Unsterblichen 02 -Unsterblich wie ein Kuss-neu-ok-27.01.12
Prolog
»Sie
haben mich warten lassen.« Lady D.'s Stimme näherte sich dem Eingang zur Küche.
Violet schoss wie ein verschrecktes Eichhörnchen unter den nächsten Tisch.
»Psst«,
flüsterte das kleine Mädchen seiner schmuddeligen Puppe zu und hielt
beschwörend den Finger an die Lippen. »Du musst jetzt ganz, ganz leise sein,
Bess. Du weißt, wie böse Mama wird, wenn sie uns sieht! « Die Schritte kamen
näher, aber ihre Mama war nicht allein, es war noch jemand bei ihr. Violet
drückte ihre Puppe an sich und kniff ängstlich die Augen zu.
»Und
- haben Sie mir die Namen beschafft?«, fragte ihre Mutter, während sie die
große Küche betrat.
»Ja«,
antwortete eine Männerstimme. Eine gepflegte, distinguierte Stimme. Violets
Herz machte einen Sprung. Könnte das ihr Vater sein?
Brennend
vor Neugier öffnete das kleine Mädchen die Augen, konnte aber lediglich den
Saum des burgunderroten Reisekostüms ihrer Mutter erkennen, daneben ein Paar
glänzender schwarzer Herrenschuhe.
»James Atholl, Anne Langdon, Peter...«
Der
Mann zählte viele Namen auf, die Violet noch nie gehört hatte. Er trat dabei
von einem Fuß auf den anderen, ihre Mutter dagegen regte sich nicht. Violet
rutschte mit angehaltenem Atem ein Stückchen nach vorne. Sie rang mit sich.
Einerseits wollte sie unbedingt das Gesicht des Mannes sehen, der
möglicherweise ihr Vater war. Andererseits durfte sie sich auf keinen Fall
erwischen lassen. Wenn sie entdeckt würde... Ihre Mutter würde furchtbar böse
werden. Und Violet bestrafen, so wie vor ein paar Monaten, als ihre Mutter das
letzte Mal zu Hause gewesen war.
»Und
Ismail?«, fragte Lady D. ungehalten.
Der
Mann lachte. »Ach ja, wie konnte ich ihn vergessen? Sie scheinen ja förmlich
besessen zu sein von dem Mann. Leider ist er derzeit nicht im Lande, aber
früher oder später wird er wieder auftauchen, da bin ich sicher.«
Die
Röcke ihrer Mutter gerieten ins Schwingen. »Gut, das wär's dann für heute.
Gehen Sie jetzt. Und lassen Sie die Finger von meinen Dienstboten! Ich will
kein neues Personal einstellen müssen, bloß weil Sie Ihren Durst nicht zügeln
konnten!«
Violet
erschrak. Der Mann wollte gehen! Sie nahm all ihren Mut zusammen und kroch so
weit vor, wie sie es wagte. Doch als sie gerade unter dem Tisch hervorspähen
wollte, fiel ihre Puppe um. Der Porzellankopf schlug mit einem hörbaren
Geräusch auf dem Steinfußboden auf.
Von
Angst gepackt, kniff Violet wieder die Augen zu, wünschte, sie wäre unsichtbar.
Hoffte, ihre Mutter hätte nichts gehört...
Eine
unheilvolle Stille senkte sich über den Raum, dann sagte der Mann: »Sie sollten
besser auf das Kind aufpassen.«
Lady
D.'s Rocksaum streifte Violets Finger, und die Schritte des Mannes entfernten
sich. Himmel, jetzt würde es Ärger geben!
»Komm
sofort da raus, Mädchen!«
Die
zierliche Siebenjährige kroch unter dem Tisch hervor, und ihre dunklen Zöpfe
streiften leise über ihre schamroten Wangen.
»Was
hattest du da unten zu suchen?« Lady D. war wütend, aber wenigstens schrie sie
sie nicht an oder verlangte nach dem Gürtel, dachte Violet ein wenig
erleichtert.
»Ich
habe... ich habe bloß mit Bess gespielt«, flüsterte sie und hielt wie zum
Beweis ihre schmuddelige Puppe hoch.
»Ach
so.« Ihre Mutter klang gar nicht mehr so zornig, und ihre sonst so feindseligen
Augen blickten beinahe freundlich drein. Violet nahm all ihren Mut zusammen und
stellte die Frage, die ihr so sehr auf der Seele brannte.
»War
das mein Vater, Lady D.?«
Das
Gesicht ihrer Mutter verzerrte sich für einen Moment vor Wut, doch glätteten
sich ihre Züge sofort wieder.
»Komm
und setz dich. Ich werde dir jetzt eine kleine Geschichte erzählen.« Lächelnd
deutete die Frau auf einen Stuhl, und das kleine Mädchen nahm verwirrt Platz.
Wurde sie denn gar nicht bestraft? Ihre Mutter sah sie ganz freundlich an.
»Du
fragst dich wahrscheinlich, wo dein Vater ist?«
So
hatte Violet ihre Mutter noch nie erlebt, so sanft, beinahe freundlich. Aber
sie hatte ihre Mutter ja auch erst wenige Male gesehen. Meist achteten die
Dienstboten darauf, dass sie ihrer Mutter nicht in die Quere kam, wenn diese
auf der Burg weilte.
Vielleicht
bedeutete das ja, dass ihre Mutter sie doch lieben wollte? Dieser Gedanke war
so wundervoll, dass Violet den Mut fand zu antworten.
»Ja,
Madam.«
»Aber
nein, Kind, du musst mich Mutter nennen«, rügte Lady D. sanft und stellte eine
große Schüssel auf den Tisch. »Hilfst du mir, sie mit Wasser
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