Dürre Beweise
Glühwein in ihr zu einem völlig falschen, überhöhten Bild geformt, auf dem sie jetzt saß.
Ich dachte: Das wird ein schöner Kater werden, ein böses Erwachen.
Es war daher wichtig, dass einer sachlich blieb, also stellte ich mich zu ihnen und sagte: „Hier ist der Baum!“
Aber das interessierte niemanden.
Wie die Biene ihn dazu gebracht hatte, sich auf seiner Couch aufzurichten und nun mit dem schmalen Arsch auf der Stahlfeder zu sitzen, während sie auf ihm draufsaß und ihn ritt wie Winnetou seinen Iltschi? Ich wusste es nicht genau, aber sie hatte durchaus ein paar gute Argumente, und zwei davon hingen Lemmy nun mitten ins Gesicht. Er hatte eine kindliche Freude daran und saugte und nuckelte, als hätte er es nie verlernt, aber weil natürlich nichts dabei herauskam, saugte er umso kräftiger, was der Biene zu gefallen schien, und sie ritt ihn umso kräftiger und wilder, je kräftiger und wilder er saugte, und dann – „Je t’aime, mon amour!“ – krachte es, und die ganze verdammte Couch war endlich im Eimer.
Die beiden lagen dann auf dem verdreckten Boden herum wie zwei Insekten, die zunächst nicht recht wussten, wie sie sich wieder in Position bringen sollten, ein altes Problem mit den Insekten.
Aber jetzt, wo es drauf ankam, zeigte Lemmy Qualitäten, die ich an ihm nicht kannte, und eine Kraft, mit der er den Himmel hätte tragen können.
Er drehte die Biene einfach auf den Rücken und fing an, sie zu rammeln wie ein Karnickel, und wenn vorhin sie es gewesen war, die das Tempo bestimmt hatte, dann machte das jetzt er, und er schrie begeistert: „Rock, es funktioniert!“
Damit hatte nun wirklich keiner rechnen können.
Was die beiden dann weiter miteinander anstellten, das wussten nur noch die Mäuse, die zwischen seinen Platten hervorlugten, dabei eine Pause beim Essen einlegten, und den beiden beim Nahkampf zuschauten. Ich hörte ihn nur noch „Lass mich nur machen, Baby!“ sagen, und sie schrie irgendwas mit „Hengst!“, und dann war ich bei der Tür draußen, wo mir die Flocken gegen die Ohren schlugen, als Einziger stand ich alleine draußen in der kalten Nacht.
Ich überlegte kurz, ob ich hinüber zu dem Bio-Supermarkt gehen sollte, wo ich mich im Windfang zu den drei Asylanten dazu hätte stellen können, aber was, wenn die auch keine Lust hatten, mich zu sehen?
Also ging ich hinauf in meine Bude, kroch unter die Decke, und dann hörte ich von unten herauf noch die ganze Nacht Schreie und Seufzer der Liebe, und irgendwann in dieser Nacht musste Lemmy wohl Kind Nummer 801 gezeugt haben, ich dachte: So ist das Leben, ein Fest!
***
Am 24. bewegte ich meinen Arsch über den Markt und kaufte bei den Waldviertlerinnen noch ein letztes Geschenk, dann setzte ich mich in den Datsun hinein und fuhr den Gürtel hinauf Richtung Norden, den Schlüssel für meine Nacktbar hatte ich in der Tasche meiner Jogginghose, er fühlte sich gut an. Und meine Nacktbar war der Ort, an dem ich diesen schlimmsten aller Tage des Jahres verbringen wollte.
Vor dem Tabledance parkte mich ich ein.
Mit Ku hatte ich keinen Kontakt mehr gehabt. Entweder war er endgültig durchgedreht, oder er war in die Donau gesprungen, oder er hatte sich vielleicht doch noch irgendwie aus dem Schlamassel gezogen und einen Therapeuten aufgesucht, mit dem er reden konnte.
Ich wusste es nicht.
Ich stand davor und kramte den Schlüssel heraus, da kam mir der von der Post entgegen, ich nahm den Packen Rechnungen und Reklame entgegen und sagte zu ihm: „Eigentümerwechsel. In Zukunft bitte alles an Herrn Rock Rockenschaub, c/o Rockin’ Rocks Dirty Tabledance.“
Wobei der Kerl natürlich nicht wusste, warum ich ihm das sagte, denn er würde mir sicherlich nie eine Karte oder so was schicken. Aber mir war halt gerade eingefallen, wie der Laden in Zukunft heißen sollte, ein paar von den richtigen Buchstaben hingen ja bereits im Schaukasten oberhalb des Eingangs, man musste dann nur noch ein bisschen umstellen, und schon hätte das alles ein Gesicht und den richtigen, verführerischen und einladenden Namen:
R OCKIN’ R OCKS D IRTY T ABLEDANCE
Ich machte mir nämlich nichts aus Texas, und noch weniger machte ich mir aus Ronnie, also weg damit. Und falls Ku etwas dagegen haben sollte und mich weiterhin mit seinem Sigmund Freud quälen wollte, dann würde seine Nase in den nächsten Jahren halt nur sehr schwer heilen.
Ich schaute die Post durch und fand eine Karte, die an Kubelka adressiert war, T HE NEW OWNER OF R
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