Du oder die grosse Liebe
»Ich werde dir jetzt mal eine wirklich wichtige Information zum Thema Schecks geben …« Sie schreibt in Großbuchstaben das Wort UNGÜLTIG quer über den Scheck, den sie mir zum Üben überlassen hat. »… und zwar: Sorg dafür, dass dies das letzte Mal ist, dass du deinen Namen auf einen Scheck schreibst, der dir nicht gehört. Wenn du es tust oder die Unterschrift einer anderen Person fälschst, ist das eine Straftat. Dafür kommst du ins Gefängnis. Triff die richtigen Entscheidungen, Luis. Konzentriere dich auf die Mathematik und die Naturwissenschaften und darauf, in der Schule gute Noten zu bekommen. Das wird dich weiterbringen. Schlägereien dagegen nicht.« Sie legt Gaspers Arbeitsblatt vor mich auf den Tisch. »Bist du bereit, die Herausforderung anzunehmen?«
Ich greife mir einen Bleistift. »Darauf können Sie wetten, Mrs P. Aber ich muss Sie warnen, ich bin ein Zahlentyp.«
»Gut«, sagt sie und tätschelt meine Hand. »Diese Kompetenz wird dir sowohl im College als auch oben im Weltall gute Dienste leisten.«
Viel wahrscheinlicher ist, dass ich in der Hölle lande. Himmel und Weltall scheinen gerade unerreichbar fern.
48
Nikki
Ich habe Derek eine Nachricht für Luis mitgegeben. Er hat mir gesimst, dass er sie ihm ausgehändigt hat. Jetzt warte ich. Wenn er nicht zu mir kommt, werde ich zu ihm gehen.
Ich habe hin und her überlegt, was ich anziehen soll, und jetzt bin ich mir unsicher, ob ich das Richtige ausgewählt habe. Was ist, wenn er sich nicht an das Kleid erinnert, das ich an dem Abend anhatte, als wir uns kennenlernten? Was ist, wenn er nicht mehr weiß, in welchem Zimmer wir uns zum ersten Mal sahen?
Aber das ganze Drumherum spielt eigentlich auch keine Rolle. Von Bedeutung ist nur, dass Luis erfährt, wie sehr ich ihn liebe, und dass ich nicht aufhören werde, für uns zu kämpfen.
Ich weiß, dass er jetzt ein Latino Blood ist, aber wenn ihm klar wird, dass das, was wir haben, stärker ist als alles, was ihn mit der Gang verbindet, wird alles gut werden. Ich muss daran glauben, dass er im Grunde kein LB sein will und einen Weg finden wird auszusteigen.
Ich werfe einen Blick auf mein Handy. Kein Anruf von Luis, keine SMS – und es ist inzwischen neun Uhr. In meinem Brief habe ich ihn gebeten, um neun hier zu sein. Jede Minute, die verstreicht, macht mich nervöser, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, dass er kommen wird. Sogar als um Viertel nach neun noch immer weit und breit nichts von ihm zu sehen ist, bin ich überzeugt, dass er auftauchen wird. Ich fühle mich wie das Mädchen in diesem Film, das auf dem Pitcher’s Mound des Baseballfeldes steht und auf den Typen wartet. Als sie die Hoffnung schon verloren hat, kommt der Held auf das Feld gerannt, und sie leben glücklich bis an ihr Ende.
Luis ist mein Held, auch wenn er das im Moment noch nicht ahnt. Er wird es heute Abend erfahren … wenn er denn auftaucht.
Ich gucke zum hundertsten Mal auf die Uhr. Halb zehn.
Als ich das Privatanwesen anrief, auf dem Brittany und Alex geheiratet haben, um es für einen Tag zu mieten, verwies die Dame am Telefon mich an das Sekretariat. Zu meiner Überraschung ging Hunter ans Telefon. Wie sich herausstellte, gehört das Anwesen seiner Familie, und er erzählte mir, das Haus sei die nächsten zwei Tage frei und ich könnte dort kostenlos übernachten. Als ich ihm erzählte, er würde vielleicht seine Meinung ändern, mir das Haus zu überlassen, weil ich mit einem anderen Jungen dorthin wollte, war alles, was er sagte: »Der Glückspilz. Ich hoffe, er ist es wert.«
»Das ist er«, erwiderte ich.
Um zehn verliere ich die Hoffnung. Ich nehme gerade die Schlüssel aus meiner Handtasche, um das Haus zu verlassen und hinter mir abzuschließen, als sich die Tür öffnet.
Luis steht vor mir. »Hey«, sagt er.
»Hey.«
»Derek hat mir deine Nachricht gegeben. Entschuldige, dass ich so spät bin. Es gab ein kleines Malheur mit meinem Hund.«
»Was ist mit Granny?«
»Sie ist davonspaziert, ohne sich bei mir abzumelden, aber ich habe sie gefunden. Warum wolltest du, dass ich herkomme?«
»Du warst nicht in der Schule.« Ich mache ein paar Schritte auf ihn zu. »Ich habe dich vermisst.«
»Du trägst dasselbe Kleid wie an dem Abend, als wir uns kennengelernt haben.«
»Du weißt es noch.«
»Wie könnte ich das vergessen. Ich dachte, du wärst ein vom Himmel gesandter Engel.«
»Ich bin immer noch dein Engel, Luis.«
»Wir sollten das hier nicht tun.« Er sieht sich im Zimmer um.
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