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Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie

Titel: Du sollst eventuell nicht töten - eine rabenschwarze Komödie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knaus Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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flöten!«
    »Stimmt. Obwohl sich da gute Späße mit unseren Werbesprüchen machen ließen! Zum Beispiel: ›Irgendwas nicht koscher? WIR finden es heraus!‹ Oder: ›Ihr Leben droht zu zerbrechen? Jetzt nur keine jüdische Hast!‹«
    Nach dem halbstündigen Lachkrampf stritten wir darüber,
wer offiziell als Chef auftreten sollte. Ich führte zu meiner Eignung als Boss einer Detektei meine Sehkraft an. Mendelssohn meinte daraufhin, ich sei der Letzte, von dem er solch diskriminierende Argumente erwartet hätte. Ich kam ihm unhöflich: WER habe denn – obwohl anwesend – nicht identifizieren können, wer der Wurst droben im Abstellraum den Garaus gemacht hätte? »Das wäre mir nicht passiert!«, sagte ich unbarmherzig. Mendelssohn konterte, dass er immerhin GEHÖRT habe, dass da jemand letal zu Boden gegangen sei. Und hätte ich aus einem blickdichten Versteck heraus das Ganze verfolgen müssen, so hätte ich mit meinen harten Ohren doch noch nicht mal unterscheiden können, ob da ein Sack Reis oder ein minderwertiger Dichter umgefallen wäre! Und außerdem: Eine Detektei in bester Wohnlage falle nicht vom Himmel! »Und wer stellt denn hier die Büroräume? Wer stellt denn hier die gesamte Infrastruktur?«
    »Und wer läuft denn gegen jedes Straßenschild! Und wer stolpert denn über jeden Bordstein!«
    Wir einigten uns schließlich auf eine paritätische Doppelspitze: Ich die Augen, er die Ohren. Ich der Mann fürs Grobe, er für die mentale Feinmechanik. Ich der Motoriker, er der Immobilienbesitzer. Ich der coole dumme August im Trench, er der coole Hintermann ohne Durchblick. Und als Cromwell anmeldete, er wolle wegen beruflichen Überdrusses das pädagogische Handtuch werfen und bei uns mitmachen, hatten wir auch den perfekten Namen für unser Unternehmen: »Detektei Mendel & Partner«. Und dann kam auch wieder Leben in unsere gedeckelten Nachbarn.

Kapitel 23
    beinhaltet eine Magnumflasche Pferdepisse
sowie den Niedergang einer sittenlosen Familie.

    K atharina sprach bei Mendelssohn vor und lud uns alle zu einem Treffen. Die Familie hätte uns etwas zu sagen und es sei alles sehr, sehr traurig.
    Was konnte jetzt noch traurig werden? Ein zusätzlicher Todesfall? Und was verstanden die Lövenichs überhaupt unter »Trauer«? Oder hatte Mendelssohn sich verhört, und es handelte sich darum, dass die Lövenichs uns »nicht mehr trauen« würden? Dass sie uns Mitwisser für ein Restrisiko hielten? Und dass sie uns Plaudertaschen ein Schweigegelübde abringen wollten? »Vielleicht wollen sie uns sogar verschwinden lassen!«, mutmaßte ich in
plötzlicher Klarheit. Mendelssohn widersprach, aber ohne Überzeugung, eher pflichtbewusst: »Ach was! So viel Platz haben die nun auch nicht in ihrem Keller.«
    »Wir sollten trotzdem vorsichtig sein, wenn sie uns was anbieten.«
    »Obwohl ich sagen muss: Lebensmitteltechnisch vertraue ich einem Lövenich mit Giftschrank mehr als DIR.«
    »Aber die Bagels waren doch spitze, oder?«
    »Schon. Aber trotzdem hätten wir tot sein können!«
    »Du bist doch eine unbeschreibliche Memme! Wollen wir wetten: Bei einem Erdbeben wirfst du dich erstmal schützend unter mich.«
    Mendelssohn kicherte: »Gerade im Katastrophenfall muss man Prioritäten setzen können.«
     
    Z um ersten Mal seit Beisetzung der Wurst betraten wir wieder die Villa Lövenich.
    Schon das Foyer war kaum passierbar, die Lövenichs schienen das übliche Durcheinander auf die Spitze treiben zu wollen. Wir manövrierten uns zwischen Kisten, Kästen, prallen Mülltüten und auseinandergeschraubten Möbel hindurch. Katharina lotste uns in die Küche. »Nicht in den Garten. Wer weiß, wer da zuhört.« Oder wollten sie uns nicht an der öffentlichen Luft, sondern im Schutz ihrer vier Wände abmurksen?
    Katharina musste etwa zwanzig Kilo abgenommen haben. Verhärmt schaute sie aus der schlackernden Wäsche, verhärmt und verzagt waren auch ihre Bewegungen. Laura dagegen schien Katharinas verlorene Kilo auf sich
genommen zu haben. Ihr Gesicht glich dem zunehmenden Mond, und ihre Bewegungen waren langsam und bedrückt. Auch Ritchie und Marvie wirkten unkonzentriert, wie abwesend. Die ganze Familie schien aus dem Takt. Marvie umarmte mich zwar zur Begrüßung, aber die Drückerei war eine unangenehme Mischung aus Formalität und Erwürgen. Wir setzten uns. Dann raschelte und ploppte es in einer Küchenecke, und Alexa richtete sich auf. Aus einem unteren Schrank hatte sie Tupperschüsseln und Plastikbecher zutage

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