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Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Titel: Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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»Es wäre doch gut möglich, dass das niemandem auffällt.«
    Alexa: »Aber Süßes, natürlich fällt das auf. Einen vollgestopften Keller bemerkt man doch!«
    Katharina: »Und wenn wir nur das eine Ding drinlassen? Das eine dicke Ding?«
    Ich sah vor mir eine zauberhafte Kleinfamilie mit zwei adretten, unschuldigen Blagen, und sie hielten einander an den Händen und schauten begeistert dabei zu, wie ihre polnische, unterbezahlte Perle teuren Weichspüler in die Öko-Maschine goss, und während oben die Wäschetrommel rotierte, rotierte ein paar Handbreit tiefer der empörte Wurstmann. Weil es statt Blumen und Elogen nur Vernell gab. Und statt weiterer schöner Literaturpreise lauter Kinderunterhosen mit Vollbremsung.
    Ließ der Zement überhaupt eine Rotation im Grabe zu? Und: Konnte unser Dichter dort ordnungsgemäß in Verwesung übergehen? So allein in seinem anäroben Kämmerchen? Oder schnurrte er dörrend einfach nur zusammen?
Und sah dann nach einhundert Jahren aus wie eine etwas korpulentere Bifi? Es gibt so viele Dinge, die unsereiner – obwohl durchaus auf dem Laufenden über Sarkophage, Würste und Betonkammern – nicht weiß.
    »Der Keller ist okay!«, beschied Laura. »Es ist ein ganz normaler Keller mit einem ganz normalen Stellplatz für eine Waschmaschine. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass ein neuer Besitzer groß was ändern würde. Oder meint ihr, der lässt das alles aufstemmen? Wozu sollte er?«
    »Vielleicht will er den Raum ganz umbauen! Zum Partyraum. Oder Hobbykeller.«
    »Und dafür bearbeitet er dann den Boden mit einem Presslufthammer? Unwahrscheinlich.«
    »Man hat schon Pferde kotzen sehen. Vielleicht will er ja einen Atombunker bauen?«
    »Anders gefragt: Wie hoch wäre dann unser Restrisiko? Für unseren dicken … Brennstab?«
    Diesmal stellte ich mir japanische Arbeiter in löchrigen Schutzanzügen vor, die den Wurstmann erst sorgfältig freibohrten und ihn dann in einer Art Castor-Tupperware nach Asse II überführten. Seit ich am Containern bin, schätze ich die Firma Tupper. Sie gewährt auch den abgelaufensten Produkten noch mal ein bis zwei Wochen zusätzlicher Keimfreiheit. Führte diese wunderbare Firma aber auch Behälter für kontaminierte …
    »Brennstäbe? Ihr habt Brennstäbe im Keller?« Alexa lachte herzlich ahnungslos auf.
    »Tun wir mal so, als ob!«, sagte Katharina heftig. »Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder er bleibt in seinem Sarkophag,
damit können wir leben. Oder jemand öffnet den Sarkophag, und dann sind wir dran.« Und die Lövenichs begannen von neuem zu weinen. Das Leben kann manchmal wirklich hart sein: Erst nehmen sie dir das schöne gestohlene Geld weg, und dann hast du auch noch atomare Scheiße am Schuh.
    »Am besten wäre es, wenn wir den neuen Besitzer kennen würden! Mendelssohn! Willst du nicht oder kennst du nicht jemanden, der Interesse haben könnte?«
    Mendelssohn runzelte die Stirn, als ginge er in Gedanken alle Millionäre seiner Bekanntschaft durch.
    »Wir müssen im Lotto spielen und das Haus zurückkaufen!«
    »Sehr realistisch.«
    »Alexa! Alexa nimmt einen Kredit auf!«
    Alexas Augen wurden noch eine Schattierung glasiger. Jedenfalls sah sie im Moment nur sehr entfernt nach Bonität aus: »Ich soll? Ja, was? Aber mein Haus ist doch noch gut! Warum … Hierher? Naja, ich meine – lustig wäre das schon … Und dann wären wir richtige Nachbarn, Yehudi!«
    Meine Leber zuckte.
    »Aber – nein. Nein. Ich will nicht umziehen. Und mein Haus ist ja noch gut. Blödsinn«, sabbelte sie und verabschiedete sich definitiv in die Flasche. Der Rest dachte nach und/oder weinte. Mendelssohn erhob sich schließlich, wir kondolierten noch ein wenig, wünschten noch weiterhin alles Gute; Marvie kam mit zur Tür, drückte erst Mendelssohn, dann mich, wobei ihr liebes Gesicht unter dem Tränenflor schimmerte wie in einem verdammten
Groschenroman. Das vom Weinen anmutig gerötete Näschen drückte sich in meinen Nacken, und aus Versehen landete meine Zunge an der ihren. Mendelssohn blickte stoisch. Zum Glück hörte er nichts von unserem überraschenden Ausrutscher, sondern erklärte noch einmal, dass das Leben trotz aller Widrigkeiten lebenswert sei, und im Schatten seiner Gemeinplätze, sozusagen in dem von ihm produzierten akustischen Séparée gingen Marvie und ich noch ein letztes Mal ineinander über. Dann wurde ich wahnsinnig und führte Mendelssohn nach Hause.

Kapitel 24
    beobachtet einen bibelfesten Penner
mit enormer

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