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Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Titel: Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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nicht zu erreichen sei. Vielleicht ein Job auf Montage als Liquidator? Er, Cromwell, habe es tatsächlich einmal geschafft, einer besonders zähen Freundin einen längeren Aufenthalt bei
den Amish-People vorzugaukeln. In der Zwischenzeit hätte sich diese Freundin anderweitig verliebt und habe dann später – nach Cromwells angeblicher Rückkehr aus Amish-Land – sogar alle fälligen Trennungs-schulden (Selbstvorwürfe, schlechtes Gewissen, nächtliches Blabla) auf ihre Kappe genommen. Aber Cromwell müsse zugeben, dass diese Methode etwas aufwendig sei. Und wenig geeignet, wenn es darum ginge, sich einer direkten Nachbarin mit quasi täglichem Blickkontakt zu entledigen. Also Punkt zwei: Falls sich die Sache nicht über die Zeitschiene erledigen ließe – einen Streit provozieren. Unsympathisch werden. Sich beherzt ins Unrecht setzen. Zum Schwein mutieren. Fremdgehen. Beim Essen rülpsen. Sich nicht mehr waschen. Dies alles sei zwar sehr hart, aber oft zielführend. Und Cromwell hätte keinen Zweifel daran, dass ich mich zur Not überzeugend abstoßend geben könne.
    »Nein«, sagte ich, »ich suche nach einer schnellen Methode. Von heute auf morgen. Ohne langwierige Verstellung.«
    Okay, meinte Cromwell, dann würde es hart. Denn Punkt drei erfordere am meisten Mut: nämlich die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit, die reine Wahrheit und nichts als die Wahrheit! Wie immer diese Wahrheit auch aussähe! Zum Beispiel sei ja vielleicht eine seinerzeit verschmähte Liebe aus alten Zeiten wieder aufgetaucht, und dies hätte mich nun dermaßen zerrissen, dass ich nicht anders könne, als mit Marvie Schluss zu machen! Egal, wie sehr mich dies auch schmerze! Aber sonst könne ich ja
nicht mehr in den Spiegel sehen! Und dass ich sie um Verständnis bitte!
    Methode drei gefiel mir. Ich würde Marvie einfach die Wahrheit sagen. Zum Beispiel, dass ich nach Jahren der Qual endlich den Mut zum Coming-out gefunden hätte und den Rest meines schwulen Lebens mit mir und meinem Herrgott im Reinen verbringen wollte! Beziehungsweise mit Mendelssohn! Im Darkroom, haha! Oder: Dass man mir in einem hochgeheimen Afghanistaneinsatz die Eier abgeschossen hätte! Und nun wolle ich meinem Fräulein Braut nicht die Zukunft verderben und würde sie also freigeben für einen jungen gesunden und strammen Mann! Ohne Bundeswehrerfahrungen!
    »Oder so ähnlich!«, lobte mich Cromwell. »Ich sehe, du bist auf dem rechten Weg! Und immer daran denken: Wechseljahre sind keine Herrenjahre. Und: Vor dem Vorspiel ist nach dem Vorspiel. Oder so ähnlich.«

Kapitel 22
    behandelt die mähliche Rückkehr unserer Helden
in ein normales Leben plus die Frage,
wie jüdisch ein Firmenname klingen darf.

    S olange die Nachforschungen im Wurstfall andauerten, schien die Zeit für mich zu spielen. Marvie und ich gingen uns offiziell aus dem Weg, ihre nächtlichen Telefonversuche (als würde das BKA nachts schlafen! Nein, dieses naive Herzchen!) wurden spärlicher. Die Ausschlachtung der Wurst in den Zeitungen dagegen wurde zeilenintensiver, und tatsächlich erlebte der blöde tote Hund eine obszöne Art der Renaissance. Jedenfalls waren seine Werke noch gefragter, seit er in der lövenichschen Waschküche ruhte.
Sowohl Germanisten wie auch Ellen und Marvie wurden interviewt, die Aussagen ähnelten einander: Der Künstler habe so unbedingt für die Kunst gelebt, so rücksichtslos aus dem Vollen, dass auch sein plötzliches Verschwinden nur konsequent wirke. Eventuell sei er ja abgetaucht? In Klausur? Nach Tibet? Zu den letzten arabischen Diktatoren? Um von dort mit einem prall geladenen Schatzkästlein neuer Stücke zurückzukehren? Irgendwann ebbte auch dies ab. Selbst Tenor und Storch wollten nichts mehr von uns wissen. Oder sie hatten ein Stück von Wurst gelesen und gaben sich nun keine Mühe mehr, den Verzapfer zu finden.
    Meine Gedanken schweiften gar nicht mehr in Richtung Marvie. Unsere süße gemeinsame Latenzzeit verblasste schneller als eine billige Markise: Ende Juni wusste ich nicht mehr, was mich je oder ob mich überhaupt je etwas an Marvie interessiert, aufgeregt oder angezogen hatte. Sogar meine nächtliche Transpiration ließ nach und von Morgen zu Morgen fühlte ich mich weniger verschimmelt. Mendelssohn und ich stritten bereits um den Namen unserer Detektei. »Wir brauchen einen Künstlernamen! So etwas wie ›Detektei Fiat Lux‹. Oder ›Argus‹. Dagegen: ›Mendelssohn und Schlomo‹ – damit geht uns doch die ganze arische Klientel

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