Dune 04: Der Gottkaiser des Wüstenplaneten
das tat.«
»Ist es möglich, daß ich es verstehe?«
»Oh, ja. Viele könnten es verstehen. Aber was die Leute mit diesem Verstehen anfangen, steht auf einem anderen Blatt.«
»Wollt Ihr mir sagen, was ich tun soll?«
»Du weißt es schon.«
Sie nahm seine Antwort schweigend hin. Dann sagte sie: »Es hat etwas mit Eurer Religion zu tun. Ich fühle es.«
Leto lächelte. »Ich kann deinen ixianischen Herren dafür, daß sie mir mit dir ein solch kostbares Geschenk gemacht haben, nahezu alles verzeihen. Was du auch willst – du wirst es bekommen.«
Sie beugte sich nach vorn; das Kissen, auf dem sie saß, kam ins Rutschen. »Erzählt mir etwas über die Wirksamkeit Eurer Religion.«
»Du wirst sehr bald alles über mich wissen, Hwi. Das verspreche ich dir. Aber vergiß nicht, daß die Sonnenanbetung, die unsere primitiven Vorfahren betrieben, von ebenso geringer Wichtigkeit war.«
»Sonnen... anbetung?« Sie rutschte zurück.
»Die Sonne, aufgrund deren Existenz alle Bewegung zustande kommt, die man aber nicht berühren kann, weil sie der Tod ist.«
»Euer – Tod?«
»Alle Religionen kreisen wie Planeten um eine Sonne. Sie brauchen sie wegen ihrer Energie, weil sie davon abhängig sind.«
Hwis Stimme war nur mehr ein Flüstern: »Was seht Ihr in Eurer Sonne, Herr?«
»Ein Universum aus vielen Fenstern, durch die ich blicken darf. Was immer ein Fenster auch umrahmt – das ist es, was ich sehe.«
»Die Zukunft?«
»Das Universum ist von seinen Wurzeln her zeitlos; deshalb enthält es alle Zeiten und Zukünfte.«
»Dann stimmt es also«, sagte Hwi. »Ihr habt etwas gesehen, das dies ...« – sie deutete auf seinen langen, gerippten Leib – »verhindert.«
»Könntest du dir vorstellen, daß dies auf irgendeine Weise gottgefällig ist?« fragte Leto.
Sie konnte nur nicken.
»Wenn du alles mit mir teilst«, sagte Leto, »warne ich dich: Es wird eine schreckliche Bürde sein.«
»Wird es Eure Bürde leichter machen, Herr?«
»Nicht leichter, aber leichter zu ertragen.«
»Dann will ich sie teilen. Sagt mir, Herr ...«
»Noch nicht, Hwi. Du mußt noch eine Weile Geduld haben.«
Sie schluckte ihre Enttäuschung mit einem Seufzer hinunter.
»Es ist deswegen, weil mein Duncan Idaho allmählich ungeduldig wird«, sagte Leto. »Ich muß mit ihm fertig werden.«
Hwi schaute nach hinten, aber der kleine Raum blieb weiterhin leer.
»Wünscht Ihr, daß ich jetzt gehe?«
»Ich wünschte, du würdest mich nie verlassen.«
Sie starrte ihn an, erkannte den tieferen Sinn dieser Bemerkung, und die hungrige Leere seines Ausdrucks erfüllte sie mit Traurigkeit. »Herr, warum weiht Ihr mich in Eure Geheimnisse ein?«
»Ich würde dich nicht bitten, die Braut eines Gottes zu sein.«
Erschreckt riß Hwi die Augen auf.
»Antworte nicht«, sagte Leto.
Indem sie nur ganz langsam den Kopf bewegte, musterte Hwi die schattenhaften Umrisse seines Körpers.
»Suche nicht nach Teilen meines Leibes, die nicht mehr existieren«, sagte Leto. »Einige Formen körperlicher Intimität sind nicht mehr möglich für mich.«
Sie konzentrierte ihre Aufmerksamkeit auf sein faltenumsäumtes Gesicht, nahm die rosafarbene Haut seiner Wangen wahr und stellte fest, daß seine Züge trotz des fremdartigen Äußeren einen intensiven menschlichen Effekt hervorriefen.
»Wenn es dich nach Kindern verlangt«, sagte er, »würde ich nur darum bitten, daß ich den Vater auswählen darf. Aber noch habe ich dich um nichts gebeten.«
Ihre Stimme war schwach. »Herr, ich weiß nicht, was ...«
»Ich werde bald in die Zitadelle zurückkehren«, sagte Leto. »Dort kannst du mich besuchen, und wir können reden. Ich werde dir dann von dem erzählen, was ich verhindere.«
»Ich fürchte mich, Herr. Ich fürchte mich mehr, als ich je geglaubt habe, es könne möglich sein.«
»Fürchte dich nicht vor mir. Mit meiner lieben Hwi kann ich nicht anders als liebevoll verfahren. Und was die anderen Gefahren angeht, so werden meine Fischredner dich davor mit ihrem Leben beschützen. Sie werden niemals zulassen, daß dir etwas geschieht!«
Hwi richtete sich zitternd auf.
Leto sah, daß seine Worte einen tiefen Eindruck auf sie gemacht hatten. Es war wie ein Schmerz. Hwis Augen glitzerten vor Tränen, und sie ballte die Hände zu Fäusten, um ihr Zittern abzustellen. Er wußte, daß sie aus freiem Willen zu ihm in die Zitadelle kommen würde. Egal, um was er bat, ihre Antwort würde die Antwort der Fischredner sein: »Ja, Herr.«
Ihm wurde klar,
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