Dumm gelaufen: Roman (German Edition)
erkennen, ein paar Flaschen Obstler, Korn und Likör. Ich blicke zu Phil und frage mich, ob Alkohol seinen Vitalfunktionen auf die Sprünge helfen könnte. Hat ja schon einmal geklappt.
Noch bevor meine Idee Gestalt annehmen kann, meldet sich Rufus. »Am besten, du schüttest ihm irgendeine Flüssigkeit über den Kopf. Und zwar so viel wie möglich. Wir spülen das Blut weg. Entweder er wacht dabei auf, oder er gibt endgültig den Löffel ab.«
»Geht auch Alkohol?«, frage ich, während ich bereits die ersten Pullen aus dem Schrank wuchte und damit beginne, die Drehverschlüsse abzuschrauben.
»Völlig schnurz«, antwortet Rufus. »Wenn ich mir seine Vitalfunktionen anschaue, dann hast du sowieso keine Zeit mehr, ihm Evian zu besorgen.«
Während ich Phil eine Flasche Schnaps nach der anderen über den Kopf schütte, bin auch ich einer Ohnmacht nahe. Das liegt nicht nur am Geruch der verschiedenen Alkoholika, sondern auch daran, dass ich selbst nicht mehr als eine volle Pulle Schnaps wiege. Entsprechend schwer ist es für mich, sie hochzuhieven. Zum Glück sind nicht alle Flaschen randvoll.
»Und?«, fragt Rufus.
Gerade will ich meinem schlauen Bruder erklären, dass es jetzt mal an ihm ist, mir ein bisschen Zeit zu geben, da bebt Phils Körper und in einem gewaltigen Hustenanfall spuckt er Blut und Schnaps durch die Gegend. Sieht nicht gesund aus.
»Astrein«, sagt Rufus. »Sein Herz schlägt wieder.«
»Sein Herz stand still?«, frage ich schockiert.
»Nur kurz«, wiegelt Rufus ab.
Phil sieht gruselig aus.
»Was ist passiert?«, fragt er.
»Giuseppe hat dir eine verpasst«, antworte ich. »Ich dachte schon, du wärst tot. Sieh dir mal das ganze Blut hier an.«
Phil scheint sich an den Knockout zu erinnern, denn er nickt und greift sich dort an den Hinterkopf, wo Giuseppes Pistolenknauf gelandet ist. Dann fasst mein Partner sich an die Nase. »Halb so wild, ist nur Nasenbluten. Ich bin unglücklich gestürzt.«
»Trotzdem. Um ein Haar wärst du in deinem eigenen Blut ersoffen.«
Während Phil sich mühsam aufrichtet, nimmt er eine der leeren Flaschen und schnuppert daran. »Ist noch lange kein Grund, mir Kirschlikör über den Kopf zu schütten.«
Er greift zu einer anderen, noch halbvollen Flasche mit einer durchsichtigen Flüssigkeit, studiert kurz das Etikett und nimmt dann einen tiefen Schluck.
»Wie viel Vorsprung hat der Dreckskerl?«
»Knapp fünf Minuten«, antwortet Rufus. »Die beiden sind auf dem Weg zum Gestüt der Hansens.«
Verblüfft registriert Phil, dass er sein Headset auf dem Kopf hat. Er greift sich ans Ohr, um den Empfänger zu justieren. »Woher weißt du das, Rufus?«
»Er muss was von euch mitgenommen haben«, antwortet Rufus.
»Phils Tasche«, sage ich.
»Verstehe. Dann empfange ich das Signal von dort. Ich hab nämlich auch die Tasche verwanzt.«
»Guter Mann«, sagt Phil. Er rappelt sich hoch und greift dabei zur Tischdecke, um sich das Blut aus dem Gesicht zu wischen. Da auch sein Hemd und sein Sakko völlig blutverschmiert sind, bringt das wenig. Phil sieht immer noch wie jemand aus, der gerade in eine mehrstündige Schießerei verwickelt war.
Der alte Uckermark stöhnt auf. Phil löst die Fesseln des Mannes.
»Rufus?«
»Bin ganz Ohr.«
»Kannst du Kliff Henger eine SMS schicken? Er soll einen Krankenwagen rüberschicken. Tu einfach so, als würde ich ihm schreiben.«
»Okay. Geht klar.«
Phil schaut mich an.
»Und wir beide schnappen uns jetzt Giuseppe Marbati?«, vermute ich.
Phil nickt. »Ja. Bringen wir es zu Ende.«
Kapitel 19
Als wir den Hof betreten, weiß ich, was es mit den Schüssen auf sich hatte, die ich bei der Flucht von Giuseppe gehört habe. Er hat die Reifen von Phils Volvo zerschossen. Und genauso hat er es mit dem alten Geländewagen der Uckermarks gemacht. Sieht ganz so aus, als wäre unsere Verfolgungsjagd vorbei, bevor sie überhaupt begonnen hat. Ratlos stehen Phil und ich in der Mitte des Hofes.
»Ist etwa … Luis der … Mörder von Stardust?« Die Stimme klingt traurig. Es ist die Stimme von Angel Eyes. Ich schaue zu den Stallungen hinüber, wo die Stute mich über die Tür ihrer Box hinweg ansieht und auf eine Antwort wartet.
»Sorry, ich brauch mal eine Sekunde«, sage ich zu Phil, um kurze Zeit später vor unserer Auftraggeberin zu stehen und ihr reinen Wein einzuschenken.
Sie schluchzt herzergreifend. »Ich habe Luis noch nie gemocht.«
Nur knapp verfehlt mich eine große Pferdeträne. Sie zerplatzt im Stroh zu
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