Dumm gelaufen: Roman (German Edition)
er greift ihr nun ans Kinn und schiebt es so weit nach vorn, dass sich Ann-Sophies und Phils Blicke treffen.
»Da, wo wir beide hinfahren, werden Schnuckelmäuschen wie Ann-Sophie mit Gold aufgewogen. Wenn Reinhard mir das Geld nicht zahlt, wird seine Tochter es für mich ranschaffen. Und zwar jeden einzelnen Euro.« Wieder ist Giuseppes dreckiges Grinsen zu sehen. »Umsonst bekommen es dann nur noch ganz spezielle Gäste des Hauses. Ich, zum Beispiel.« Er dreht ihren Kopf zur Seite und schaut ihr direkt in die Augen. Beinahe berühren sich ihre Nasenspitzen. »Nicht wahr, mein Schatz?«
Immer noch laufen Ann-Sophie die Tränen übers Gesicht. Dennoch bringt sie genug Kraft und Verzweiflung auf, um Giuseppe wütend ins Gesicht zu spucken.
Der zuckt zusammen und holt aus, als wolle er ihr einen Faustschlag mitten ins Gesicht verpassen. Im gleichen Moment will der alte Uckermark dazwischengehen, doch er sinkt mit einem Keuchen wieder zurück auf den Stuhl und fasst sich an die Brust. Giuseppe besinnt sich, wischt seelenruhig die Spucke weg und umfasst den Hals von Ann-Sophie. »Ich könnte dich für das bestrafen, was du gerade getan hast. Aber ich will dir nicht weh tun, meine Süße. Ich möchte, dass du deine Karriere im horizontalen Gewerbe als makellose Schönheit beginnst. Blutergüsse sind schlecht fürs Geschäft, weißt du?«
Wieder starrt Ann-Sophie apathisch vor sich hin, während der alte Uckermark das Gesicht in den Händen vergräbt.
»Geben Sie mir Ihre Tasche!«, ordnet Giuseppe an und deutet mit dem Revolver zum Fenstersims. Ich kann in die Mündung der Waffe sehen, was mich zurücktaumeln und um ein Haar das Gleichgewicht verlieren lässt. Als ich Sekunden später wieder durch den Seitenschlitz luge, sehe ich, dass auch Phil beklommen wirkt.
»Ist nur ein bisschen Proviant drin. Nichts Besonderes …«
»Her damit«, wiederholt Giuseppe barsch.
Phil reicht ihm die Tasche, und im nächsten Moment lande ich unsanft auf dem Fußboden hinter Giuseppe. Ich begreife, dass Giuseppe den Inhalt der Tasche achtlos hinter sich gekippt hat, ohne dabei Phil, Ann-Sophie und den alten Uckermark auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen. Das ist mein Glück, denn so kann ich ungesehen unter einen Eckschrank huschen.
Giuseppe wirft Phil die leere Tasche zu.
»Der gute Reinhard war eben bereits so freundlich, den Safe zu öffnen. Er sagt, es sind nur ein paar Tausender im Haus. Das ist nicht viel, aber es wird schon reichen, bis die Versicherung überwiesen hat.« Giuseppe zeigt mit der Waffe zu einem hinter der Küche liegenden Flur, in dem über einer Eichentruhe ein geöffneter Safe zu sehen ist. Neben der Truhe steht eine Landschaftsmalerei, die sonst wahrscheinlich die Safetür verbirgt.
»Du holst jetzt die Kohle und packst sie in die Tasche«, befiehlt Giuseppe. »Und keine Tricks. Ich habe dich im Blick. Eine falsche Bewegung, und du fängst dir eine Kugel, Schnüffler.«
»Tun Sie bitte, was er sagt«, keucht der alte Uckermark. Die Angst um seine Tochter steht dem unglücklichen Gutsherrn ins gerötete Gesicht geschrieben.
Phil geht zum Wandsafe und fördert ein paar Geldbündel hervor. Er stopft sie in seine Tasche und schultert diese dann. »Nehmen Sie mich als Geisel. Ich verspreche Ihnen, dass ich keine Schwierigkeiten machen werde. Außerdem können Sie auf diese Weise sicher sein, dass ich es mir mit der Versicherung nicht noch anders überlege. Immerhin verzichte ich auf eine saftige Provision.«
Ich höre Giuseppe heiser lachen. »Schöner Versuch, Mahlow. Aber ich bin sicher, Sie werden auch so alles daran setzen, Ann-Sophie davor zu bewahren, dass sie in einem schäbigen Bordell die Schuld ihres Vaters begleichen muss. Schon bei unserer ersten Begegnung habe ich gespürt, dass Sie ein Mann mit Idealen sind. Das ist es nämlich, was uns beide unterscheidet: Sie haben Ideale, und ich habe nicht einmal Skrupel.«
Ich sehe Phil an, dass er Giuseppe gern an die Gurgel gehen würde. Doch mein Partner beherrscht sich, wirft die Tasche mit dem Geld auf den Tisch und sagt: »Ich kenne eine Menge Leute ohne Skrupel. Die meisten sitzen im Gefängnis oder liegen auf irgendeinem Friedhof.«
»Ausnahmen bestätigen eben die Regel«, erwidert Giuseppe sonnig. »Und nun genug geplaudert. Drehen Sie sich um, Mahlow!«
Die beiden tauschen einen Blick, dann tut Phil, was Giuseppe von ihm verlangt hat.
Wenn Justus, eines der Breitmaulnashörner bei uns im Zoo, volle Pulle gegen das
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