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Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition)

Titel: Du sollst nicht töten: Mein Traum vom Frieden (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Todenhöfer
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wieder tief gesenkt.
    Der General glaubt nicht, dass Mohammed hingerichtet wird. Er werde vermutlich eine sehr lange Gefängnisstrafe bekommen. Ich habe da Zweifel. Ich frage, ob ich Mohammeds Zelle sehen könne. Der General stutzt, dann nickt er. Er weiß, dass sein Präsident mir zu Al-Qaida irgendwelche Zusagen gemacht hat. Welche genau, ist ihm nicht bekannt. Also erträgt er unsere Neugier vorsichtshalber mit Geduld.
    Wir müssen nicht lange fahren. Das Gelände, auf dem das Gefängnis liegt, ist trostlos. Wir sehen unvollendete Rohbauten und überall bewaffnete Sicherheitsleute, die meisten in Zivil. Alles wirkt gespenstisch, gruselig. Wie in einem Horrorfilm. Inzwischen ist es auch dunkel geworden. Frédéric fühlt sich noch unwohler als zuvor.
    Wir gehen in eines der halb fertigen Gebäude. Zelle liegt an Zelle. Jede einen Meter breit und zwei Meter lang. Der General öffnet eines der winzigen schwarzen Schiebefenster. Durch die Luke sehen wir ein kahles, weiß getünchtes Verlies. Mohammed sitzt auf einer dünnen Decke. Neben ihm liegt sein T-Shirt. Es riecht durchdringend nach Schweiß. Heute Abend wird man ihm das schöne gebügelte Hemd wieder wegnehmen. Dann muss er wohl wieder ein T-Shirt tragen.
    Als Mohammed uns erkennt, bittet er, herauskommen zu dürfen. Er will uns noch einmal sagen, wie leid ihm alles tue. Dass er versuchen werde, ein völlig anderes Leben zu führen. Frédéric gibt ihm einen Kaugummi. Ein scheues Lächeln huscht über sein Gesicht. Dann muss er zurück in die Trostlosigkeit seiner Zelle.
    In der Nachbarzelle sitzt angeblich der »Emir von Damaskus«, ein etwa 25-jähriger Al-Qaida-Kämpfer. Auch seine Zwei-Quadratmeter-Zelle ist bis auf eine dünne Decke völlig leer. Der »Emir« trägt Jeans und ein weißes T-Shirt. Gereizt blickt er zu Boden. Er will nicht mit uns sprechen.
    Der General erzählt, dass Mohammed viel weine. Sein irakischer Emir sei bei einem Anschlag in Aleppo ums Leben gekommen. Ich frage ihn, ob er auch ausländische Gefangene habe. »Selbstverständlich«, sagt er. Es gebe gefangene Franzosen, Libyer, Tunesier usw. Ich will den Franzosen sehen.
    Eine halbe Stunde später sitzt er uns gegenüber. Auch er trägt ein ordentlich gebügeltes Hemd. Blauviolett ist es. Dschamal, so heißt er, ist 48 Jahre alt und stammt aus Marseille. Geboren ist er in Algerien. Doch er lebt seit Jahrzehnten im Süden Frankreichs und ist inzwischen ein richtiger Franzose. Dschamal sieht nicht aus wie ein Krieger, sondern eher wie ein Ostermarschierer oder ein Umweltaktivist. Mit seiner Glatze und seinem sorgfältig gestutzten grauen Bart wirkt er sehr gepflegt.
    Wir unterhalten uns auf Französisch, damit die Wächter nicht alles mitbekommen. In Frankreich hat Dschamal auf Al-Dschasira jeden Tag Berichte über den syrischen Aufstand gesehen. Und über das Leid der Menschen hier. Er habe beschlossen, »den Kindern Syriens« zu helfen. Kurzerhand habe er sich ins Flugzeug gesetzt und sei in die Türkei geflogen. Dort habe er drei Monate lang Schieß- und Ausdauertraining erhalten. Es sei mühsam gewesen. Er sei ja schon 48. Schließlich sei er mit zehn Kampfgenossen nach Syrien aufgebrochen. In langen Nachtmärschen.
    In Syrien wollten er und seine Kameraden gegen die Truppen Assads zu Felde ziehen. Doch sie hätten keine Truppen gefunden. Manchmal hätten sie auf Bäumen übernachtet. Das sei besonders anstrengend gewesen. Mit seiner Kalaschnikow habe er ein paar Mal nachts auf Steine geschossen. Um sicherzugehen, dass er nichts verlernt habe.
    Nach zehn Tagen sei er gefangen genommen worden. Seine Waffe habe er kampflos abgeben müssen. Jetzt sitze er seit über einem Monat im Gefängnis und warte auf seinen Prozess. Er wisse nicht, ob das, was er gemacht habe, gut oder böse sei. Er habe nur mithelfen wollen, das Blutvergießen in Syrien zu beenden.
    Die Behandlung im Gefängnis sei in Ordnung. Auch die sechs Mitgefangenen in seiner Zelle würden einigermaßen anständig behandelt. »Alhamdulillah! Gott sei Dank!« Wir bieten Dschamal an, seine Familie in Marseille anzurufen. Seine Frau und seine sechs Kinder haben angeblich keine Ahnung, wo er ist. Aufgeregt kritzelt er seine Telefonnummer auf einen kleinen Zettel. Doch unter der Nummer, die ich eine Woche später anrufen werde, meldet sich niemand.
    Spielt Dschamal uns etwas vor? Einen Abenteuerausflug nach Syrien im Stil der Bremer Stadtmusikanten, die auch nie angekommen sind? Dschamal weiß, dass er gute Chancen hat, nach

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