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Drucke Zu Lebzeiten

Drucke Zu Lebzeiten

Titel: Drucke Zu Lebzeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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der Wand heraus die Tür, so
eilig, weil doch Eile nötig war und selbst die Wagenpferde unten
auf dem Pflaster wie wildgewordene Pferde in der Schlacht, die Gurgeln
preisgegeben, sich erhoben.
    Als kleines Gespenst fuhr ein Kind aus dem ganz
dunklen Korridor, in dem die Lampe noch nicht brann- te, und blieb auf
den Fußspitzen stehn, auf einem un- merklich schaukelnden
Fußbodenbalken. Von der Däm- merung des Zimmers gleich
geblendet, wollte es mit dem Gesicht rasch in seine Hände,
beruhigte sich aber unver- sehens mit dem Blick zum Fenster, vor dessen
Kreuz der hochgetriebene Dunst der Straßenbeleuchtung endlich
unter dem Dunkel liegen blieb. Mit dem rechten Ellbo- gen hielt es sich
vor der offenen Tür aufrecht an der Zimmerwand und ließ den
Luftzug von draußen um die Gelenke der Füße streichen,
auch den Hals, auch die Schläfen entlang.
    Ich sah ein wenig hin, dann sagte ich
„Guten Tag" und nahm meinen Rock vom Ofenschirm, weil ich nicht
so halb nackt dastehen wollte. Ein Weilchen lang hielt ich den Mund
offen, damit mich die Aufregung durch den Mund verlasse. Ich hatte
schlechten Speichel in mir, im Gesicht zitterten mir die Augenwimpern,
kurz, es fehlte mir nichts, als gerade dieser allerdings erwartete
Besuch.
    Das Kind stand noch an der Wand auf dem gleichen
    konnte, ganz rotwangig, dessen nicht satt werden,
daß die weißgetünchte Wand grobkörnig war und die
Fin- gerspitzen rieb. Ich sagte: „Wollen Sie tatsächlich zu
mir? Ist es kein Irrtum? Nichts leichter als ein Irrtum in diesem
großen Hause. Ich heiße Soundso, wohne im dritten Stock.
Bin ich also der, den Sie besuchen wollen?"
       „Ruhe, Ruhe!" sagte das Kind über die Schulter weg, „alles ist schon richtig."
       „Dann kommen Sie weiter ins Zimmer herein, ich möchte die Tür schließen."
       „Die Tür habe ich
jetzt gerade geschlossen. Machen Sie sich keine Mühe. Beruhigen
Sie sich überhaupt."
       „Reden Sie nicht von
Mühe. Aber auf diesem Gange wohnt eine Menge Leute, alle sind
natürlich meine Be- kannten; die meisten kommen jetzt aus den
Geschäften; wenn sie in einem Zimmer reden hören, glauben sie
ein- fach das Recht zu haben, aufzumachen und nachzu- schaun, was los
ist. Es ist einmal schon so. Diese Leute haben die tägliche Arbeit
hinter sich; wem würden sie sich in der provisorischen
Abendfreiheit unterwerfen! Übrigens wissen Sie es ja auch. Lassen
Sie mich die Türe schließen."
       „Ja was ist denn? Was
haben Sie? Meinetwegen kann das ganze Haus hereinkommen. Und dann noch
einmal: Ich habe die Türe schon geschlossen, glauben Sie denn, nur
Sie können die Türe schließen? Ich habe sogar mit
      „Dann ist gut. Mehr will ich ja
nicht. Mit dem Schlüs- sel hätten Sie gar nicht zusperren
müssen. Und jetzt machen Sie es sich nur behaglich, wenn Sie schon
einmal da sind. Sie sind mein Gast. Vertrauen Sie mir völlig.
Machen Sie sich nur breit ohne Angst. Ich werde Sie weder zum
Hierbleiben zwingen, noch zum Weggehn. Muß ich das erst sagen?
Kennen Sie mich so schlecht?"
      „Nein. Sie hätten das
wirklich nicht sagen müssen. Noch mehr, Sie hätten es gar
nicht sagen sollen. Ich bin ein Kind; warum soviel Umstände mit
mir machen?"
      „So schlimm ist es nicht.
Natürlich, ein Kind. Aber gar so klein sind Sie nicht. Sie sind
schon ganz erwach- sen. Wenn Sie ein Mädchen wären,
dürften Sie sich nicht so einfach mit mir in einem Zimmer
einsperren."
      „Darüber müssen wir
uns keine Sorge machen. Ich wollte nur sagen: Daß ich Sie so gut
kenne, schützt mich wenig, es enthebt Sie nur der Anstrengung, mir
etwas vorzulügen. Trotzdem aber machen Sie mir Kompli- mente.
Lassen Sie das, ich fordere Sie auf, lassen Sie das. Dazu kommt,
daß ich Sie nicht überall und immerfort kenne, gar bei
dieser Finsternis. Es wäre viel besser, wenn Sie Licht machen
ließen. Nein, lieber nicht. Im- merhin werde ich mir merken,
daß Sie mir schon ge- droht haben."
      „Wie? Ich hätte Ihnen
gedroht? Aber ich bitte Sie. Ich bin ja so froh, daß Sie endlich
hier sind. Ich sage ‚end- lich', weil es schon so spät ist.
Es ist mir unbegreiflich, warum Sie so spät gekommen sind. Da ist
es möglich, daß ich in der Freude so durcheinander
gesprochen habe und daß Sie es gerade so verstanden haben.
Daß ich so gesprochen habe, gebe ich zehnmal zu, ja ich habe
Ihnen mit Allem gedroht, was Sie wollen. – Nur keinen Streit, um
Himmelswillen! – Aber wie konnten Sie es glauben? Wie konnten Sie
mich so

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