Duddits - Dreamcatcher
beschwor sich in Gedanken, sich nicht wie ein Trottel aufzuführen, denn es war ihm ja nicht jemand auf einer Cocktailparty dumm gekommen.
Sobald das erledigt war, nickte Underhill freundlich, als wären sie hier durchaus auf einer Cocktailparty und stünden nicht mitten in einem tosenden Schneesturm im Licht der neu aufgebauten Scheinwerfer.
»Sie wissen meinen Namen, weil die Außerirdischen hier in Jefferson Tract eine leichte Form von Telepathie verbreitet haben.« Underhill lächelte. »Es klingt verrückt, wenn man das so sagt, nicht wahr? Aber es stimmt. Dieser Effekt ist nur vorübergehend und harmlos und zu schwach, um für irgendwas außer Partyspielchen nützlich zu sein, und für Partyspielchen haben wir heute Abend ein bisschen zu viel zu tun.«
Henrys Zunge löste sich zum Glück endlich. »Sie sind nicht in einem Schneesturm hier herausgekommen, weil ich Ihren Namen weiß«, sagte Henry. »Sie sind hergekommen, weil ich auch weiß, wie Ihre Frau heißt. Und Ihre Tochter.«
Underhills Lächeln schwand nicht. »Kann schon sein«, sagte er. »Aber ich glaube, es wird für uns beide Zeit, sich mal hinzulegen und etwas auszuruhen. Es war ein langer Tag.«
Underhill ging los, aber sein Weg führte ihn am Zaun entlang zu den weiter hinten abgestellten Trailern und Wohnwagen. Henry hielt Schritt mit ihm, musste sich dabei aber anstrengen; es lagen hier jetzt gut dreißig Zentimeter Schnee, der immer wieder aufgewirbelt wurde, und hier auf der Seite der Toten hatte ihn noch niemand platt getrampelt.
»Mr. Underhill. Owen. Warten Sie, und hören Sie mir zu. Ich habe Ihnen etwas Wichtiges zu sagen.«
Underhill ging weiter auf seiner Seite des Zauns entlang (die ebenfalls eine Seite der Toten war, wusste Underhill das denn nicht?), den Kopf vor dem Wind geduckt und immer noch ein halbwegs freundliches Lächeln auf den Lippen. Und das Schreckliche dabei war, auch das war Henry bewusst: Underhill wollte durchaus stehen bleiben. Henry hatte ihm bloß noch keinen hinreichenden Anlass dazu gegeben.
»Kurtz ist zwar verrückt«, sagte Henry. Er hielt immer noch Schritt, schnaufte aber schon, und seine erschöpften Beine protestierten. »Aber er ist verrückt wie ein Fuchs.«
Underhill ging weiter, den Kopf gesenkt und die Andeutung eines Lächelns unter der idiotischen Maske. Er beschleunigte sogar noch seinen Schritt. Bald würde Henry laufen müssen, um auf seiner Seite des Zauns mit ihm mitzuhalten. Wenn er denn überhaupt noch laufen konnte.
»Ihr werdet die Maschinengewehre auf uns richten«, keuchte Henry. »Die Leichen kommen in den Stall … der Stall wird mit Benzin übergossen … wahrscheinlich aus der Zapfsäule des alten Gosselin, wozu Staatsbesitz vergeuden … und dann – Pluuff! – werden alle verbrannt … zweihundert … vierhundert … Das wird stinken wie beim Spanferkelgrillen in der Hölle …«
Underhills Lächeln war verschwunden, und er ging jetzt noch schneller. Henry brachte irgendwie die Kraft auf zu joggen, schnappte dabei nach Luft und kämpfte sich durch kniehohe Schneewehen. Der Wind fühlte sich auf seinem pochenden Gesicht scharf wie eine Messerklinge an.
»Aber, Owen … So heißen Sie doch, nicht wahr? … Owen? … Erinnern Sie sich an diesen alten Kindervers … der so geht: ›Große Flöhe … haben kleine Flöhe … die sie beißen … und so weiter und so weiter … und endlos so weiter?‹ … So ist das hier mit Ihnen auch … denn Kurtz hat seinen eigenen Kader … Der Mann unter ihm, ich glaube, er heißt Johnson …«
Underhill warf ihm einen knappen gereizten Blick zu und ging schneller denn je. Irgendwie gelang es Henry mitzuhalten, aber lange würde er das nicht mehr durchstehen. Er hatte Seitenstechen, das immer schlimmer wurde. »Das sollte eigentlich … Ihre Aufgabe sein … der zweite Teil der Säuberung … Imperial Valley, das ist der … Deckname … sagt Ihnen das irgendwas?«
Henry sah, dass es Underhill nichts sagte. Kurtz hatte Underhill anscheinend nie von dieser Mission erzählt, bei der ein Großteil der Blue Group ausgelöscht würde. Imperial Valley sagte Owen Underhill überhaupt nichts, und jetzt hatte Henry, zusätzlich zu dem Seitenstechen, auch noch ein Gefühl, als würde sich eine Eisenmanschette um seine Brust schließen und sie zerquetschen.
»Halt … Mensch, Underhill … Verstehen Sie denn nicht …?«
Underhill ging einfach weiter. Er wollte sich seine wenigen letzten Illusionen nicht rauben lassen. Wer wollte ihm das
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