Dune - Frühe Chroniken 01 - Das Haus Atreides
sich als äußerst unzugänglich und zogen sich sofort zurück, wenn er sie anzusprechen versuchte ...
An der Stadt selbst hatte Kynes kein besonderes Interesse. Die Harkonnens hatten den neuen Stützpunkt in einem Arbeitsgang errichtet, als sie vor vierzig Jahren durch Manipulationen der Gilde Arrakis als Quasi-Lehen erhalten hatten. Carthag war mit unerschöpflicher menschlicher Arbeitskraft aus dem Boden gestampft worden, ohne Rücksicht auf Kunstfertigkeit oder Details. Klobige, rein funktionale Gebäude aus billigem Baumaterial, keine Spur von Eleganz.
Carthag schien einfach nicht hierher zu gehören; die Architektur und Anlage der Stadt beleidigten seine Sinne. Kynes besaß die angeborene Fähigkeit, das feine Netzwerk eines Ökosystems zu erkennen und zu spüren, wie die Bestandteile einer natürlichen Welt zusammengehörten. Aber in diesem Bevölkerungszentrum war alles falsch – die Stadt war wie ein Pickel auf der Haut eines Planeten.
Arrakeen war ein weiterer im Südwesten gelegener Außenposten, eine primitivere Stadt, die langsam und natürlich gewachsen war und sich an eine Gebirgsbarriere namens Schildwall schmiegte. Vielleicht hätte Kynes zuerst dorthin gehen sollen. Aber die politischen Tatsachen hatten ihn dazu gezwungen, sein Basislager in der Nähe der Herrscher dieses Planeten aufzuschlagen.
Zumindest hatte sich ihm dadurch die Gelegenheit eröffnet, sich an der Suche nach einem der gigantischen Sandwürmer zu beteiligen.
Der große Transportthopter mit Rabbans Jagdgesellschaft hob ab, und schon bald gewann Kynes einen ersten Eindruck von der wahren Wüste. Er blickte durch die Plazfenster nach unten auf die gewellte Landschaft. Aufgrund seiner Erfahrung mit anderen Wüstenregionen konnte er eine Menge aus den Dünenmustern herauslesen ... Wölbungen und Krümmungen, die viel über saisonale und aktuelle Windverhältnisse sowie die Häufigkeit von Stürmen verrieten. Vieles ließ sich aus diesen Linien und Schnörkeln ermitteln – aus den Fingerabdrücken des Wetters. Er presste sein Gesicht gegen die Sichtluken; von den anderen Passagieren schien keiner an der Beobachtung der Wüste interessiert zu sein.
Die Harkonnen-Truppen waren unruhig, weil ihnen in den schwer gepanzerten blauen Uniformen heiß war. Ihre Waffen schlugen klappernd gegeneinander und schrammten über die Bodenplatten. Die Männer schienen sich ohne ihre individuellen Schilde unwohl zu fühlen, doch die Nähe eines Holtzman-Feldes führte dazu, dass Sandwürmer in mörderische Raserei versetzt wurden. Heute jedoch wollte Rabban seine Mordlust ausleben.
Glossu Rabban, der einundzwanzig Jahre alte Sohn des ehemaligen kraftlosen Gouverneurs des Planeten, saß ganz vorn neben dem Piloten und suchte den Sand nach Spuren ab. Er hatte kurzgeschorene braune Haarstoppeln, breite Schultern, eine tiefe Stimme und ein ungeduldiges Wesen. Eisblaue Augen blickten aus einem sonnengebräunten Gesicht. Er schien sich alle Mühe zu geben, das Gegenteil seines Vaters zu werden.
»Können wir aus der Luft Wurmspuren erkennen?«, fragte er.
Thekar, der Wüstenführer, beugte sich vor, als sehnte er sich nach Rabbans Nähe. »Der Sand wandert und verwischt sehr schnell die Spur eines Wurmes. Häufig bewegen sie sich tief unter der Oberfläche. Sie werden die Bewegungen eines Wurms erst dann erkennen, wenn er an die Oberfläche kommt und angriffsbereit ist.«
Kynes hörte aufmerksam zu und merkte sich alle Einzelheiten. Er wollte all diese Fakten in seine Notizbücher aufnehmen, aber damit musste er noch warten.
»Und wie sollen wir dann einen finden? Ich habe gehört, dass es in der offenen Wüste vor Würmern wimmelt.«
»So einfach ist es nicht, Mylord«, erwiderte Thekar. »Die großen Würmer leben in eigenen Revieren, die sich über mehrere hundert Quadratkilometer erstrecken können. Sie jagen und töten jeden Eindringling, der die Reviergrenzen verletzt.«
Rabban wurde immer ungeduldiger und drehte sich in seinem Sitz herum. »Woran erkennt man das Revier eines Wurms?«
Thekar lächelte, und seine dunklen, eng zusammen stehenden Augen schienen in weite Ferne zu blicken. »Die gesamte Wüste gehört Shai-Hulud.«
» Wem? Hören Sie endlich auf, meinen Fragen auszuweichen!« Kynes war überzeugt, dass Rabban dem Mann im nächsten Augenblick einen Schlag ins Gesicht verpassen würde.
»Sie leben schon so lange auf Arrakis und haben noch nie davon gehört, Mylord? Die Fremen betrachten die großen Sandwürmer als Götter«,
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