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Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition)

Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Du wirst sein nächstes Opfer sein: Thriller (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donn Cortez
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hatte immer geahnt, dass es irgendwann dazu kommen würde. Dass der Zeitpunkt kommen würde, an dem sich Absicht und blindes Glück kreuzen würden.
    Er schloss die Augen und machte sich auf das gefasst, was jetzt kommen würde. Er schob die zerfledderten Reste seiner einstigen Persönlichkeit vollends beiseite. Dann war er nicht mehr Jack.
    Er war der Closer.
    Unaufgefordert tauchte vor seinem inneren Auge ein Bild auf, ein leuchtend verpacktes Weihnachtsgeschenk. Der Patron hatte es aus seiner Wohnung mitgenommen, nachdem er seine Familie abgeschlachtet hatte. Jahre später hatte er es Jack geschickt. Ursprünglich hatte es einen Spielzeuglaster für seinen Sohn enthalten.
    Als der Patron es ihm zusandte, war etwas anderes von seinem Sohn drin.
    Jack konnte nicht daran denken. Er wusste, was in der Schachtel war, aber er konnte sie nicht öffnen – nicht einmal in Gedanken. Was er im Zimmer seines Sohnes gefunden hatte, hatte ihn fast umgebracht, aber irgendwie war der Inhalt der Schachtel noch schlimmer.
    Aber das war in Ordnung so. Er musste die Schachtel nicht aufmachen. Stattdessen tat er etwas hinein: seinen Zorn und die kalte Wut, die seine zweite Persönlichkeit definierten. Die Schachtel würde sie umfassen, sie bündeln. Sie gab ihnen einen Platz, wo sie sein durften und wo sie ihn nicht verzehrten. Die Schachtel war kein Geschenk mehr für seinen Sohn, sondern für alle, die der Closer jagte. Ein Geschenk, das aus Jacks Vergangenheit bestand und seinen Opfern jede Zukunft raubte.
    Anfänglich war es anders gewesen. Er hatte erst lernen müssen, seine Wut in geordnete Bahnen zu lenken. Er hatte diese schwarze Flut, dieses schmerzhafte Verlangen, etwas auszulöschen, umformen müssen. Nun hatte er sie umgeformt. Aus seiner kreativen Ader hatte er die Besessenheit nach Antworten gemacht, ein emotionales Gefüge, das er mit derselben Sorgfalt geschaffen hatte, mit der er früher Kunst gemacht hatte. Ihm war bewusst, dass es Leute gab, die das, was er jetzt tat, als eine Art Aktionskunst betrachten würden. Ein lang andauerndes, ausgeklügeltes Kunstwerk, das Schmerz in einen anderen Zustand transzendierte.
    Zeit, dass der Vorhang gelüftet wird, dachte er. Diese Vorstellung würde anders aussehen als alle, die er zuvor gegeben hatte – doch sie war dennoch Teil des Aktionskunstwerks.
    Das redete er sich auch noch ein, als er aus dem Auto stieg. Damit baute er die emotionale Distanz zwischen sich und dem, was er tun musste, auf.
    Denn das war es nun einmal, was der Closer tat.

    Durch eine der Kameras, die Tanner über der Eingangstür installiert hatte, sah Remote, wie Jack das Haus betrat. Alles war bereit.
    »Wir sind hier, Jack«, sagte Remote.
    Jack ging in das Wohnzimmer. Bis auf zwei Tische war es leer: Auf dem größeren lag Nikki in Unterwäsche. Man hatte sie mit ausgestreckten Gliedern festgebunden und geknebelt.
    Auf dem kleineren standen ein Laptop, eine Webcam und ein kleiner Kunstlederkoffer. Der Koffer lag auf der Seite und war geschlossen. Dagegen war der Laptop aufgeklappt, und der Bildschirm zeigte ein Live-Bild von Remote.
    Jack hatte sich Jeans, Sneaker, ein schwarzes T-Shirt und ein verschlissenes Lederjackett angezogen. In der Hand hielt er einen Aktenkoffer. Er sah so unbeeindruckend aus wie ein x-beliebiger Statist in der Massenszene einer Fernsehserie.
    Außer ihrer Unterwäsche trug Nikki noch etwas anderes: ein Ledergeschirr, an dessen Gurten an mehreren Punkten schlanke, ovalförmige Behälter festgemacht waren. Einer auf dem Bauch, jeweils einer unterhalb jeder Brust. Auch wenn Jack ihn nicht sehen konnte, so wusste er doch, dass auf dem Rücken noch einer angebracht war.
    »Ich dachte, wir sollten das von Angesicht zu Angesicht regeln«, sagte Remote. Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und nahm einen tiefen Schluck von dem Brombeersmoothie, das er sich gerade gönnte. Er hatte das Getränk aus dem tauenden Gefrierfach des umgelegten Kühlschranks gerettet, nachdem er festgestellt hatte, dass Goliaths Leichnam nicht mit einer Sprengfalle versehen war. Mit Hilfe eines Spiegels mit langem Stiel und nach sorgfältiger Untersuchung war ihm klargeworden, dass Jack in mehr als nur einer Hinsicht geblufft hatte. Der Biker war überhaupt nicht mit Sprengstoff aufgetakelt. Nichts weiter als ein Vorhängeschloss und eine mit Knetmasse ausgestopfte Gürteltasche.
    »Ich bin hier«, sagte Jack. Er starrte seine Partnerin an, ging aber nicht auf sie zu.
    »Stell bitte den Aktenkoffer

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