0085 - Keiner kann entkommen
Als Bill Warris den vierten Polizisten erschossen hatte, waren einige Beamte kaum noch dazu bereit, ihn weiter zu jagen.
»So etwas hat es in der internationalen Polizeigeschichte noch nicht gegeben«, sagte unser Distriktschef. »Es würde mich nicht wundern, wenn sich Washington eimschaltet. Denn Warris ist jetzt zu einem Staatsfeind geworden. Abgesehen von seinen sonstigen Schandtaten, von denen man ihm leider so gut wie nichts nachweisen kann, hat er jetzt vier Polizistenmorde auf dem Gewissen. Das ist die ungeheuerste Herausforderung, die je ein Gangster der Polizei entgegenzuschleudern wagte.« Das sagte er am Dienstag früh gegen elf.
***
Am Mittwochmorgen, ungefähr zur gleichen Stunde, lief das Fernschreiben aus Washington ein. Der Justizminister hatte Bill Warris zum Staatsfeind Nummer eins erklärt. Die New Yorker Stadtpolizei sollte nur die üblichen und erforderlichen Fahndungshilfen leisten. Der Rest war Sache des FBI.
Und die Verhaftung des blutrünstigen Schießers sollte unsere Sache sein. Phil Decker und ich wurden mit der heiklen Aufgabe betraut: ,Bill Warris tot oder lebendig dem Arm der Gerechtigkeit zu übergeben, wie es ein Reporter sehr romantisch ausdrückte.
Well, wir waren nicht sehr erbaut davon, das können Sie sich vielleicht verstellen. Wenn wir auch darauf brannten, dem Mörder von vier braven Kameraden aus den Reihen der Stadtpolizei gegenüberzutreten.
Wir hockten uns in unserem Office auf die Drehstühle und rauchten erst einmal eine Zigarette. Bill Warris hatte durch Anrufe den Zeitungen mitgeteilt, daß er auch in Zukunft jeden rücksichtslos abknallen wollte, der etwa versuchen würde, ihn zu verhaften. Daß er diese Ankündigung auch in die Tat umsetzen würde, stand außer Frage.
Mister High, unser Chef, kam herein. Br hatte eine sorgengefurchte Stirn.
»Tja, ihr beiden«, sagte er. »Das mußte wohl so kommen. Einen Mann wie Warris muß immer das FBI jagen, das ist nicht anders, seit es das FBI gibt.«
Ich zuckte die Achseln.
»Irgendwer muß es schließlich tun, nicht?«
Phil drückte die kaum angerauchte Zigarette wieder aus.
»Und wir beide sind nicht verheiratet«, sagte er knapp. »Bei uns ist es nicht so schlimm. Einer von den vier Cops, die Warris umgelegt hat, war Vater von drei Kindern. Das ist besonders schlimm.« Mister High nickte stumm. Er sah zum Fenster hinaus, hinab auf die Straße, wo der übliche Verkehr flutete. Rinsum waren die Straßenschluchten Manhattans, die Wolkenkratzer mit ihren Tausenden geschäftigen Menschen. Irgendeiner unter den Millionen in New York war auf den Namen Bill Warris getauft. Irgendeiner, der sich jetzt vielleicht Smith oder Miller nannte.
»Wie wollt ihr vorgehen?«
Ich zuckte die Achseln.
»Zunächst müssen wir herausfinden, wo Warris sich überhaupt aufhält. Vorher kann man ihn schließlich nicht verhaften.«
»Natürlich«, nickte Mister High. »Aber bevor Sie in dieser Sache auch nur einen Finger krumm machen, möchte ich, daß Sie sich von mir ein paar Dinge sagen lassen, Jerry und Phil.«
Wir hoben die Köpfe und sahen unseren Chef gespannt an. Er lächelte leise und meinte:
»Bei euch ist es nämlich nötig. Wenn ihr erst einmal eine Spur aufgenommen habt, seid ihr ja wie zwei eifrige Jagdhunde: überhaupt nicht mehr aufzuhalten! Und Warris ist anderes Kaliber als das, was euch in der letzten Zeit über den Weg gelaufen ist!«
Phil grinste.
»Na, Schuljungen waren es nicht gerade, mit denen wir uns beschäftigen mußten.«
»Das wollte ich auch nicht sagen, Phil. Aber ihr müßt begreifen, daß Warris von einer Art ist, die es nur alle zwanzig, dreißig Jahre einmal gibt. Er wird noch schießen, wenn ihr schon glaubt, daß er im Sterben liegt.«
Ich nickte.
»Okay, Chef. Ich begreife ungefähr, was Sie sagen wollen. Und ich verspreche Ihnen: Wir werden vorsichtig sein. Nebenbei hängen wir ja selbst an unserem Leben.«
Mister High nickte ernst.
»Sicher. Aber die übliche Vorsicht allein genügt hier längst nicht mehr. Die beiden letzten Stadtpolizisten, die Warris ermordete, waren auch vorsichtig. Und trotzdem wurden sie getötet.«
»Wie vorsichtig sollen wir dann sein?« erkundigte sich Phdl. »Vorsichtiger als vorsichtig kann man doch eigentlich gar nicht sein.«
»Es gibt Unterschiede, Phil. Ihr werdet von jetzt ab bis zur Erledigung dieses Falles nicht mehr allein, ausgehen. Bleibt immer zusammen. Schlaft im gleichen Raum. Geht nur gemeinsam über die Straßen. Einer von euch beiden immer
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