Dune - Frühe Chroniken 03 - Das Haus Corrino
zu den Höhlen von Ix eingezeichnet, so gut ich mich daran erinnere. Für Gurney und Thufir dürften sie recht nützlich sein.«
»Alle anderen Wege haben sich als zu gefährlich erwiesen«, sagte der Mentat. Im Laufe der Jahrzehnte hatten immer wieder Spione der Atreides versucht, den Verteidigungsring der Tleilaxu zu durchbrechen. Entweder war es ihnen nicht gelungen, in die Untergrundwelt einzudringen, oder sie waren niemals zurückgekehrt.
Rhombur, der Sohn des Grafen Dominic Vernius, hatte sein Gedächtnis nach Informationen über geheime Sicherheitssysteme und verborgene Eingänge zur Höhlenstadt durchforstet. Während seiner langen Rekonvaleszenz erinnerte er sich an immer neue Details, die er längst vergessen geglaubt hatte, die vielleicht den Schlüssel zur feindlichen Festung darstellten.
Er wandte sich dem Essen zu und häufte sich ein großes Stück vom Parafisch auf die Gabel. Als er Dr. Yuehs missbilligenden Blick bemerkte, ließ er das meiste auf den Teller zurückfallen und begnügte sich mit einem kleineren Bissen.
Leto starrte auf sein verschwommenes Spiegelbild in der Wand aus blauem Obsidian, die den Bankettsaal schmückte. »Wie Wölfe, die bereit sind, sich auf jedes Mitglied ihres Rudels zu stürzen, das Anzeichen der Schwäche zeigt, warten auch einige Adelsfamilien nur darauf, dass ich einen Fehler mache. Zum Beispiel die Harkonnens.« Seit der Luftschiffkatastrophe hatte Herzog Letos Bereitschaft, Ungerechtigkeiten schweigend zu akzeptieren, drastisch abgenommen. Es lag ihm genauso sehr am Herzen wie Rhombur, auf Ix etwas zu bewirken.
»Das gesamte Imperium muss erkennen, dass die Stärke des Hauses Atreides nicht nachgelassen hat.«
4
Wenn wir versuchen, unsere elementarsten Triebe zu verbergen, ist unsere gesamte Existenz ein Betrug.
Lehre der Bene Gesserit
Es schmerzte Lady Anirul mit anzusehen, wie die Wahrsagerin Lobia in ihrem schlichten Gemach auf einer Matte im Sterben lag. Ach, meine Freundin, du hast etwas viel Besseres als das hier verdient!
Die uralte Schwester war in den letzten Jahren zusehends schwächer geworden, hatte sich aber mit erstaunlicher Hartnäckigkeit ans Leben geklammert.
Sie hatte sich geweigert, in die vertraute Mütterschule auf Wallach IX zurückzukehren, was ihr gutes Recht gewesen wäre, und wollte stattdessen weiterhin dem Goldenen Löwenthron dienen. Ihr phänomenaler Verstand – den sie als ihren »kostbarsten Besitz« bezeichnete – war wach und scharf geblieben. Als Imperiale Wahrsagerin identifizierte Lobia jede Lüge und Täuschung, die im Beisein von Shaddam IV. ausgesprochen wurde, auch wenn der Imperator nur äußerst selten seine Anerkennung ihrer Dienste zum Ausdruck brachte.
Nun blickte die sterbende Frau zu Anirul auf. Das sanfte Licht der Leuchtgloben verlieh ihr eine Art Heiligenschein, während ihr Gesicht – und ihre Tränen – im Schatten verborgen waren. Die uralte Schwester war ihre engste Vertraute im riesigen Palast, nicht nur eine Bene-Gesserit-Kameradin, sondern außerdem eine rüstige und faszinierende Person, der sie ihre geheimsten Gedanken anvertrauen konnte. Und nun ging ihr Leben zu Ende.
»Es wird Ihnen bald wieder besser gehen, Mutter Lobia«, sagte Anirul. Die Plastein-Wände des kargen, ungeheizten Raumes verbreiteten eine Kälte, die bis ins Mark drang. »Ich glaube, Sie sind schon wieder etwas zu Kräften gekommen.«
Die Stimme der alten Frau klang wie knisternde trockene Blätter. »Belüge niemals eine Wahrsagerin ... insbesondere nicht die Wahrsagerin des Imperators.« Diese Ermahnung hatte sie schon häufig wiederholt. Lobias wässrige Augen funkelten mit bescheidener Ironie, obwohl es sie sichtlich anstrengte, regelmäßig zu atmen. »Hast du denn gar nichts von mir gelernt?«
»Ich habe gelernt, dass Sie eine störrische Frau sind, meine Freundin. Sie sollten mir erlauben, die Medizinschwestern zu rufen. Yohsa wird sich um Sie kümmern.«
»Die Schwesternschaft ist nicht daran interessiert, dass ich weiterlebe, mein Kind, auch wenn du es dir noch so sehr wünschen magst. Muss ich dich für deine Gefühle tadeln, oder sollte ich uns beiden diese Peinlichkeit ersparen?« Lobia hustete, dann unterzog sie sich der beruhigenden Übung einer Bindu-Suspension. Sie holte zweimal tief Luft und schloss das Ritual ab. Ihre Atmung war jetzt wieder so regelmäßig und gesund wie bei einer viel jüngeren Frau. »Es ist uns nicht bestimmt, ewig zu leben, auch wenn die Stimmen der Weitergehenden
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