Du sollst nicht schlafen: Thriller (German Edition)

Träume eigentlich gut sind. Schläft man unter normalen Umständen zu wenig, sind Wachträume die Folge, wobei die Träume von der jeweiligenUmgebung beeinflusst und verzerrt werden. Wie sich herausgestellt hat, können REM-Blocker das nur für eine gewisse Zeit verhindern.«
    Sie passierten eine Sicherheitsschleuse und ließen die bedrückende Atmosphäre hinter sich. Jetzt säumten schlichte Holztüren mit Namensschildern den Flur. Büros. Cynthia ließ seine Worte auf sich wirken.
    »Ja, aber … das Anti-Schlaf-Mittel allein kann nicht für Jeff Loomis’ Zustand verantwortlich sein. Denn er war schon geisteskrank, bevor er es genommen hat. Und dass die REM-Blocker bei ihm nicht mehr wirken … ist äußerst bedauerlich. Aber das ist doch bestimmt ein Einzelfall? Inzwischen nehmen zig Millionen Briten das Mittel. Und keiner von ihnen zeigt … solch extreme Reaktionen.«
    »Das liegt daran, dass es noch keiner so lange eingenommen hat wie er.«
    Cynthia blieb abrupt stehen. Dr. Samji ging noch ein paar Schritte weiter, bis er merkte, dass sie nicht mehr neben ihm herlief.
    »Aber das stimmt doch gar nicht!«, widersprach sie. »Es gab Dutzende von Probanden, die an der Draycott-Studie teilgenommen haben. 24/7 wurde erst nach Beendigung dieser Studie im Internet verkauft, und viele von ihnen haben die Einnahme vermutlich fortgesetzt. Und dann fingen auch die ersten Freizeitkonsumenten damit an.«
    Der Arzt lächelte grimmig. »Warum kommen Sie nicht mit in mein Büro?«, schlug er vor und zeigte auf eine der Türen. »Ich möchte Ihnen etwas erzählen, das ich bereits mehreren Regierungsstellen erzählt habe. Aber die Reaktionen, die ich darauf erhalten habe, waren … alles andere als beruhigend.«
    Er öffnete die Tür und bat Cynthia mit einer Geste, einzutreten. Der kleine Raum war vollgestopft mit Büchern und Familienfotos. Gerahmte Diplome und Zeugnisse bedecktendie Wände. Sie zückte ihren Notizblock und nahm in einem Stuhl vor dem Eichenholzschreibtisch Platz. Dr. Samji setzte sich dahinter, faltete die Hände auf der Tischplatte und sah Cynthia ernst an. »Als Jeff Loomis vor der Vorverhandlung erstmals hierherkam, haben wir alle möglichen Untersuchungen an ihm vorgenommen, mit überraschenden Ergebnissen. Es stellte sich heraus, dass er seit zwei Jahren nicht mehr geschlafen hatte.«
    »Aber das ist doch vollkommen ausgeschlossen, wie – «
    Dr. Samji hob die Hand. »Ich habe seine Frau angerufen und sie danach gefragt. Sie wollte erst nicht recht mit der Sprache heraus, aber als ich ihr klargemacht habe, dass es ihrem Mann nur helfen konnte, wenn sie die Wahrheit sagte, gab sie zu, Probandin bei einer der ganz frühen Niton-Studien gewesen zu sein, die an einer kleinen Gruppe Narkoleptiker in Leeds durchgeführt wurde. Sie hat damals einen Pfleger bestochen, um große Mengen des Medikaments herauszuschmuggeln, und Jeff anschließend überredet, es auch zu nehmen. Unser Mr Loomis war immer noch hellwach, als er sich ein Jahr später für die Studie des Verteidigungsministeriums angemeldet hat. Die Firma, die sie durchgeführt hat, hieß …« Der Arzt schnippte stirnrunzelnd mit den Fingern.
    »Draycott«, sagte Cynthia automatisch, während ihr die enorme Tragweite seiner Worte allmählich bewusst wurde. Ihr Puls begann zu rasen.
    »Ja, ganz recht. Als er wieder nach Hause kam, war 24/7 frei erhältlich, und er nahm es auch weiterhin ein. Wie dem auch sei – das Mittel scheint länger zu wirken, als die Leute glauben: mindestens einen Monat pro Kapsel. Die Dosis von einer Kapsel pro Woche ist nie an Nicht-Narkoleptiker angepasst worden.«
    Cynthia runzelte nachdenklich die Stirn. »Aber … warum zeigt seine Frau nicht dieselben Symptome?«
    »Wegen ihrer Narkolepsie. Diese Erkrankung scheint die Nebenwirkungen auszuschließen, die wir an ihrem Mann beobachten können. Jeff Loomis war der Erste mit einem normalen Schlafrhythmus, der Niton genommen hat. Er ist den Freizeitkonsumenten um ein gutes Jahr voraus.«
    Cynthia starrte Dr. Samji mit wachsendem Entsetzen an. »Das … erwartet sie also?«, flüsterte sie.
    Der Arzt nickte düster. »Wenn sie nicht aufhören, das Mittel zu nehmen, ja. Zunächst werden sie gereizt. Dann haben sie Halluzinationen. Zunächst nur hin und wieder. Aber irgendwann verlieren die REM-Blocker ihre Wirkung, und sie werden von Wachträumen heimgesucht. Den ganzen Tag, die ganze Nacht.«

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    Bürgerrechtsbewegung fordert
    »Schlafurlaub«
    von Marcus