Duke - Ein weiter Weg zurueck (German Edition)
die Zeit in den Nachtclubs vertrieb, hatte ich mich um Dumont zu kümmern. Dabei gab es auf dem Hof schon genug Arbeit. Was für eine Idiotie. Ich, Vera Kamphoven, trainierte das Pferd meines stärksten Konkurrenten. Das einzige Paar, das es derzeit mit mir und Fly aufnehmen konnte. Bald ist es vorbei damit, dachte ich grimmig. Wenn ich erst den Pokal in meinen Händen hielt, würde ich triumphieren. Die Sanders konnten mir den Buckel runterrutschen: dann würde Fly mir gehören. So lautete mein Deal, den ich vor acht Jahren mit Erich Sander geschlossen hatte. Erich Sander, mein Chef und der Vater von Thomas und Henning, der Patriarch dieser eingebildeten Familie, die sich alle für etwas Besseres hielten. Aber nicht mehr lange, dachte ich frohlockend. Wenn Flying High erst mal mir gehörte, würde ich meine eigenen Wege gehen.
Während mich Fly durch die Nacht trug, malte ich mir unser Leben in allen Einzelheiten aus. Zuerst war da mein eigener kleiner Hof. Zwei, drei Stuten, die ich von Fly decken lassen würde. Ein kleiner Springplatz, schöne Koppeln mit einem Bach, damit ich mich nicht um das Wasser kümmern musste. Ein Platz für das Training mit einem Dach, aber ohne feste Wände. Ich brauchte Luft beim Training. Nichts verabscheute ich mehr als staubige Hallen. Ich grinste, meinen Grundstock für den Traum hatte ich bereits zusammengespart. Ein Investor noch dazu würde natürlich nicht schlecht sein. Ja, genau so würde meine Welt in weniger als zehn Tagen aussehen. Gut, noch fehlte mir die passende Immobilie. Na ja, ich konnte ja noch ein wenig bei meinen Eltern bleiben.
Ich träumte mit halboffenen Augen, als sich Worte flüsternd einen Weg durch meine Bilder bahnten. Was, wenn du es nicht schaffst? Ärgerlich schob ich den Gedanken beiseite, ich und Fly waren besser als Thomas und Dumont. Vor allem, da sich Thomas während der letzten Wochen nicht dazu herabgelassen hatte, sein Turnierpferd zu reiten. Ein Fuchs huschte über den Weg. Fly machte einen Satz rückwärts, brachte mich aus dem Gleichgewicht. Mein Herz raste, ich sprang ab, tastete vorsichtig die Beine von Fly ab. Alles in Ordnung. Das fehlte mir noch, eine Verletzung kurz vor der Abfahrt zum Turnier.
Ich sah zum dunklen Himmel hoch, wie spät mochte es sein? Papa reißt mir den Kopf ab, dachte ich, und dazu hatte er jedes Recht. In der Dunkelheit mit Fly, der in den nächsten Tagen Höchstleistung zeigen musste, durch einen Wald zu reiten. Ich stieg wieder auf. Es war dort oben sicherer, als im Dunkeln über den Weg zu stolpern. Zehn Minuten später öffnete sich der Wald. Vor mir breitete sich der Hof der Sanders aus.
Der Stall, die Reithalle, der Springplatz, das kleine Gutshaus, in dem ich mit meinen Eltern wohnte. Ich atmete erleichtert auf, wir waren heil angekommen, dank der Instinkte meines Pferdes. Wieso auch nicht, dachte ich aufmüpfig und zuckte mit den Achseln.
Früher hatte ich mir über mögliche Verletzungen nie Gedanken gemacht. Das war vor der Zeit des großen Turniersports gewesen. Vor dem ganzen Druck, der dazu geführt hatte, dass ich mich heute mit Papa gestritten hatte. Seine Kritik an meinen Sprüngen mit Fly ärgerte mich maßlos. Natürlich wusste ich, dass es an mir lag. Ohne ihm ein Wort zu gönnen, war ich über den Zaun vom Platz gesprungen und mit Fly in den Wald galoppiert.
Jetzt lenkte ich Fly sanft auf den Stall zu, löste meine Beine aus den Steigbügeln, ließ sie baumeln. Die Muskeln schmerzten von dem langen Ausritt. Ich war ja den ganzen Tag bereits im Sattel gewesen und hatte die Jungpferde trainiert. Sie alle würden die nächsten Tage auf der Weide verbringen. Fly griff freudig aus, um die letzten paar Meter zum Stall zu überwinden, und ich ließ ihn gewähren.
Abrupt unterbrach Flying High seine Schritte, kurz vor den Paddocks, die die Boxen der Pferde um einen Auslauf erweiterten. Alle vier Beine in den Boden stemmend, verharrte er auf der Stelle, sodass ich von dem unerwarteten Stillstand nach vorne rutschte. Nur der aufgerichtete Hals des Pferdes verhinderte, dass ich auf dem Boden landete. Die Ohren wachsam nach vorne gerichtet, die Muskeln unter mir gespannt, starrte er vor sich auf die kleine Baumgruppe die sich an das erste Paddock anlehnte. Ich wusste, dass Duke, der kleine Bruder von Fly, wie jede Nacht statt in seiner Box im Paddock stand. Ich ahnte seine Gestalt in der Dunkelheit mehr, als dass ich sie sah. Aber das konnte nicht der Grund sein, weshalb Fly so beunruhigt war. Die
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