Du + Ich = Wir Zwei, 1
Kräfte versagen. Ich bin gerade dabei, ohnmächtig zu werden.
Plötzlich höre ich von Weitem eine vertraute, kräftige, aufmunternde Stimme, ein dumpfes Geräusch, wirres Geschrei, dann nichts mehr. Ich verliere komplett den Boden unter den Füßen.
Ich wache im Morgengrauen auf. Ich bin allein in meinem Schlafzimmer, in Unterwäsche. Das Rollo ist heruntergelassen. Ich habe keine Ahnung, wie ich hierhergekommen bin. In meinem Kopf dreht sich alles, das Herz schlägt mir bis zum Hals. Ein starkes Unwohlsein plagt mich. Den Grund dafür weiß ich nicht. Dann erinnere ich mich wieder. Die Bilder ziehen an meinem geistigen Auge vorbei. Eines erdrückender und schmerzhafter als das andere. Wilson hat versucht, mich zu vergewaltigen und ich weiß nicht, ob er es geschafft hat. Immer noch geschockt und durcheinander, rolle ich mich zusammen und mummel mich in die Decke ein, um mich darunter zu verkriechen. In diesem Moment bemerke ich eine kleine Notiz auf meinem zweiten Kopfkissen …
[Trink in Zukunft in Maßen. Das ist ein Befehl! V.]
Vadim. Er war es, der auf der Toilette auftauchte, als ich umkippte. Er, der mich aus Wilsons Armen befreite. Er hat mich gerade noch rechtzeitig gerettet, wieder einmal. Ich schulde ihm so viel … Ich breche in Tränen aus, gepackt von einer Milliarde Emotionen. Ich möchte, dass er jetzt bei mir ist, mich in seinen Armen wiegt, damit ich ihn spüren und riechen kann und ich keine Angst mehr haben muss.
Er ist zurückgekommen … Der Grund dafür, dass er in der Damentoilette auftauchte, war, dass er mich suchte …
Während der letzten sieben Jahre meines Berufslebens war es für mich noch nie so eine Qual wie heute, mich für einen neuen Arbeitstag fertig zu machen. Ich will mir nicht zuhören, sondern wieder aufstehen wie ein guter, kleiner Soldat und versuchen, meine Angst und dieses Schandgefühl, das mich quält, beiseitezulegen. Ich hätte nicht so viel trinken, Wilson nicht ausgeliefert sein dürfen. Ich hätte würdevoll, vernünftig, professionell bleiben sollen. Stattdessen habe ich einen eindrucksvollen Auftritt hingelegt. Ich komme gerade aus der Dusche, als mein Handy klingelt. Sophie Adams Name wird auf dem Display angezeigt. Ich habe noch gar nicht richtig abgehoben, da fängt sie auch schon an, mich mit Fragen zu bombardieren.
„Alma, ich bin so erleichtert, dass du rangegangen bist! Ich wusste nicht, ob ich vorbeikommen sollte, ob du etwas dagegen hättest. Wie geht es dir? Bist du nicht traumatisiert? King war unglaublich. Als er dich bewusstlos vorfand und merkte, dass Wilson seine Chance nutzen wollte, ist er durchgedreht! Er hat dich nach Hause gebracht, während Sicherheitsmänner den Perversling hinausschmissen. Das hättest du sehen sollen, wie er sich wie ein Lump auf die Straße setzen ließ. Das war sehr amüsant!“
„…“
„Entschuldige, das war nicht richtig … Ich … Geht es dir gut?“, fragt sie wieder, peinlich berührt von ihren unpassenden Worten.
„Ich wollte mich gerade für die Arbeit fertig machen …“
„Was? Bist du verrückt?! Nimm dir einen Tag frei. Bleib zu Hause! Willst du, dass ich mir freinehme und dir Gesellschaft leiste?“
„Nein, ich will arbeiten. Ich muss mich bewegen, ich muss an etwas anderes denken.“
„Alma?“
„Ja?“
„Was ist genau passiert? Ich will damit sagen … Er hat nicht … Na ja, siehst du etwas?“
„Nein, aber ich glaube, dass er das vorgehabt hätte …“
„Da bin ich mir sicher! King hatte zwar so seine Zweifel, aber Wilson behauptete, dass es … einvernehmlich war.“
„Einvernehmlich? Mit diesem kranken Typen zu schlafen?!“
„Du musst ihn anzeigen, Alma! Er darf nicht einfach so davonkommen …“
„Das wird mir nichts nützen. Ich hatte zu viel getrunken und ich habe keinerlei Beweise dafür. Es stände Aussage gegen Aussage. Und ich will nicht, dass sich das herumspricht. Ich fühle mich sowieso schon genug … gedemütigt.“
„Clarence und ich könnten es bezeugen! Wir wussten, dass Wilson dich belästigte, wir werden dir helfen! Alma, du musst ihn unbedingt anzeigen. Das ist wichtig … Für dich, aber auch um zu verhindern, dass er es wieder probiert. Der Typ ist krank. Du kannst davon ausgehen, dass er es bei einer anderen auch versuchen wird, wenn niemand etwas unternimmt!“
„Ich brauche noch etwas Zeit …“
„Okay, aber ich werde dich aufs Polizeipräsidium begleiten. Wenn du mich brauchst, bin ich für dich da. Und bis dahin kannst du davon
Weitere Kostenlose Bücher