DS075 - Der kalte Tod
Lungenkapazität reichte nur knapp. Als er mit dem Kopf die Wasseroberfläche durchstieß, stach der erste japsende Atemzug wie mit tausend kleinen Messern. Er trat Wasser und hielt Scraggs jetzt mit dem einen Arm über Wasser.
Docs geübte Hände zwangen das Wasser aus Scraggs’ Lungen. Aus seiner Spezialweste brachte er eine kleine Injektionsspritze zum Vorschein und verabreichte dem kleinen Mann eine Wiederbelebungsdroge in den Oberarmmuskel. Dann drehte Doc ihn auf den Rücken.
Dann machte sich Doc daran, ihre Position zu ermitteln. Sie waren zu tief im Wasser, als daß sie die Küstenlichter hätten ausmachen können. Deshalb sah Doc zum Nachthimmel auf, fand den Großen Wagen und in dessen fünffach verlängerter Hinterachse den Polarstern. Mit dem stöhnenden Scraggs begann er Richtung Küste zu schwimmen.
Da er mit einem Arm Scraggs Kopf über Wasser halten mußte, ähnelte sein Schwimmstil beinahe dem einer Schildkröte. Nach Docs Berechnungen mußten es bis zur Küste zwischen zwei und fünf Meilen sein. Docs Beine und sein einer Arm arbeiteten mit der Wucht und Stetigkeit einer Maschine. Dennoch verging fast eine Stunde, bevor er Scraggs aus der Brandung auf einen flachen Felsen ziehen konnte.
Scraggs’ hagerer Körper war mit Seetang behangen, wodurch er wie ein Meereswesen aussah, das aus der Tiefe gekommen war. Durch künstliche Beatmung brachte Doc ihn ins Bewußtsein zurück.
Mit schwacher Stimme krächzte Scraggs: »Wo – wo sind wir? Wer hat uns herausgeholt?«
»Wir hatten Glück«, sagte Doc. »Die Flut half uns. Sie lief zur Küste hin und trug uns mit.«
Scraggs setzte sich auf und erstarrte. In seinen Augen war wieder jenes fluoreszierende Leuchten, das an die grünen Augen einer Katze erinnerte. Aber auch in Docs braunen Augen leuchtete es. Auf gut Glück schoß er an Scraggs eine Frage ab.
»Nachdem Sie nun in Sicherheit sind – wo ist Var?« Scraggs zuckte zusammen, als hätte ihn ein Schlag getroffen. Seine dürren Lippen zitterten. »Das kann ich Ihnen nicht sagen. Ich weiß es nicht – wirklich nicht. Ich habe ihn noch niemals gesehen. Sie glauben, ich hätte für ihn gearbeitet. Gewiß, das habe ich. Aber niemals direkt.«
Es war klar, daß der kleine Mann irgend etwas verbarg, mit dem er keinesfalls herausrücken wollte. Mit hypnotischer Eindringlichkeit sah ihm Doc in die tiefliegenden Augen.
Aber Scraggs war auf der Hut. »Nein!« schrie er fast. »Sie versuchen mich zu zwingen, etwas zu sagen, was ich nicht weiß. Ich sage Ihnen doch, ich habe Var niemals gesehen. Aber er ermordete meinen besten Freund – den Wissenschaftler Jackson – und ich war dessen Assistent.«
Aufrichtige Trauer klang jetzt aus Scraggs’ Stimme. »Jackson war der Mann, der bei der ersten Explosion getötet wurde, nicht wahr?« sagte der Bronzemann. »Bevor er am Telefon mit mir sprechen konnte. Sie hatten mir die Nachricht in die Tasche praktiziert und kehrten dann in das Haus in den Marschen zurück. So war es doch?«
Scraggs starrte Doc an. »Nein – ja, ich ging dorthin zurück. Ich sah, wie Jackson getötet wurde. Das war zuviel für mich. Ich rannte davon. Ich wollte dort nicht aufgegriffen werden. Jackson war der freundlichste, gütigste und klügste Mann, der je gelebt hat. Er hatte für den Mann, der sich Var nennt, den Explosivstoff erfunden.«
»Kam Var denn niemals zu dem Haus in den Marschen?« fragte Doc.
»Doch, aber nur bei Nacht, und mir wurde niemals gestattet, ihn zu sehen«, beharrte Scraggs. »Ich wußte, daß mehrere Experimente geplant waren. Jackson sagte mir auch, wo der eine Test stattfinden sollte. Es war in dem Wäldchen hinter Carberrys Haus in Little Neck. Deshalb war ich dort draußen.«
»In der Nachricht, die Sie mir zustellten, wurde angedeutet, daß Jackson Angst hatte«, sagte Doc.
Doc wußte, daß Scraggs die Wahrheit sagte, aber eben nicht die ganze Wahrheit.
»Ja, Jackson hatte Angst, weil Var, der Boß, ihn in dem Haus praktisch wie einen Gefangenen hielt. Es gab nur den einen Zugang dorthin, die Straße durchs Moor, und die wurde Tag und Nacht bewacht.«
»Var scheint viele Männer zu haben, die für ihn arbeiten«, sagte Doc. »Und beileibe nicht alle sind gewöhnliche Kriminelle.«
»Nein – ich weiß nicht – vielleicht haben Sie recht«, stammelte der kleine Mann. »Var hat eine große Organisation. Jackson sagte mir, Var hätte den Explosivstoff zunächst benutzen wollen, um eine neue soziale Weltordnung durchzusetzen.«
»Jackson hat
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