Du wirst die Schoenste sein
Schönste sein. Versprochen.“
René zog verschiedene Schubladen auf, wühlte darin herum und legte mir dann einen Frisierumhang über die Schultern.
„Entspann dich. Schließ die Augen!“
Wie konnte ich. Misstrauisch beobachtete ich, was René auf meinem Kopf anstellte. Er knetete an meinen Haaren herum, türmte sie auf dem Kopf zusammen und prüfte die Wirkung im Spiegel, machte sich dann mit einem Lockenstab ans Werk.
Eine Strähne nach der anderen. Eine schier ewig dauernde Prozedur, wobei uns immerhin ein Kellner Getränke servierte. Champagner vermutlich. Ich versuchte die Gelegenheit zu nützen, von René Näheres über Ernesto zu erfahren. No chance! René redete lieber über sich selbst. Er warf mit Promi-Namen um sich, allesamt seine Kunden angeblich und erzählte dann ausführlich warum er auf die Insel gekommen war. Ein heißer Urlaubsflirt mit tragischem Ende.
Hartnäckig brachte ich Ernesto immer wieder ins Spiel, erfuhr aber gerade mal, dass er René nicht regelmäßig buchte. René lud mich ein, mal in seinen Salon in Palma reinzuschauen.
Ich schwenkte um, erkundigte mich nach Ernestos beruflichen Aktivitäten, aber René zuckte nur mit den Schultern. Geklatscht werde zwar viel auf der Insel, aber ... jede mache sein eigenes Ding. Bekannt geworden in der Community sei Ernesto durch sein Sponsoring kultureller Veranstaltungen. Heute Abend zum Beispiel habe eine Charity-Versteigerung diverser Kunstobjekte stattgefunden – die ich leider verpasst hätte – deren Erlös an eine Kinderhilfswerk gehe.
Mit allmählich wachsender Begeisterung hatte ich die Entstehung eines üppigen Lockengeriesels auf meinem Kopf verfolgt. Keine Frage, René war super als Hair- Stylist. Nur hatte ich mich zu früh bewundert, René steckte meine Locken zu einer Hochfrisur auf dem Kopf fest.
Mit „ Voilà“, rollte er dann meinen Sessel zurück. „Und jetzt das Kleid.“ Mit großer Geste präsentierte er das lange weiße Kleid.
Ich blickte weiterhin in den Spiegel. Unschlüssig, ja enttäuscht. Was ich da auf dem Kopf hatte war absolut gewöhnungsbedürftig. Ja schlimmer noch, die Frau mit dem Lockenbausch auf dem Kopf war mir absolut fremd. Bis ich dahinter kam, dass das eventuell sogar günstig sein konnte für mich. Alles was heute Nacht eventuell passierte, passierte dann eben nicht mir sondern der Fremden, die ich im Spiegel sah.
Sicherlich war genau das auch der Grund, weshalb ich Renés Rat befolgte, ohne Slip und BH in das weiße Kleid zu schlüpfen. Ohnehin saß das Kleid derart schlauchartig eng an meinem Körper, dass sich jede Art Unterwäsche unschön abgezeichnet hätte.
Offenbar war ich aber noch immer nicht ausreichend präpariert für Ernestos Party. Den krönenden Abschluss bildete ein professionelles Make-up mit blutrotem Mund und rauchgrau betonten Augen, wie sie damals Mode waren. Ob ich tatsächlich die Schönste sein würde, stand noch nicht fest. Aber Renés Make-up war einfach sensationell, was René wohl ebenfalls fand, denn geradezu strahlend besah er sein Werk und zwinkerte mir dann zu. „Und jetzt geh und amüsier dich.“ Noch zwei gehauchte Wangenküsse, dann schob er mich zur Tür, murmelte dabei aber: „Halt ein bisschen Abstand zum Pool, okay?“ Was ich nach einem solchen Verschönerungsmarathon ziemlich überflüssig fand.
Hinter der Badezimmertür lag ein kurzes Stück Flur, das zur Terrasse und zum Garten hinaus führte. Und zur Location der Party. Die Menge dort draußen überraschte mich. In kleinen und größeren Gruppen wurde geredet, gelacht, getrunken. Sämtliche Frauen waren in langen Abendgewändern.
Obwohl ich durch meinen Klamottenwechsel dem Dress-Code der Party jetzt hundertprozentig entsprach, spürte ich aufsteigende Nervosität. Das extrem schmal geschnittene Kleid behinderte mich beim Gehen, wie mit einer Fußfessel konnte ich nur lächerliche Trippelschritte machen.
Einige Treppenstufen am Ende der Terrasse waren ein weiteres Hindernis. Außerdem hatten einige Gäste mich jetzt entdeckt. Ich knipste mein berufsmäßiges Lächeln an und raffte diese Wurstpelle von schmalem langen Rock etwas hoch, wodurch mir ein einigermaßen müheloser Abstieg gelang und ich flanierte danach an einigen Gruppen und Grüppchen vorbei. Einmal strauchelte ich auf dem gekiesten Weg ein wenig auf meinen ziemlich ungewohnten Highheels, den einzigen, die ich besaß. Nickte grüßend irgendwelchen Leuten zu, die zurücknickten und erspähte dann auch den Pool, der in
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