Druidenherz
gestreift, manchmal hatten sie dabei auch in einem der Zimmer eine Pause eingelegt. Vielleicht auch in diesem.
Hier gab es keine weitere Tür, aber das musste nichts heißen. Oft hatte Dian Eingänge geöffnet, von denen Imogen vorher nichts gesehen hatte. Sie tastete über den glatten Stein. Hin und wieder fühlte sie eine Einkerbung, doch es schien sich nur um natürliche Unregelmäßigkeiten im Material zu handeln.
Aber es musste einen zweiten Weg hinaus geben, denn zurück käme sie ja nur in die beiden anderen Räume. Außerdem musste irgendwie auch derjenige hinein-und hinausgelangen können, der ihr das Tablett hingestellt hatte.
Sie durchschritt den Raum ein weiteres Mal, und dann hatte sie ganz plötzlich das Gefühl, nicht mehr allein zu sein. Ein Kribbeln lief ihr vom Nacken aus über den Rücken. Rasch drehte sie sich um, konnte jedoch niemanden entdecken. Der Raum war übersichtlich, es gab keine Nischen, in denen sich jemand hätte verstecken können, und auch der Tisch war viel zu klein, um Sichtschutz zu bieten.
Das ist doch verrückt, sagte sie sich. Wenn hier jemand war, würde sie ihn sehen. Und wenn sich Dian oder Gwyd in der Nähe aufhielten, dann sicher so, dass Imogen sie nicht bemerkte.
Es sei denn, Dian wollte bemerkt werden. »Dian?«, rief sie halblaut und durchquerte den Raum. In ihrem Nacken verstärkte sich das Kribbeln. Sie wirbelte herum und schnappte nach Luft. »Wie bist du hier hereingekommen?«
Ein Lächeln ließ Dians Gesicht noch attraktiver erscheinen. »Ich beherrsche Magie, schon vergessen?«
»Der Wind«, erkannte sie. »Du warst das. Du warst die ganze Zeit bei mir!«
»Dachtest du denn wirklich, ich lasse dich allein?«
Seine Worte berührten etwas tief in ihrem Herzen. Sie war nicht allein gewesen, keinen einzigen Augenblick lang. Dian hatte sie begleitet, ihren Schlaf bewacht, und wäre etwas geschehen, so hätte er sie beschützt. Doch dann schob sich der Zorn in den Vordergrund. Sie konnte nicht vergessen, was Dian gesagt hatte. Das ließ sich nicht mit ein bisschen Fürsorge ungeschehen machen. Zumal er ja offenbar auch verhindert hatte, dass sie überhaupt einen Weg an die Oberfläche fand. »Warum hast du das getan? Ich will fort von dir, fort aus Annwn!«
»Das darfst du, wenn du es willst. Ich werde dich persönlich an die Oberfläche bringen. Aber erst, wenn du mit mir geredet hast.« Er nahm ihre Hand. »Und diesmal, ohne vorher davonzulaufen.«
Sie riss sich nicht los, auch wenn er sie nur locker hielt. Zugleich versuchte sie, nicht daran zu denken, wie schön es war, von ihm berührt zu werden, wie sehr sie sich danach sehnte. Ihm ihre Gefühle zu offenbaren, würde sie nur verletzlich machen und ihren Schmerz vergrößern. Und der war groß genug. Er würde nur weiter wachsen, wenn sie in Dians Nähe blieb. Daher war es besser, so schnell wie möglich den Schlussstrich zu ziehen. »Du hast genug gesagt. Ich will nicht mit dir reden.«
»Musst du auch nicht. Es genügt, wenn du mir zuhörst.« Er führte sie in das Schlafzimmer und setzte sich zusammen mit ihr auf die Bettkante.
Imogen versuchte, die Bilder von zärtlichen Stunden der Liebe aus ihrem Kopf zu vertreiben. Ganz gelang es ihr nicht. Dian war ihr einfach zu nahe, sein vertrauter Körper, sein Geruch, seine angenehme Stimme.
»Ich weiß nicht, was in deiner Welt mit dir geschehen ist, aber es muss einen sehr gewichtigen Grund geben, wieso du versucht hast, nach Annwn zurückzukommen. Wenn du nicht so entschlossen gewesen wärst, hättest du es niemals geschafft. Ich hatte die Tore noch mal zusätzlich versiegelt.«
»Und mich also ausgesperrt«, folgerte sie.
»Nein!«, widersprach er sofort.
»Was denn dann? Und besonders gut waren deine Zauber ja offenbar nicht.«
»Du bist in einem Gebiet der Fomore gelandet. Nicht direkt in ihrem Reich, aber kurz davor. Dort kenne ich kein Tor.«
»Dann kennst du es ja jetzt und kannst es ebenfalls verschließen, sobald ich oben bin.«
Dian ging nicht auf die Spitze ein. »Warum hast du versucht, zurück nach Annwn zu kommen?«
Imogen schwieg. Dafür gab es sogar mehrere Gründe. Wenngleich auch der wichtigste für sie war, dass sie Dian liebte und mit ihm zusammen sein wollte. Aber das würde sie auf gar keinen Fall zugeben, denn dass er sie nicht wollte, hatte er ihr deutlich gezeigt. Noch einmal wollte sie eine solche Demütigung nicht erleben. Mit aller Willenskraft presste sie die Lippen aufeinander, um gar nicht erst in Versuchung zu
Weitere Kostenlose Bücher