Du + Ich - Wir Zwei, 2
Königin des Nichtstuns und des Bis-in-den-Tag-Hineinschlafens hat das nicht zu schätzen gewusst, aber ich habe es zu ihrem Besten getan. Sie hatte die Wahl. Entweder das oder sie muss – mit Gewalt – wieder bei Edward und Marie Lancaster, unseren lieben Eltern, wohnen. Mein letztes Telefongespräch mit meinem
pater familias
führte ich vor ein paar Tagen und wie gewöhnlich wusste der Mann, wie man sich … überzeugend präsentiert.
„Es wird höchste Zeit, dass du deine Schwester dazu bringst, aus ihrem Leben etwas zu machen! Lass sie in deiner Firma arbeiten, zeig ihr, wie wichtig Arbeit ist!“, sagte mein Vater aufgewühlt.
„Lily muss die Initiative ergreifen, nicht ich. Sie weiß, dass sie mich fragen kann …“
„Alma, ich diskutiere nicht über dieses Thema. Du bist ehrgeizig. Du hast es zu etwas gebracht, genau wie dein Bruder. Eure Schwester ist … anders. Man muss ihr einen Tritt in den Hintern geben, damit sie sich für etwas anderes als sich interessiert!“
„Sie will Stylistin werden, nicht Produktionsassistentin!“
„Das ist mir egal. Ich will, dass sie etwas mit ihren Händen macht! Und wenn sie nur Kostümbildnerin wird.“
„Papa, dafür muss man studiert haben …“
„Natürlich muss man dafür studiert haben! Seit Jahren bemühen wir uns vergeblich, sie davon zu überzeugen, dass sie sich an einer Schule für Design einschreiben soll, aber Lily, die Utopie in Person, bevorzugt „in den Tag hineinzuleben, ohne dabei an Morgen zu denken“. Du sprichst von einer Lebensphilosophie! Sie wird es nie zu etwas bringen, wenn sie ständig so flatterhaft ist. Du musst sie in die Bahnen lenken, Alma! Du bist die Einzige, auf die sie hört …“
„Ich werde tun, was ich kann …“
„Sag ihr: Entweder sie macht das oder sie kommt ins Heim. Und mit Heim meine ich ihr Kinderzimmer unter meinem Dach! Wenn sie sich wie ein kleines Mädchen verhalten will, wird sie wie eines behandelt werden!“
Wie nett …
Mein Vater hat nicht so schnell Mitleid mit einem. Er kann sogar äußerst streng werden, aber man muss zugeben, dass Lily ein schwieriger Fall ist. Lebhaft, unterhaltsam, intelligent … bockig, leichtsinnig, idealistisch. Sie ist zu allem fähig. Vor zwei Jahren hat sie sich aus einer Laune heraus, und ohne uns davon etwas zu sagen, mit einem bärtigen Umweltschützer verlobt. Sie ist nach Peru gezogen, um Lamas zu züchten. Eine Woche später rief sie uns um Hilfe, damit wir sie holen. Mein Vater hat das erste Flugzeug genommen, um sie wieder nach Paris zu holen. Und an diesem Tag hat er sie gewarnt: Einmal, kein zweites Mal. Das nächste Mal, wenn sie wieder so etwas mache, würde sie lebenslänglich ins Gefängnis kommen … zu Papa und Mama.
Ich habe mehrere Tage gebraucht, um sie davon zu überzeugen, dass sie dieses Praktikum annehmen soll, was sie dann schließlich auch getan hat. Vor allem, um endlich wieder ihre Ruhe zu haben. Und unter einer Bedingung: Sie nicht in eine, ich zitiere, „fromme Schwester“ zu verwandeln. Streng geschnittene Kostüme und andere typische Kleidungsstücke sind nicht ihr Ding. Lily hat einen Look, der genauso schillernd ist wie ihre Persönlichkeit. Als Beweis: Heute Morgen sind wir zusammen zur Arbeit gegangen, ich trug eine enge, schwarzweiße Bluse, sie ein Rockabilly-Kleid. Das ist der Normalfall.
Zumindest wird sie nicht unbemerkt bleiben …
Bis jetzt hat sie noch keine Katastrophe angerichtet. Es ist schon fast Mittag und Clarence, der sie im Verleih einarbeitet, hat mich noch nicht um Hilfe gerufen. Das sind gute Neuigkeiten. Für den Moment jedenfalls.
Wir sollten auf der Hut bleiben …
Seit meiner Ankunft bin ich Vadim nur einmal über den Weg gelaufen … als ich einen Umweg über den Flur machte. Da er mit Maximilian Finn heftig diskutierte, konnte er mich weder zärtlich küssen noch mir die Kleider vom Leib reißen und mich gegen die Wand drücken. Stattdessen gab er sich mit einem schelmischen Blick zufrieden, den er mir zuwarf. Dieser war für meinen Geschmack aber ein wenig zu unauffällig. Ich beschloss, mich damit zufrieden zu geben. Für den Moment jedenfalls.
„Alma, dringendes Meeting in drei Minuten!“, ruft mir Kate Monroe an der Eingangstür meines Büros zu, bevor sie auf ihren Absätzen kehrtmacht und verschwindet.
Lily?
Sie wird es doch trotzdem nicht geschafft haben, schon am ersten Tag gefeuert zu werden?!
Alle Verantwortlichen der Abteilungen sind bereits da, als ich den Raum mit den großen
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