Dune 08 - Die Erlöser des Wüstenplaneten
genau, wer Alia wirklich war, und kannte ihr großes Potenzial. Und welch bittere Ironie! St. Alia-von-den-Messern – von einem Messer zur Strecke gebracht.
Jessica wiegte das schlaffe Kind in ihren Armen und erzitterte, als sie versuchte, ihr Schluchzen zu unterdrücken. Als sie zu Sheeana aufblickte, stand etwas Kaltes, Tödliches in ihren Augen. Duncan trat neben Jessica, und sein Gesicht war eine Maske grimmigen Zorns. »Wir werden die Gelegenheit zur Rache erhalten, Mylady. Viele von uns hassten den Baron. Er kann nicht lange überleben.« Selbst Yueh hockte angespannt da und wirkte wie eine geladene Waffe.
Paul und Chani hielten sich an den Händen und gaben sich gegenseitig Kraft. Leto II. schaute schweigend zu und versuchte offenbar, eine Lawine aus widersprüchlichen Gedanken und Empfindungen in seinem Geist zu bändigen. In diesem Jungen schien immer viel mehr zu stecken, als es den Anschein hatte, als wäre er ein riesiger Eisberg, dessen Hauptmasse unter der Oberfläche verborgen war. Sheeana hatte schon seit langem den Verdacht, dass er vielleicht der Mächtigste aller Gholas war, die sie erschaffen hatte.
Jessica stand mit erhobenem Haupt da und sammelte neue Kraft. »Wir werden sie in mein Quartier bringen. Duncan, würdest du mir helfen?«
Dr. Yueh, der immer noch Vergebung erhoffte, hielt sich in ihrer Nähe auf.
Mit einer Mischung aus Besorgnis, Verzweiflung und Zorn betrachtete Sheeana die Szene. Nachdem sie den Bashar verloren hatte, war nun auch noch Alia ermordet worden, während die drei bedeutendsten Gholas – Paul, Chani und Leto II. – immer noch nicht erweckt waren. Stilgar und Liet-Kynes waren auf Qelso zurückgeblieben, und Thufir Hawat hatte sich als Gestaltwandler entpuppt. Nachdem sie jetzt dem Feind gegenüberstanden und die Ghola-Kinder ihre Bestimmung erfüllen sollten, waren zu viele ihrer »Waffen« nicht verfügbar! Sie hatte nur Yueh und Jessica ... und Scytale, sofern sie sich auf den Tleilaxu verlassen konnte.
Sheeana drohte von ihrer Erschöpfung überwältigt zu werden. Sie waren so lange auf der Flucht gewesen, hatten ihre Pläne und Hoffnungen geschürt, aber nie ein Ende gefunden. Dies hingegen waren ganz und gar nicht das, worauf sie gehofft hatten.
Die ruhige und ferne Stimme von Serena Butler erwachte wieder in ihr, erzürnt über die Offenbarung der Identität des Feindes. Ihre Erfahrung kam aus erster Hand. Die bösartigen Maschinen haben schon immer das Ziel verfolgt, die Menschheit auszurotten. Sie können nicht vergessen.
»Aber sie wurden vernichtet«, sagte Sheeana laut.
Offensichtlich nicht. Billionen Menschen starben während meines Djihads, aber selbst das war noch nicht genug.
»Es freut mich, euch endlich zu begegnen«, sagte eine krächzende weibliche Stimme. Eine alte Frau spazierte allein durch den Korridor des Nicht-Schiffes, ein breites Grinsen auf dem runzligen Gesicht. Trotz ihres scheinbaren Alters hatten ihre Bewegungen etwas Fließendes und Tödliches.
Sheeanas erste Vermutung war, dass dies die mysteriöse alte Frau war, die sie erbarmungslos gejagt hatte. »Duncan hat uns von dir erzählt.«
Die Frau lächelte auf entnervende Weise, als könnte sie durch Sheeana hindurchblicken und ihre tiefsten Gedanken und Absichten erkennen. »Ihr wart äußerst widerspenstige Opfer. All die vielen vergeudeten Jahre. Habt ihr schon meine wahre Identität erraten?«
»Du bist der Feind.«
Unvermittelt wellten sich das Gesicht, der Körper und die Kleidung der Greisin wie geschmolzenes, fließendes Metall. Zuerst dachte Sheeana, sie hätte es mit einem weiteren Gestaltwandler zu tun, doch dann nahmen Kopf und Körper den Schimmer von poliertem Platin an, und aus der Altweiberkleidung wurde ein prunkvolles Gewand. Das Gesicht war glatt, und dasselbe Lächeln lag nun auf völlig anderen Zügen. Ein Roboter.
Tief in ihrem Geist spürte Sheeana einen Aufruhr in ihren Weitergehenden Erinnerungen. Und aus dem Lärm erhob sich Serena Butlers vertraute Stimme. Erasmus!, rief sie. Vernichtet ihn!
Es kostete sie große Anstrengung, die Stimmen der Weitergehenden Erinnerungen zurückzudrängen, bevor sie sagte: »Du bist Erasmus. Du hast Serena Butlers Kind ermordet und damit den jahrhundertelangen Djihad gegen die Denkmaschinen ausgelöst.«
»Also erinnert man sich doch noch an mich, selbst nach so langer Zeit«, erwiderte er zufrieden.
»Serena erinnert sich immer noch sehr gut an dich. Sie ist in mir, und sie empfindet tiefen Hass auf
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