Du sollst nicht hassen
besser. Er liebt seine Lehrer und Klassenkameraden, und wie Mohammed wäre er am Wochenende lieber in der Schule als zu Hause. Er spielt in der Freizeit gern Fußball mit seinen Freunden und ist jederzeit auch bei ihnen zu Hause willkommen. Er scheint jeden Tag größer zu werden, und er freut sich über die neuen Kleider, die er bekommt, sobald er aus den alten herausgewachsen ist. In nur zehn Monaten hat Abdullah fließend Englisch gelernt. Sein Wortschatz ist so umfangreich, dass er, wenn wir nach einem geeigneten Wort suchen, gleich mehrere Alternativen nennen kann. Beim letzten Eltern-Lehrer-Gespräch musste ich lachen, als die Lehrerin mir sagte, dass er von einem, der gar nicht sprach, zu einem geworden ist, der jetzt in der Klasse zu viel redet. Da Familiendiskussionen ein großer Teil unseres Lebens zu Hause sind, hat Abdullah Erfahrungen im Debattieren und wechselt dabei ohne Mühe zwischen Englisch und Arabisch hin und her.
Die Tragödie darf nicht das Ende unseres Lebens sein. Wir können nicht zulassen, dass sie uns bestimmt und besiegt. Meine Vision für den Nahen Osten ist die eines friedlichen, sicheren, kooperativen und vereinten Ortes. Wie Martin Luther King Jr. habe auch ich einen Traum. Mein Traum ist, dass meine Kinder – alle Palästinenser und ihre Kinder und unsere Verwandten, die Israelis und ihre Kinder, sicher, geborgen und satt sind, und dass sie ihre eigene Staatsbürgerschaft und Identität bekommen werden. Doch dieser Traum wird nicht allein durch Worte wahr. Jeder von uns muss seinen Teil beitragen und eine aktive Rolle dabei spielen, den Traum der Koexistenz voranzubringen.
Ob wir gebildet oder ungebildet sind, hungrig oder satt – je der ist ein Teil der Menschheitsfamilie. Wenn wir als Kollektiv denken statt individualistisch, werden wir als eine große Familie leben, in der wir uns umeinander kümmern. Die Stärkeren geben den Schwächeren, die Reicheren den Ärmeren. Die Gesunden helfen den Kranken und die Gebildeten den Ungebildeten. Frieden ist in unserer Region ein vager und schwieriger Begriff. So viele sind in ihrem Ringen um Verträge, die die beiden Seiten zusammenbringen sollten, gescheitert. Noch immer sind die neuesten Nachrichten aus dem Nahen Osten die vom Beginn oder vom Ende eines Krieges. Die Menschen sind die vergeblichen Bemühungen um ein Ende der Auseinandersetzungen leid und suchen nach neuen Wegen, die unsicheren Gegebenheiten ihres täglichen Lebens zu verändern. Aus diesem Grund bin ich der Meinung, dass man auf offizielle Erklärungen verzichten sollte. Stattdessen sollten wir nach neuen Wegen suchen, um zusammenzukommen – bei Fußballspielen, Konferenzen, Familienessen. Der wichtigste Schritt ist jetzt, einander besser kennenzulernen und gegenseitigen Respekt zu entwickeln. Wir teilen so viele fundamentale Werte: die Art unserer Geselligkeit, die Art der Kindererziehung, die Art zu diskutieren und Traditionen zu wahren und zu ehren. Was wir brauchen, ist der Glaube an unsere Fähigkeit, uns selbst aus diesem Dilemma zu befreien, das uns alle zu ersticken droht. Wir brauchen eine starke Dosis Hoffnung und Optimismus für den Frieden.
Wenn wir einander mit Anstand und Respekt begegnen, wenn wir uns weigern, parteiisch zu denken, wenn wir Klarheit gewinnen und die Verantwortung für unser Handeln übernehmen, dann ist es möglich, die Gräuel des Krieges zu überwinden.
Meiner Meinung nach sind Koexistenz und Kooperation, Partnerschaft und Austausch auf basisdemokratischer Ebene der einzige Weg. Statt über Frieden und Vergebung zu reden, sollten wir lieber über Vertrauen, Würde, Menschlichkeit und die hunderttausend Schritte reden, die nötig sein werden, um letztlich Frieden und Vergebung zu erlangen. Der Konflikt im Nahen Osten wird niemals gelöst werden, solange auf beiden Seiten so viel Hass herrscht, solange Toleranz und Kompromissfähigkeit nicht Teil der Gleichung sind. Wir wissen, dass militärisches Vorgehen zu keinem Ergebnis führt, für niemanden. Wir wissen, dass Worte stärker sind als Kugeln. Aber die Kugeln finden nach wie vor ihr Ziel.
Meine Philosophie ist simpel, es ist der Rat, den Eltern ihren Kindern geben: Hör auf, dich mit deinem Bruder zu streiten, seid Freunde – das ist besser für euch beide.
Betrachten wir das umstrittenste Thema, das Recht auf Rückkehr. Das Argument, das von den Hardlinern der israelischen Regierung vorgetragen wird, ist, dass es in diesem kleinen Land nicht genug Platz für noch mehr
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