DS070 - Die Welt der Unterirdischen
vorbei. Eine gedrungene Gestalt sprang ihn an. Ham wirbelte herum und zog seine Degenstockklinge blank. Aber im selben Moment umschlangen ihn lange Arme von hinten. Der Degenstock wurde ihm aus der Hand geschlagen und landete mit dumpfem Poltern auf dem Teppichboden des Flurs. Ham rammte seinen Ellenbogen nach hinten und hatte die Genugtuung, zu spüren, daß er in irgend jemandes Rippen krachte.
»Uff!« keuchte sein Angreifer, schlug ihm von hinten die Hand über den Mund und schnitt ihm dadurch die Luft ab. Der Mann gab kleine tierartige Laute von sich, als er den Anwalt herumwirbelte und ihm die Faust an die Schläfe setzte.
Ham summte der Kopf. Er ließ einen rechten Haken los, erwischte den anderen an der Kinnspitze, und der taumelte zurück.
»Hör auf, du Affe!« schnappte Ham.
Der andere seufzte schwer. »Verflixt«, kam Monks piepsige Stimme zurück, »und ich hatte wirklich gelacht, ich hätte da jemand erwischt! Aber er stellt sich nur als ein mieser Winkeladvokat heraus.«
»Was ist hier los?« keuchte Ham, immer noch nach Atem ringend. »Warum brennt hier das Licht nicht?«
»Ich hab die Birnen rausgedreht, damit mich niemand hier herumlungern sah«, beklagte sich Monk, »aber dann kamst du plötzlich dazwischen. Ich habe das Zimmer beobachtet, aber bisher ist niemand raus- oder reingegangen.«
»Los, sehen wir nach«, schnappte Ham. »Irgendwas stimmt hier dennoch nicht. Renny ist verschwunden.«
Ein Gemurmel von tiefen Stimmen kam aus Zimmer 1412.
»Merkwürdig für ein Zimmer, das ein Mädchen bewohnen soll«, flüsterte Monk.
»Vielleicht hat sie Männerbesuch«, raunte Ham zurück.
Er klopfte laut an die Tür. Drinnen lachte jemand röhrend auf. Niemand kam, um zu öffnen.
Monk runzelte seine niedrige Stirn. Er hob seine haarige Faust und schlug gegen die Türfüllung.
»Hauen Sie ab!« rief von drinnen eine rohe Stimme.
Monks Gesicht nahm einen beleidigten Ausdruck an. »Gefällt mir gar nicht«, erklärte er mit seiner kindlich hohen Stimme. »Eigentlich ist es Rennys Job, Türfüllungen einzuschlagen, aber er ist nicht da. Also werde ich ...«
Mit aller Kraft schmetterte er seine haarige Faust gegen die Türfüllung, und sie zerbarst. Ganz ruhig langte er dann mit dem Arm hindurch, drehte drinnen den Schlüssel um und öffnete die Tür.
Dicht von Ham gefolgt betrat er das Hotelzimmer, und beide blieben wie angewurzelt stehen.
»Ob sich Renny vielleicht in der Zimmernummer geirrt hat?« raunte Ham.
So schien es jedenfalls. Statt eines Mädchens waren vier Männer im Zimmer. Sie saßen rund um einen Kartentisch, Chips vor sich. Dichter Zigarettenrauch hing im Zimmer.
Ein Mann in grünem Hemd, der gerade Karten austeilte, erhob sich von seinem Stuhl. Er langte nach der Pistole in seinem Achselhalfter.
»Was ist dies, ’ne Polizeirazzia?« schnappte er.
Monk schwankte auf ihn zu, langte mit einem seiner überlangen Arme vor und schlug ihm die Hand herunter. ›Grünhemd‹ wurde von der Wucht des Schlages halb herumgedreht.
»Spielt ihr Burschen hier schon lange?« erkundigte sich Monk sanft.
»Nicht, daß Sie das was angeht«, schnarrte einer
der Spieler, »aber wir sind schon seit über zwei Stunden hier.«
»So?« Monks Stimme klang trügerisch freundlich. »Komisch. Jede Menge Rauch hier drin, aber keine Zigarettenkippen in den Aschenbechern – und der Duft von Parfüm hängt immer noch in der Luft.«
Grünhemds Hand wollte blitzschnell vorn ins Jackett fahren. Monk schien sich kaum zu bewegen.
Aber dann hielt Monk plötzlich in der einen Hand die Waffe, während er mit der anderen Grünhemd vorn an den Revers gepackt hielt. Er hob ihn auf und schmetterte ihn mit solcher Wucht auf den Stuhl, daß der unter ihm zusammenbrach.
»Ich würde gern mal ’ne Runde mitspielen«, erklärte der behaarte Chemiker freundlich.
Ham lächelte gezwungen. Die Klinge seines Degenstocks blitzte im Deckenlicht. Die anderen drei Kartenspieler waren völlig überrascht. Sie saßen da mit offenen Mündern, die Hände halb erhoben.
»Ich schlage vor, daß wir das Spielchen namens ›Wahrheit‹ spielen«, erklärte Ham. »Wir wollen Information, was mit ein paar Freunden von uns passiert ist.«
»Fahren Sie zur Hölle!« schnarrte Grünhemd, der sich wieder aufgerappelt hatte. »Wir wissen nichts über irgendwelche Freunde von Ihnen.«
Monk zog eine beleidigte Miene und schob seinen Kopf vor.
Ohne jede Vorwarnung kickte Grünhemd ihn heftig ins Schienbein. »Verflucht!« heulte Monk.
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