Du wirst die Schoenste sein
danach entnahm ich, dass übersetzt wurde.
„Moment!“ Ernesto drängelte sich durch den Kreis, der mich umschloss. „Keiner geht ins Haus. Und keiner schaut was an. Alles eine unverschämte, freche Lüge.“
Ich hatte mit Ernestos Protest gerechnet und so knöpfte ich mein Kleid auf und schob mir den Stoff ein Stück weit über die Schulter.
„Und das ... auch gelogen?“ Selbst bei der Beleuchtung waren die Reste der Blutergüsse noch zu erkennen.
„Kinder, macht bloß nicht so ein Theater mit diesem Unschuldsengel, mit diesem Fräulein Rühr mich nicht an.“ Das kam von der Dicken. Ich drehte mich zu ihr um und sah, wie sie sich gerade mühsam von der Poolliege hocharbeitete. Was hätte ich darauf sagen können? Aber auch die Frauen schwiegen und weil irgendjemand die Musikanlage abgeschaltet hatte, setzte plötzlich Stille ein. Eine, wie ich fand, beängstigende Stille. Und dazu Ernestos Nähe. Ich erwartete einen Wutausbruch für meinen Boykott seiner Inszenierung, seiner mit Sicherheit sorgfältig vorbereiteten Show, stattdessen blickte er mich geradezu liebevoll an und seine Stimme klang sanft.
„Und ich wollte dir eine besondere Freude machen heute Nacht ...“ Als er eine Hand hob, wich ich zurück, wobei ich auf eine hinter mir stehende Frau prallte, aber Ernesto strich mir leicht über die Wange anstatt zuzuschlagen.
„ ... wollte dir eine besondere Nacht schenken. Allein unter Frauen ... eine intime Nacht ... in einer Frauenwelt, zu der Männer normalerweise keinen Zutritt haben. Vergiss mich, ich bin eigentlich gar nicht da.“
„Gegen cash hat jeder ... jeder Mann Zutritt zu meiner Muschi.“ Kam es gelallt von irgendwo her. Gejohle und übertrieben lautes Gelächter kam auf. Ernesto atmete sichtbar, seine Party erschien ihm vermutlich gerettet.
„Ernesto, hast du nicht was vergessen?“ Ich ahmte Ernestos sanfte Sprechweise nach.
„Ja?“ Ich sah Hoffnung in seinen Augen aufglimmen. Ich schnappte mir jedoch das Foto, das eine der Frauen geradezu fasziniert studierte, und hielt es Ernesto vor die Nase.
„Willst du mir nicht wieder mal weismachen, deine beiden Kerle hätten sich nicht an die Abmachung gehalten?“
„Andrea“, geradezu generös legte er mir eine Hand auf die Schulter. Mit eiskaltem Blick sah ich ihn an, ein weiterer Versuch, Ernesto nachzuahmen und tatsächlich zog er seine Hand zurück.
„Und wann läuft endlich die Intimrasur?“
Die Frau, die jetzt den Rasierapparat in ihrer Hand in die Höhe hielt, stand direkt neben mir. Mein Finger fuhr hoch und zeigte auf Ernesto. „Nimm den da!“ Und dann schrie es geradezu aus mir heraus: „Ladys night! Schnappt euch den Kerl!“ Zustimmendes, ja begeistertes Kreischen und gleichzeitig Schubsen und Stoßen. Weiter hinten Stehende drängten nach vorne, während ich mich in der Gegenrichtung an Hintern, Bäuche, Busen vorbei drückte, um dem Getümmel zu entkommen.
Sicherlich wehrte Ernesto sich gegenüber den Frauen, anfangs hörte sich seine Stimme noch geradezu amüsiert an, als ob er an einen Scherz glaubte, sie wurde aber rasch kläglicher und schließlich folgten Schimpfwörter und der Ruf nach Miguel.
Plötzlich setzten die Frauen sich jedoch in Bewegung und als ich mich umdrehte, bot sich mir kurz ein freier Blick auf Ernesto in seiner jämmerlichen nackten Pracht, auf seine dürren Schenkel, seinen faltigen Hintern. Fünf bis sechs starke Frauenarme zerrten ihn auf eine Liege. Ein dicker Frauenhintern landete auf seinem Gesicht, erstickte damit seine Schreie. Auf dem Boden zurück geblieben waren zertrampelte weiße Leinenhosen und ein lächerlicher String-Tanga in hellblau.
Die Musik lief jetzt wieder, trotzdem war der Tumult drüben bei Ernestos Liege nicht zu überhören. Jemand rief: „Schneid ihm die Eier ab!“, was sofort mehrstimmig übernommen wurde: „Schneid sie ab! Schneid sie ab!“
Was aber tatsächlich mit Ernesto passierte, wusste ich nicht. Ich hätte es auch nicht sehen können – wollte es auch nicht – wegen der rund um die Liege versammelten Frauen. Aber ihm gelang erneut ein Schrei nach Miguel und diesmal mit der Aufforderung, die Polizei zu benachrichtigen. Mein Blick ging hinüber zur Terrassentür und wie vermutet stand Miguel dort und ... rührte sich nicht vom Fleck. Vermutlich hatte er dafür so seine Gründe.
Aus meiner Kehle löste sich ein Ton purer Verachtung für den cleveren, erfolgreichen Geschäftsmann Ernesto.
Plötzlich ein Schmerzensschrei von Ernesto, geradezu
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