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Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition)

Titel: Du graue Stadt am Meer: Der Dichter Theodor Storm in seinem Jahrhundert. Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Missfeldt
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und Tondern, von Nordosten aus Flensburg, von Osten aus Schleswig, von Südosten aus Rendsburg via Kropp und von Süden aus Tönning und Heide. Aus der Vogelperspektive sieht man deutlich: Vom Zentrum aus, das Markt und Marienkirche markieren, fällt die West-Ost-Achse ins Auge. Norderstraße und Süderstraße entspringen dem Zentrum, nehmen die Marienkirche, Theodor Storms Grab und das St. Jürgenstift wie zwischen die Schenkel einer Zuckerzange und führen hinaus in alle Richtungen des östlichen Halbkreises.
    Nördlich und außerhalb des Zentrums steht das Husumer Schloss. Es lag lange allein wie ein Vorposten, auf Distanz zur Stadt. »Schloss vor Husum« sagt man seit Jahrhunderten, und dabei wird es bleiben. Südlich vom Schloss und unmittelbar am Zentrum beginnt das Hafengebiet mit dem Binnenhafen. Hier mündet auch die Husumer Au. Von einem »Bächlein helle« kann keine Rede sein: Müde, lustlos und grau fließt das Wasser bei Ebbe aus einem großen Kanalrohr in den Hafenschlick. Ebbe setzt den Restaurantdampfer, der hier an der Schiffbrücke liegt, auf Grund, Flut lässt ihn wieder schwimmen. Hier, an der Hafenspitze, hat sich die Stadt das neue Rathaus gebaut. Die Architektur des Gebäudes und die einbezogene, denkmalgeschützte Slipanlage erinnern an die Werft, die hier stand.
    Hinter den beiden neuen Zugbrücken liegt der Außenhafen. Dort geht der Hafenbetrieb von heute seinen gemäßigten Gang: Fisch- und Krabbenfang, Ausflugsbetrieb für die Insel- und Halligwelt, Küstenmotorschiff-Fahrt. Segel- und Motoryachten liegen am Kai, kirchturmhohe Silos stehen gegenüber. Die Schiffe fahren zur Schleuse hinaus, am Schöpfwerk vorbei, schippern ein Stück Husumer Au abwärts, dann erreichen sie über den Heverstrom, der sich wie die verlängerte Husumer Au als Fluss durch das Wattenmeer schlängelt, die offene Nordsee.
    Einst war Husum eine blühende Handelsstadt , schreibt Theodor Storms Tochter Gertrud in ihrem Erinnerungsbuch über ihren Vater. Am Anfang von Husums Geschichte standen Mord und Totschlag: Aufständische Friesen erschlugen 1252 den dänischen König Abel auf der »Husumbro«, der Husumer Brücke. Wo lag diese Brücke? Man weiß es nicht genau, vielleicht dort, wo heute die Straße, von Mildstedt und Ostenfeld kommend, die Husumer Mühlenau überquert? König Abel war mit seinen Mannen plündernd und mordend durch das Friesenland gezogen, nachdem er zwei Jahre zuvor seinen Bruder, König Erich IV. von Dänemark, ermordet hatte. Der Name Husum wird in diesem Bruderzwist-Zusammenhang erstmals urkundlich erwähnt, und damit beginnt auch Husums geschriebene Geschichte.
    Hundert Jahre später begann die Blütezeit der Stadt. Mit der Sturmflut von 1362, der »großen Manndränke«, ging die sagenhaft besungene Hafenstadt Rungholt unter. Den Volksglauben über diesen im Dunkel der Geschichte liegenden Ort hat Detlev von Liliencron, ein Verehrer Storms und persönlich mit ihm bekannt, befördert mit seinem Gedicht »Trutz blanke Hans«. Der auch darin behauptete Reichtum Rungholts ist ohne Beweise, und ins Reich der Fabel gehört die spannende Erzählung vom gotteslästerlichen Leben der Bewohner, die zur Strafe von einer Sintflut heimgesucht werden und mit ihrer Stadt untergehen.
    Husums große Zeit währte knapp dreihundert Jahre und ließ die Stadt mit Viehmarkt, Getreide- und Salzhandel und Wirtshäusern blühen und gedeihen. Vierzig hochseegängige Schiffe von Husumer Reedern und mit Husumer Besatzung befuhren die Meere, kamen mit Kostbarkeiten, Seide, Spitzen, Porzellan, Tuch und Tee zurück. Was nicht in Husum selber Käufer fand, das fuhren die Spediteure auf dem Ochsenweg weiter nach Flensburg, wo es umgeladen wurde und per Schiff weiter in die Ostseeländer gelangte.
    1634 wendete die große Sturmflut das Glück, nachdem das Schicksal schon 1615 und 1625 an die Tür gepocht hatte. Die Insel Strand, Husums Kornkammer für Brotgetreide und Braugerste, wurde zerstört. Übrig blieben drei Inselreste: Nordstrand, Pellworm und Nordstrandischmoor. So wie die erste große Manndränke – von hunderttausend Toten an der Nordseeküste ist die Rede – Husums Blütezeit begründete, so nahm die zweite große Manndränke von 1634 – neuntausend Tote soll es allein in Nordfriesland gegeben haben –, was die erste gegeben hatte. Man hätte sie verhindern können, wenn nicht Deich und Deichbau während des Dreißigjährigen Krieges vernachlässigt worden wären.
    Ist das Meer, die Natur also,

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