Du sollst nicht sterben
entspannt zu erleben, Liebling«, sagte Cleo.
Es war Sonntagabend. Sie hatten den Nachmittag miteinander verbracht und an der Hochzeitsliste gearbeitet. Roy Grace hatte die Füße hochgelegt, in der Hand ein Glas Rotwein und schaute die Antiques Road Show, eine seiner Lieblingssendungen. Am meisten genoss er den Augenblick, in dem man den Leuten verkündete, welchen Wert ihre Erbstücke besaßen. Der erstaunte Blick, wenn eine alte Schale, die sie als Hundenapf benutzt hatten, Tausende Pfund wert war. Die Bestürzung, wenn ein wunderbares Gemälde, das sich seit Generationen im Besitz der Familie befand, als wertlose Fälschung entlarvt wurde.
»Ja!« Er lächelte und wünschte, er könnte sich tatsächlich entspannen. Doch das war nicht möglich. Der Zweifel nagte noch immer an ihm, obwohl sie Garry Starling eingesperrt hatten. Auch der Selbstmord von Starlings Frau schlug noch Wellen. Er hatte das Band aus dem Gefängnis angehört, auf dem sie davon sprach, nach Hause zu fahren und sich das Leben zu nehmen. Es hatte wie eine leere Drohung geklungen. Doch dann hatte sie es tatsächlich getan. Ohne Abschiedsbrief.
Cleo hob Humphrey sanft von seinem Schoß, worauf sich der Hund neben ihm auf dem Sofa zusammenrollte. »Ich meine, so entspannt, wie du überhaupt sein kannst.«
Er zuckte mit den Schultern und nickte. »Einen Teil seiner Strafe hat Starling schon bekommen. Er wird auf dem Auge blind bleiben.«
»Na und? Schade, dass ihn die junge Frau nicht kastriert hat. Alle seine Opfer haben einen Schaden davongetragen, und eine Frau ist sogar tot.«
»Ich wünschte nur, wir würden alle Opfer kennen. Irgendwie glaube ich, hat er uns nicht alles gesagt. Er ist einer der übelsten Freaks, denen ich je begegnet bin. Seine Computer zu Hause und im Büro sind voll mit krankhaftem Scheiß. Lauter Internetseiten für Fuß- und Schuhfetischisten, viele davon sadistischer Natur. Und er hat in seinem Bürokühlschrank eine ganze Cocktailbar mit Schlaf- und Betäubungsmitteln.«
»Wird er sich schuldig bekennen und seinen Opfern die Aussage vor Gericht ersparen?«
»Ich weiß es nicht. Kommt auf seinen Anwalt an, wieder mal der gute alte Ken Acott. Wir haben Tonnen von Beweismitteln gegen ihn in der Hand. Die Garage wurde auf seinen Namen gemietet. Wir haben in einem Safe in seinem Büro die fehlenden Seiten aus den Fallakten von 1997 gefunden. Auf seinem iPhone gibt es Links zu den Facebook- und Twitterseiten seiner letzten Opfer. DNA-Proben von Rachael Ryans Leiche.« Er trank einen Schluck Wein.
»Aber wir müssen auf das psychiatrische Gutachten warten, bevor wir wissen, ob er verhandlungsfähig ist. Toll! Garry Starling ist in der Lage, eine der größten Firmen der Stadt zu leiten, Vizepräsident des Golfclubs und Schatzmeister bei den Rotariern zu sein – aber er ist unter Umständen nicht verhandlungsfähig! Unser Rechtssystem ist wirklich beschissen.«
Cleo lächelte mitfühlend. Sie konnte seinen Frust verstehen. »Jessie Sheldon sollte einen Orden bekommen. Wie geht es ihr eigentlich? Hat sie es einigermaßen überstanden?«
»Erstaunlich gut. Ich habe sie heute Nachmittag zu Hause besucht. Sie musste am Knöchel operiert werden, wird sich aber hoffentlich mit der Zeit erholen. Sie war eigentlich sogar guter Laune. Sie freut sich auf ihre Hochzeit in diesem Sommer.«
»Sie ist verlobt?«
»Sieht ganz so aus. Sie sagte, ihre Entschlossenheit zu heiraten habe ihr geholfen, nicht aufzugeben.«
»Also hat sie kein schlechtes Gewissen wegen seiner Verletzung.«
»Ich glaube nicht. Nur habe ich das Gefühl, dass wir den Fall nicht gänzlich abgeschlossen haben.«
»Wegen der anderen Schuhe?«
»Die bereiten mir nicht so viel Kopfzerbrechen. Das können wir vielleicht aufklären, wenn er endlich redet.« Er warf einen Blick auf den Fernseher.
»Macht dir die Geschichte in der Geisterbahn Sorgen? Wie hieß die Frau doch gleich?«
»Mandy Thorpe. Ja, darum geht es. Ich glaube nach wie vor nicht, dass sie vom Schuh-Dieb vergewaltigt wurde. Obwohl er es behauptet. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich der Kriminalpsychologe irrt.«
»Mit anderen Worten, dieser Täter ist noch auf freiem Fuß.«
»Genau das ist das Problem. Falls Proudfoot sich irrt, ist er noch frei. Und könnte wieder zuschlagen.«
»Wenn er da draußen ist, wirst du ihn fassen. Eines Tages.«
»Ich will ihn aber fassen, bevor er wieder zuschlägt.«
Cleo verzog spielerisch den Mund. »Du bist mein Held, Detective Superintendent
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