ebenso muß mir der Händler, wütend, aber unter dem Strahl des Gebotes „Du sollst nicht töten!" eine Schaufel voll in den Kübel schleudern.
Meine Auffahrt schon muß es entscheiden; ich reite deshalb auf dem Kübel hin. Als Kübelreiter, die Hand oben am Griff, dem einfachsten Zaumzeug, drehe ich mich beschwerlich die Treppe hinab; unten aber steigt mein Kübel auf, prächtig, prächtig; Kameele, niedrig am Boden hingelagert, steigen, sich schüttelnd unter dem Stock des Führers, nicht schöner auf. Durch die fest gefrorene Gasse geht es in ebenmäßigem Trab; oft werde ich bis zur Höhe der ersten Stockwerke gehoben; nie- mals sinke ich bis zur Haustüre hinab. Und außerge- wöhnlich hoch schwebe ich vor dem Kellergewölbe des Händlers, in dem er tief unten an seinem Tischchen kau- ert und schreibt; um die übergroße Hitze abzulassen, hat er die Tür geöffnet.
„Kohlenhändler!" rufe ich mit vor Kälte hohl ge- brannter Stimme, in Rauchwolken des Atems gehüllt, „bitte Kohlenhändler, gib mir ein wenig Kohle. Mein Kübel ist schon so leer, daß ich auf ihm reiten kann. Sei so gut. Bis ich kann, bezahl ichs."
Der Händler legt die Hand ans Ohr. „Hör ich recht?" fragt er über die Schulter weg seine Frau, die auf der Ofenbank strickt, „hör ich recht? Eine Kundschaft."
„Ich höre gar nichts", sagt die Frau, ruhig aus- und einatmend über den Stricknadeln, wohlig im Rücken ge- wärmt.
„O ja", rufe ich, „ich bin es; eine alte Kundschaft; treu ergeben; nur augenblicklich mittellos."
„Frau", sagt der Händler, „es ist, es ist jemand; so sehr kann ich mich doch nicht täuschen; eine alte, eine sehr alte Kundschaft muß es sein, die mir so zum Herzen zu sprechen weiß."
„Was hast du, Mann?" sagt die Frau und drückt, einen Augenblick ausruhend, die Handarbeit an die Brust, „niemand ist es; die Gasse ist leer; alle unsere Kund- schaft ist versorgt; wir könnten für Tage das Geschäft sperren und ausruhn."
„Aber ich sitze doch hier auf dem Kübel", rufe ich und gefühllose Tränen der Kälte verschleiern mir die Augen, „bitte seht doch herauf; Ihr werdet mich gleich entdecken; um eine Schaufel voll bitte ich; und gebt Ihr zwei, macht Ihr mich überglücklich. Es ist doch schon alle übrige Kundschaft versorgt. Ach, hörte ich es doch schon in dem Kübel klappern!"
„Ich komme", sagt der Händler und kurzbeinig will er die Kellertreppe emporsteigen, aber die Frau ist schon bei ihm, hält ihn
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