Dumm gelaufen: Roman (German Edition)
habe ich einen Adrenalinschock, denn statt in ein hysterisches Lachen darüber auszubrechen, dass ich wahrscheinlich nun doch mit dem Leben davonkomme, sage ich einfach nur cool: »Okay. Einverstanden. Und keine Tricks.«
Als Phil wenig später die Fahrertür öffnet, um mir doch noch zur Hilfe zu kommen, sieht er, dass die Giftnatter wieder in ihrer Kiste liegt und ich in aller Ruhe darauf warte, dass wir weiterfahren können.
»Sorry. Kliff Henger wollte den einen oder anderen kriminalistischen Ratschlag.« Er schaut die Schlange an, dann mich. »Hier alles okay?«
»Alles bestens«, sage ich und spüre, dass mein Herz wieder in einer halbwegs normalen Geschwindigkeit schlägt. »Sergeant? Wie sieht’s bei Ihnen aus?«
»Danke, Sir! Alles bestens, Sir«, tönt es aus der Plastikkiste.
»Er sagt: alles bestens.«
Phil setzt sich hinters Steuer. »Gut. Dann wollen wir uns mal an die Arbeit machen.«
Kapitel 14
Kaum haben wir den Einsatzort erreicht, da spuckt Sergeant Rick schon wieder große Töne. »Diesen Tümpel nennt ihr einen See? Für so was braucht man doch keinen hochspezialisierten Navy Seal wie mich. Ich meine, ich kann zweihundert Meter tief tauchen und bis zu zwei Stunden unter Wasser bleiben, ohne ein einziges Mal Luft zu holen. In Kolumbien, als ich Fausto Ramirez das Licht ausgeknipst habe, musste ich mich sogar einmal mehr als drei Stunden am Boden eines Flussbettes verstecken, weil Ramirez’ Leute mit Greifvögeln Jagd auf mich gemacht haben. Hätte ich damals nicht die Idee gehabt, mich mit dem Strom zu einem nahen Wasserfall treiben zu lassen …«
»Schon gut, schon gut«, unterbreche ich, leicht genervt. »Ich bin überzeugt davon, dass du für den Job hier völlig überqualifiziert bist. Aber das ist gut so. Je eher wir hier wieder weg sind, desto besser.«
»Verstehe«, sagt Sergeant Rick in verschwörerischem Tonfall. »Die Mission muss schnell, sauber und unauffällig erledigt werden.«
»Exakt.«
Rick schlängelt sich zum Seeufer. »Gut. Das ist meine Spezialität. Dann wollen wir keine Zeit verlieren.« Er verschwindet im Wasser und verursacht dabei nicht einmal eine winzige Welle. Ich bin beeindruckt.
»Du hast mir noch gar nicht erzählt, was sie für ihre Dienste verlangt«, sagt Phil und lehnt sich gegen einen krumm gewachsenen Baum, der weit über das Ufer ragt und mit den Blättern seiner Krone die Seeoberfläche berührt.
»Sie ist ein ER «, erkläre ich. »Und ER will für den Job fünf Packungen Kopfschmerztabletten und fünf Packungen Schlaftabletten. Und noch mal das Gleiche, falls er findet, was wir suchen.«
Ich sehe, dass Phil eine Augenbraue hebt.
»Er hat als Killer für die Amis gearbeitet und war nicht nur in allen möglichen Krisengebieten unterwegs, sondern hat da auch eine Menge wirklich schräger Dinge erlebt. Wenn du mich fragst, dann hat ihn das alles ein bisschen mitgenommen.«
Immer noch schwebt Phils Augenbraue über dem Brillenrand. »Soll das heißen, wir haben eine Natter mit einer posttraumatischen Belastungsstörung engagiert?«
»Keine Ahnung, was das ist, aber wenn du es sagst …«
»Ist ’ne psychische Erkrankung. Nicht selten bei Soldaten, die im Kampfeinsatz waren«, erklärt Phil. »Manche werden die Bilder vom Krieg nicht mehr los.«
Nachdenklich schaue ich dorthin, wo eben Sergeant Rick im Wasser verschwunden ist. Kann es sein, dass sein ganzes Heldengefasel nur Ausdruck einer …
»… wie heißt diese Störung noch gleich?«
»Posttraumatische Belastungsstörung«, wiederholt Phil und blickt über den See.
Genau. Vielleicht ist unser Nattern-Plattschwanz eigentlich ein ganz netter Kerl, den der Krieg in einen salbadernden Veteranen verwandelt hat. Bei dem Gedanken daran, dass ich einen psychisch angeschlagenen Ex-Soldaten verarscht habe, bekomme ich kurzzeitig ein schlechtes Gewissen. Andererseits muss ich mir zugutehalten, dass Rick ein wahnsinnig nervtötender Zeitgenosse ist. Rufus sagt, dass es im ganzen Zoo niemanden gibt, der mit dem Nattern-Plattschwanz befreundet sein will.
Während ich noch meinen Gedanken nachhänge, taucht plötzlich Ricks Kopf in der Mitte des Sees auf, wo er kleine Wellen verursacht, die in perfekten Kreisen zum Ufer rollen und sich dort in leises Plätschern auflösen.
»Da unten gibt es keine Leiche«, ruft Rick. »Ich habe einen rostigen Gaskocher gefunden, das Innenleben eines uralten Radios und Teile eines Eisenbettes. Und dann gibt es noch etwas, dass wahlweise eine Fliegerbombe
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