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Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Dumm gelaufen: Roman (German Edition)

Titel: Dumm gelaufen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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Schlange gleich mehrfach um die Halterung der Kopfstütze und damit gleichzeitig um meinen Hals gewickelt hat.
    Als der Wagen zum Stehen kommt, rechne ich fest damit, das Ende dieses Tages nicht mehr zu erleben. Ein kurzer Biss von Sergeant Rick, und wenig später werde ich im Erdmännchenparadies sein. Vielleicht sitze ich schon heute Abend mit dem alten Chester, dem Urahnen aller Erdmännchen, zusammen und knabbere Tausendfüßler. Auch nicht schlecht.
    »Alles okay?«, höre ich Phil von ferne fragen.
    Gerne würde ich ihm zurufen, dass überhaupt nichts okay ist, aber Sergeant Rick drückt mir die Kehle zu. Ich frage mich, wo sein Kopf geblieben ist, und schiebe ganz vorsichtig eine Kralle zwischen meinen Hals und den Schlangenleib, um mir einerseits etwas Luft zu verschaffen und andererseits ein bisschen mehr sehen zu können.
    »Ganz ruhig, Kleiner«, höre ich Rick sagen. »Eine Bewegung zu viel, und du wirst erleben, wie es sich anfühlt, von einem Nattern-Plattschwanz in den Schritt gebissen zu werden.«
    »Warte, ich hol mal kurz die Weste und die Handschuhe«, höre ich Phil sagen.
    Bevor ich erwidern kann, dass jetzt keine Zeit dafür ist, sich in Ruhe Schlangenschutzklamotten anzuziehen, hat Phil den Wagen bereits verlassen und macht sich am Kofferraum zu schaffen.
    »Bleiben also nur noch du und ich«, höre ich Rick leise sagen. Ich spüre, dass einer seiner Giftzähne sacht meinen Bauchnabel berührt, was mir einen Schauer über den Rücken jagt.
    »Ich finde, Erdmännchen und Giftnattern sollten das Kriegsbeil begraben und Freunde werden«, versuche ich mein Glück. »Außerdem hab ich eigentlich nichts gegen das Militär. Ich selbst lebe zwar in einem Hippie-Haushalt, wo wir Liebe statt Krieg machen, aber …«
    »Sag mir einen einzigen guten Grund, der mich davon abhalten sollte, dir eine tödliche Dosis Gift in den Wanst zu jagen.«
    Ich überlege. »Mein Partner wird ganz schön sauer auf dich sein«, sage ich dann. »Es hat lange gedauert, mich auszubilden. Und wenn du mich umlegst, war die ganze Mühe für die Katz.«
    Ich höre so etwas wie ein rhythmisches Fauchen und glaube, dass Sergeant Rick gerade heiser lacht. »Glaubst du wirklich, dass ich deinen Partner am Leben lasse? Wenn ich euch beide eliminiert habe, suche ich mir einen schönen See und fange ein neues Leben an. Diese Gegend hier soll voll von schönen Seen sein.«
    Eine Pause entsteht. Ich überlege, was ich Rick anbieten kann, um die Situation zu entschärfen. Aber unter Todesangst arbeitet mein Gehirn enorm langsam. Tja, sieht ganz danach aus, dass die Giftnatter mich bei den Eiern hat, und das nicht nur in metaphorischer Hinsicht.
    »Willst du noch was sagen?«, fragt Rick und zischelt leise. »Sonst würde ich es jetzt kurz und schmerzlos hinter uns bringen.«
    Während ich rasch mein kurzes Leben Revue passieren lasse, fällt mir etwas ein. Schon wieder Rufus. Und sein langer Vortrag über den Nattern-Plattschwanz.
    Sofort drehe ich meine zwischen Schlangenleib und Hals befindlichen, messerscharfen Krallen so zur Seite, dass sie zum Bauch der Natter gerichtet sind und diesen sacht berühren.
    »Hey! Ich hab doch eben gesagt: keine falsche Bewegung, oder …«
    »Halt deine Klappe!«, unterbreche ich unwirsch. »Ich denke, du hast begriffen, dass ich meine Krallen gerade gegen deinen Bauch drücke. Sobald sich deine Zähne in meine Eier bohren, lasse ich dir die Luft raus. Ich hoffe, du hast genügend Reifenflickzeug dabei, sonst werden wir nämlich beide den morgigen Tag nicht erleben.«
    Stille.
    »Woher … weißt du …«, beginnt Rick.
    »Woher ich die Anatomie einer Seeschlange kenne?« Ich muss an Rufus’ ausführlichen Vortrag denken und grinsen. »Und woher ich weiß, dass deine Lungen praktisch deinen ganzen Körper einnehmen? Dass einer deiner Lungenflügel sogar bis in deine Schwanzspitze reicht? – Tja. Du machst deinen Job, und ich mache meinen. Und meiner ist es nun mal, gut informiert zu sein.«
    Wieder ist eine Weile nichts zu hören, nur ein leises Murmeln von draußen. Phil ist ein Anruf dazwischengekommen. Deshalb geht er gerade vor dem Auto telefonierend auf und ab. Meine Rettung scheint er längst vergessen zu haben. Danke, Partner.
    Eine gefühlte Ewigkeit lang herrscht bleierne Stille.
    »Ich werde jetzt loslassen und dann langsam in meine Plastikkiste zurückkriechen«, sagt Sergeant Rick schließlich. »Und ich denke, dass dieser kleine Vorfall hier unter uns bleiben sollte.«
    Vermutlich

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