Dumm gelaufen: Roman (German Edition)
oder eine alte Milchkanne sein könnte. Ich müsste das Ding ausgraben, aber dann könnte es hochgehen, falls es die Fliegerbombe ist. Ach ja, und auf der anderen Seite liegt in der Nähe des Ufers noch ein Fahrrad im Schlamm.« Rick überlegt kurz. »Das ist alles.«
»Wie sieht das Fahrrad aus?«, will Phil wissen.
»Schwarz«, antwortet Rick, nachdem ich ihm Phils Frage übersetzte habe. »Und neu.«
Phil zieht eine auf einen Stock gewickelte Wäscheleine aus seinem Sakko und beginnt, sie abzurollen. »Kann er einen Knoten machen?«
Sergeant Rick kann nicht nur einen Knoten machen, er hat auch eine passende Heldengeschichte dazu parat. Diesmal will er sich für einen seiner Aufträge zu einer Krawatte verknotet haben. Angeblich hat er drei Tage im Kleiderschrank seines Zielobjektes gelegen, bis der Sergeant zuschlagen konnte.
Bevor Rick tatsächlich zur Tat schreitet, muss ich ihm versprechen, dass er den vollen Sold bekommt, obwohl wir keine Leiche gefunden haben. Das Fahrrad sei ja offenbar auch ein wichtiger Hinweis, argumentiert Rick.
Phil ist einverstanden, und wenig später steht ein triefnasses und mit Schlamm verschmiertes, aber dennoch als neuwertig erkennbares Fahrrad vor uns. Es passt genau zu der Beschreibung, die der Wirt der »Alten Post« zu Protokoll gegeben hat. Überhaupt schien es, als wäre dem Wirt mehr an seinem Fahrrad gelegen als an seinem verschwundenen Artgenossen. Menschen sind seltsame Tiere.
»Dann ist hier also doch irgendwo eine Leiche vergraben«, vermutet Phil.
»Hab ich doch gleich gesagt!«, erwidere ich. »Vergraben geht am schnellsten.«
Phil reibt sich den Bart und blickt über den See auf die dahinter liegenden, bis zum Horizont reichenden Ländereien des Uckermarkschen Anwesens.
Ich ahne, was er denkt. Deshalb sage ich: »Selbst wenn mein kompletter Clan hier alles umgraben würde, könnte es Wochen dauern, bis wir die Leiche finden. Mal ganz abgesehen davon, dass es auffallen könnte, wenn das Erdmännchengehege im Zoo ein paar Wochen lang komplett leer stünde.«
»Und was machen wir dann?«
»Also ich würde die Einheimischen befragen.«
»Die … Einheimischen.«
»Ja. Auf diesen Feldern hier leben Eichhörnchen, Mäuse, Maulwürfe, Kaninchen und so weiter. Und sie alle kennen die Gegend wie ihre Westentasche. Vielleicht hat jemand was gesehen. – Oder was gerochen.«
Phil blickt nachdenklich in den Himmel. »Einen Versuch wäre es wert. Ich könnte die Schlange zurück in den Zoo bringen, während du dich hier ein bisschen umhörst. Was hältst du davon?«
Der Vorschlag kommt mir gelegen, weil ich mir auf diese Weise Sergeant Ricks Endlosschleife ersparen kann. Der behauptet zwar, dass er jetzt sowieso ein Nickerchen machen muss, zumal er ja eigentlich nachtaktiv ist. Aber ich weiß genau, wenn Rick ein Opfer findet, dass er vollquatschen kann, dann macht er das auch – Nickerchen hin oder her.
Die Giftnatter verabschiedet sich herzlich von mir, indem sie ihren Leib um meine Schultern schlingt und irgendetwas davon murmelt, dass ich ein feiner Kerl bin. Ich tätschele dem Sergeant bedächtig den Rücken und denke, dass seine Meise wohl noch viel größer ist, als ich bislang angenommen hatte.
Ich beginne mit meinen Recherchen bei einer Gruppe Eichhörnchen, die in einem kleinen Waldstück wohnt, das einsam in der Mitte mehrerer Äcker und Wiesen liegt. Von hier aus kann man alles beobachten, was in der Umgebung passiert. Und genau das ist der Grund, weshalb ich mit den Eichhörnchen reden will.
Zacharias ist der für die Gegend zuständige Lagerverwalter. Er weiß also, wo die Vorräte der hiesigen Eichhörnchen vergraben wurden. Eichhörnchen sind von Natur aus extrem vergesslich, deshalb bestimmen sie Lagerverwalter, die sich die Position der Vorräte merken und dafür in der Wintersaison von den anderen durchgefüttert werden. Der alte Zacharias ist ein ziemlich klappriges Exemplar. Er selbst bezeichnet sich als »jung geblieben«. Als er den Baum herunterkraxelt, muss er trotzdem mehrmals anhalten und Luft holen. Das erinnert mich an Pa. Der pfeift auch auf dem letzten Loch, und auch er würde das nie zugeben. Rocky hat ihm das heilige Versprechen abgenommen, nicht mehr an Grabungen teilzunehmen, damit seine Enkelkinder noch möglichst lange was von ihrem Opa haben. Das hat Pa eingesehen, sonst wäre unser alter Herr wohl immer noch regelmäßig unter Tage.
Zacharias fordert mich auf, ihn »Zack« zu nennen, und fügt hinzu: »Ich heiße
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