Du + Ich = Wir Zwei, 1
Fetzen gerissen.
Seit einer Woche sehe ich ihn überall. Auf der Terrasse eines Cafés, in meinem Fitnessstudio, am Taxistand, im Supermarkt. Ich weiß, das macht keinen Sinn. Vadim King gehört nicht zu der Sorte Männer, die einen schlechten Kir im Bistro um die Ecke trinken, die in angesagte Muckibuden gehen, die auf ihren Chauffeur verzichten können und noch weniger zu denen, die die Lebensmittelabteilung plündern. Aber jedes Mal, wenn mich meine Augen und mein Verstand trügen, halte ich mich wie eine Schwachsinnige selbst zum Narren. Es läuft immer nach demselben Schema ab. Eine drückende Hitze durchströmt meinen Körper. Mein Herz ist Feuer und Flamme, der Boden wird mir unter den Füßen weggezogen, Zweifel überkommt mich. „Ich bin noch nicht so weit! Ich habe weder Sinn noch Verstand! Morgen werde ich mit ihm sprechen, morgen …“ Der Mann dreht sich um. Ich sehe, dass er mit Vadim nichts gemeinsam hat, nicht einmal einen Hauch einer Ähnlichkeit. Meine Angstzustände verflüchtigen sich und nehmen dabei gleich einen kleinen Teil meiner Selbstachtung mit. Das ist nicht schön mit anzusehen.
Und wenn er wegen mir gegangen ist? Meine Schwester Lily machte sich über mich lustig, weil sie sagte, dass ich mich für „den Nabel der Welt“ hielt, aber diese Vermutung könnte stimmen. Das Foto von uns hat ihn mit Sicherheit verwirrt, ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Er brauchte wahrscheinlich etwas Abstand von mir, um zu überlegen, um nicht gleich an die Decke zu gehen. Ja, das wird es sein.
„Alma, haben Sie Ihr Dekolleté in Szene gesetzt, um mir den Tag zu versüßen?“, lacht sich Wilson wahnsinnig schief und stürzt sich in der großen Eingangshalle auf mich.
„Ich habe es eilig, Joseph. Was kann ich für Sie tun?“, frage ich verärgert.
„Schalten Sie doch mal einen Gang runter. Kann ich Ihnen einen Kaffee anbieten? Es sei denn, Ihr kleiner Freund hat Ihnen einen bereits ans Bett gebracht?“
„Das ist Privatsphäre, Joseph! Hören Sie auf …“
„Schon gut, Alma. Ich habe doch nur einen kleinen Scherz gemacht. Sie brauchen doch nicht gleich auf stur zu schalten!“
„Ich schalte nicht auf stur. Ich kann diese Art von Bemerkungen nur nicht leiden, das ist alles. Lassen Sie uns sachlich bleiben. Das ist alles, um was ich Sie bitte. Jetzt muss ich aber gehen, ich muss arbeiten“, antworte ich und versuche, mich aus dem Staub zu machen.
Clooney hält mich am Arm fest, sein verärgertes Gesicht hat sich verkrampft.
„Weil Sie glauben, dass er sachlich bleibt?!“
„Lassen Sie mich los, Joseph!“
Er lockert seinen Griff. Ihm ist es ein wenig peinlich, dass er so in Zorn geraten ist, fährt aber trotzdem mit seinen gehässigen Bemerkungen fort.
„Das sinkende Schiff zu verlassen, während wir so viel zu tun haben! Er weiß sehr wohl, dass seine Anwesenheit entscheidend und er unabkömmlich ist! All das, um den Babysitter für sein Filmsternchen zu spielen …“
„Wie bitte?“
„Er hat nicht einmal den Anstand, mir zu sagen, wann er zurückkommt! Und was soll ich in der Zwischenzeit tun? Mir seine ganze Arbeit aufhalsen?!“
„Ich hätte gedacht, dass Sie dafür da sind, Joseph.“
„Mit Sicherheit nicht! Ich habe bereits genug andere Dinge zu erledigen! Und was sage ich unseren Investoren, der Bank, allen, die er hängen gelassen hat? Er hat überhaupt keinen Respekt vor dem, was wir hier machen!“
Respekt … Das sagt der Richtige, Sie dicke Bestie …
Babysitter für sein Filmsternchen spielen?!
„Was wollten Sie bezüglich Grace Montgomery sagen?“
„Sie fängt an, einen neuen Film in L.A. zu drehen. Die Arme! Sie verstehen doch sicherlich, dass es sehr hart für sie wäre, ohne ihren stinkreichen
König der Welt
dort hinzugehen. Bis dahin wird hier ein Chaos entstehen!“
„Herr Wilson, Ihr Treffen um 9 Uhr wartet im siebten Stock auf Sie“, sagt seine Assistentin mit ganz leiser Stimme.
Der schlimmste Job der Welt: persönliche Assistentin von Herrn Nervensäge Nr. 1 zu sein.
Er wimmelt sie ab, räuspert sich, glotzt mir ein letztes Mal in den Ausschnitt und entscheidet sich schließlich dazu, zu gehen. Zeit für eine Bilanz. Erstens: Joseph Wilson ist eine labile, respektlose und sexuell frustrierte Person. Zweitens: Vadim ist abgehauen, um seine Liebste zu begleiten und es ist mir völlig egal. Dieser Tag fängt ja gut an …
Vier Tage sind seitdem vergangen und immer noch kein Lebenszeichen. Jedenfalls nicht von Vadim. Meine Schwester hat
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