Du wirst die Schoenste sein
ich außerdem schnatternde und lachende Frauen. Sie hatten sich also Zeit gelassen mit Ernesto. Gut so. Mir fiel das lächerliche Bild wieder ein, das Ernesto geboten hatte. Und aus meinem leisen Schluchzen wurde ein zaghaftes Lachen, das schon bald immer lauter wurde.
Noch heute geht es mir so, wenn mich etwas nervt, wenn ich gelegentlich down bin oder auch nur lustlos oder schlecht gelaunt wegen irgendeiner Lappalie, ich fange an zu lachen – was vor allem mit einem bestimmten faltigen Hintern zu tun hat, in einer Nacht im Süden.
Meiner ist zum Glück noch knackig.
Übrigens bin ich mit dem Foto damals doch nicht zur Polizei gegangen. Zwar verzichtete ich damit auf eine mögliche Bestrafung meiner Peiniger, aber ich wollte meine restliche Zeit auf der Insel nicht mit dem Aufrollen der Geschehnisse jener Nacht vor Justizbeamten belasten. Und mich vor allem nicht Ernestos Lügen vor Gericht aussetzen. Mit Sicherheit würde ich heute anders vorgehen – ich bin keine zwanzig mehr.
Auch meinen Plan Sport zu studieren gab ich auf. Ich wollte mehr, viel mehr aus meinem Leben machen als fetten Kindern Bewegung zu verschaffen. Ich entschied mich deshalb für ein Wirtschaftsstudium, hängte noch einen Psychologie-Abschluss dran und arbeite heute erfolgreich als Coach. Als Freelancerin mit einigen größeren Unternehmen im Rücken.
Und ehrlich gesagt liebe ich an meinem Job diese gewisse Machtposition beim Aufspüren von Schwachstellen hochdotierter Führungskräfte und zwar mit aller Härte bis zum demütigen Eingeständnis ihrer Schwächen. Um anschließend dann ein Nichts, aber auch absolut Garnichts, zum strahlenden Stern in der Firmenhierarchie aufzubauen. Gut, okay, auch ich bin damit zum Marionettenspieler geworden. Was wieder einmal bestätigt, dass selbst schlimmste Erlebnisse eine Chance bieten können, sie positiv zu nützen. Vielleicht sollte ich meinem Schicksal dankbar sein für die Begegnung mit Ernesto und seinem Spiel.
ENDE
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