Dublin Street - Gefaehrliche Sehnsucht
ziemlich schmal, öffnete sich aber am Ende zu einem Halbkreis, in dem ein Esstisch und Stühle standen. Die Küche selbst war so kostspielig eingerichtet wie alles andere in diesem Apartment. Alle Elektrogeräte entsprachen dem neuesten Stand der Technik, und in der Mitte der dunklen Holzschränke prangte ein großer, hochmoderner Herd.
»Sehr großzügig«, wiederholte ich.
Ellie quittierte die Bemerkung mit einem Schnauben. »Braden ist zu großzügig. Ich brauche das ganze Zeug gar nicht, aber er hat darauf bestanden. So ist er eben. Nimm zum Beispiel seine Freundin – sie bekommt von ihm alles, was sie will. Ich warte nur darauf, dass er endlich genug von ihr hat wie von allen anderen davor, denn sie ist eine der schlimmsten, mit denen er je zusammen war. Ein Blinder sieht, dass sie mehr an seinem Geld als an ihm interessiert ist. Sogar ihm selbst ist das klar. Aber er sagt, er ist mit dem Arrangement zufrieden. Arrangement? Wer redet denn so?«
Wer redet so viel?
Ich unterdrückte ein Lächeln, als sie mir das Hauptschlafzimmer zeigte. Es war so unordentlich wie Ellie selbst. Sie ließ sich noch eine Weile über die offensichtlich oberflächliche Freundin ihres Bruders aus, und ich fragte mich insgeheim, was dieser Braden wohl sagen würde, wenn er wüsste, dass seine Schwester sein Privatleben vor einer völlig Fremden ausbreitete.
»Und das hier könnte dein Zimmer werden.«
Wir standen auf der Schwelle eines Raumes im hinteren Teil des Apartments. Hohe Decke, ein großes Erkerfenster mit Sitznische und bodenlangen Jacquardvorhängen, ein prachtvolles französisches Rokokobett, ein Sekretär aus Walnussholz nebst Ledersessel. Hier würde ich schreiben können.
Ich hatte mich verliebt.
»Es ist wunderschön.«
Ich wollte hier wohnen. Zum Teufel mit den Kosten. Zum Teufel mit einer geschwätzigen Mitbewohnerin. Ich hatte mir lange genug nur das Nötigste gegönnt. Ich war allein in einem Land, das ich zu meiner neuen Heimat erkoren hatte. Ich verdiente ein bisschen Komfort.
Und an Ellie würde ich mich gewöhnen. Sie redete viel, war aber freundlich und umgänglich, und sie hatte etwas an sich, das sie mir sofort sympathisch machte.
»Wie wäre es, wenn wir einen Tee trinken und dabei sehen, ob wir miteinander klarkommen?« Ellie strahlte wieder.
Sekunden später saß ich allein im Wohnzimmer, während Ellie in der Küche Tee machte. Mir ging plötzlich auf, dass es nicht darauf ankam, ob ich Ellie mochte. Sie musste mich mögen, wenn sie mir das Zimmer anbieten sollte. Leise Sorge begann an mir zu nagen. Ich war ein ziemlich verschlossener Mensch, Ellie dagegen ein umso offenerer. Vielleicht würde sie mich nicht verstehen.
»Es ist schwierig«, verkündete Ellie, als sie wieder in den Raum kam. Sie trug ein Tablett mit Tee und ein paar Snacks. »Eine Mitbewohnerin zu finden, meine ich. Nur sehr wenige Leute in unserem Alter können sich so eine Wohnung leisten.«
Ich hatte eine Menge Geld geerbt . »Meine Familie ist ziemlich wohlhabend.«
»Oh?« Sie schob mir einen Becher mit heißem Tee und einen Schokoladenmuffin hin.
Ich räusperte mich und schloss meine zitternden Finger um den Becher. Mir war der kalte Schweiß ausgebrochen, und das Blut rauschte mir in den Ohren. So reagierte ich immer, wenn ich kurz davor stand, jemandem die Wahrheit erzählen zu müssen. Meine Eltern und meine kleine Schwester sind bei einem Autounfall umgekommen, als ich vierzehn war. Außer ihnen hatte ich nur noch einen Onkel, der in Australien lebt. Er wollte mich nicht aufnehmen, also kam ich zu Pflegeeltern. Meine Eltern hatten einen Haufen Geld. Der Großvater meines Dads war ein Ölmulti aus Louisiana, und mein Vater ist mit seinem eigenen Erbe sehr vorsichtig umgegangen. Alles ging an mich, als ich achtzehn wurde. Mein Herzschlag beruhigte sich, und das Zittern ließ nach, als ich mir sagte, dass Ellie meine traurige Geschichte nicht unbedingt erfahren musste. »Meine Familie stammt von Dads Seite her ursprünglich aus Louisiana. Mein Urgroßvater hat sein Geld mit Öl verdient.«
»Das ist ja interessant.« Es klang aufrichtig. »Ist deine Familie aus Louisiana weggezogen?«
»Nach Virginia«, nickte ich. »Aber meine Mum wurde in Schottland geboren.«
»Dann bist du Halbschottin. Cool.« Sie bedachte mich mit einem verschwörerischen Lächeln. »Ich bin auch nur Halbschottin. Meine Mum ist Französin. Ihre Familie zog nach St. Andrews, als sie fünf war. Schockierenderweise spreche ich noch nicht
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