Dune 08 - Die Erlöser des Wüstenplaneten
sollen wir uns einem Mann erkenntlich zeigen, der das Unmögliche geleistet hat?
Bashar Alef Burzmali,
Klagelied für den Soldaten
Auf der Navigationsbrücke starrte Duncan eine Weile auf die Ortungsprojektion, nachdem Miles verschwunden war. Er ahnte, was der Bashar in diesen Momenten tat.
Nach der Explosionsserie hing die Ithaka antriebslos im Raum, umzingelt von Schiffen des Feindes, die mit mehr Waffen bestückt waren, als er je an einer ganzen Harkonnen-Flotte gesehen hatte. Die Minen hatten den Nicht-Feld-Generator ausgeschaltet, worauf das große Schiff sichtbar und angreifbar im Weltraum trieb.
Nachdem sie fast ein Vierteljahrhundert lang auf der Flucht gewesen waren, hatte man sie nun gestellt. Vielleicht war es jetzt an der Zeit für die Konfrontation mit ihren Jägern. Wer waren diese gnadenlosen Widersacher? Bisher hatte er immer nur die geisterhaften Schatten eines alten Mannes und einer alten Frau gesehen. Und nun ...
Auf den Bildschirmen vor ihm verschob sich die Diskontinuität im hauchfeinen Netz. Sie schloss sich beinahe und öffnete sich dann wieder, als wollte sie ihn verspotten.
Was Duncan sagte, war eher an sich selbst gerichtet als an irgendjemand anderen. Eine Art Gebet. »Solange wir atmen, haben wir noch eine Chance. Es ist unsere Aufgabe, jede Gelegenheit zu nutzen, mag sie auch noch so abwegig oder schwierig erscheinen.«
Teg hatte gesagt, er würde die Schäden reparieren. Duncan wusste von den geheimen Fähigkeiten des Bashars. Jahrelang hatte Teg seine Begabung vor den Bene Gesserit verborgen, die sich vor derartigen Manifestationen fürchteten, weil sie auf einen potenziellen Kwisatz Haderach hindeuten konnten. Nun war diese Fähigkeit vielleicht die Rettung für sie alle. »Lass uns nicht im Stich, Miles.«
Die anrückenden Schiffe feuerten eine Salve auf das Nicht-Schiff ab. Duncan blieb kaum genügend Zeit, zu fluchen und sich auf den Einschlag gefasst zu machen – als eine unglaublich schnelle und komplexe Kontersalve den feindlichen Angriff abfing. Präzise gezielt, mit minimaler Verzögerung abgefeuert. Alle Schüsse trafen ihr Ziel.
Duncan blinzelte. Wer hatte die Verteidigungssalve initiiert? Er schüttelte den Kopf. Das Nicht-Schiff sollte eigentlich nicht in der Lage sein, automatische Defensivmanöver auszuführen. Dann lief ihm ein Schauder der Begeisterung über den Rücken. Miles!
Plötzlich leuchteten die Systeme des Kommandodecks wieder auf. Überall gingen grüne Lichter an. Eins nach dem anderen meldeten die Systeme ihre Einsatzbereitschaft. Als er eine Bewegung spürte, fuhr Duncans Kopf zur linken Seite herum.
Der Bashar materialisierte vor ihm, aber es war ein anderer Miles Teg – nicht der junge Ghola, den Duncan großgezogen und erweckt hatte, sondern ein völlig ausgelaugter Mann, verdorrt und runzlig wie eine wandelnde Mumie. Teg schien kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen. Er hatte den Punkt weit überschritten, an dem ein normaler Mensch gestorben wäre.
»Systeme ... aktiv.« Seine krächzende Stimme kostete ihn mehr Energie, als er noch hatte. »Los!«
Dann geschah alles innerhalb eines einzigen kurzen Augenblicks, als wäre auch Duncan in einen beschleunigten Zeitrahmen gewechselt. Seine instinktive Reaktion bestand darin, nach seinem Freund zu greifen. Teg starb – vielleicht war er sogar schon tot. Der rapide gealterte Bashar konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. »Los – verdammt!« Das waren die letzten Worte, die Teg herausbrachte.
Duncan dachte mit Mentatenklarheit und hetzte zurück an die Kontrollen. Er schwor sich, die Chance nicht zu verderben, die der Bashar ihnen verschafft hatte. Prioritäten. An der Navigationskonsole huschten seine Finger über die Kontrollen wie eine aufgeschreckte Spinne.
Teg brach zusammen, so tot wie ein vertrocknetes Blatt, viel älter als der erste Bashar in seinen letzten Momenten auf Rakis. Miles! All die Jahre, die sie gemeinsam verbracht hatten, die sie gelehrt, gelernt und sich aufeinander verlassen hatten. Nur wenige Menschen in Duncans zahllosen Existenzen hatten ihm je so viel bedeutet.
Er verdrängte seine Fassungslosigkeit und Trauer, aber sein Mentatengedächtnis ließ ihn jede Erfahrung mit Klarheit und Schärfe erleben. Miles! Teg war nicht mehr als eine abgeworfene Hülle. Duncan hatte keine Zeit für Wut oder Tränen.
Das Nicht-Schiff setzte sich in Bewegung. Er sah immer noch, wie sie durch die Maschen des grausamen Netzes schlüpfen konnten, aber jetzt musste er es
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