Dune - Frühe Chroniken 03 - Das Haus Corrino
nahezu lautlosen Schritten.
Die hübsche Schwester sah sie voller Erstaunen an, als sie die Neuigkeit vernahm. Sie führte Anirul in einen eleganten Privatsalon, wo die Ehrwürdige Mutter Mohiam auf sie wartete. Die Frau mit den eingefallenen Wangen und dem ergrauten Haar trug ein schwarzes Aba-Gewand, die traditionelle Kleidung der Schwesternschaft.
Bevor Mohiam etwas sagen konnte, teilte Anirul ihr knapp und emotionslos mit, dass Lobia gestorben war. Die Ehrwürdige Mutter schien nicht im Geringsten überrascht zu sein. »Auch ich bringe eine Nachricht, die seit langem erwartet wurde, Lady Anirul. Insbesondere an diesem Tag des Abschieds dürfte die Nachricht für Sie ermutigend sein.« Sie benutzte eine uralte, ansonsten vergessene Sprache, die kein eventueller Lauscher verstehen würde. »Jessica ist endlich mit dem Kind von Herzog Leto Atreides schwanger.«
»Wie es ihr befohlen wurde.« Aniruls Miene hellte sich auf, und sie klammerte sich an diese erfreuliche Hoffnung auf neues Leben.
Nach Jahrtausenden sorgfältigster Vorbereitung stand der bedeutendste Plan der Bene Gesserit kurz vor der Vollendung. Die Tochter, die Jessica demnächst zur Welt bringen würde, sollte einst die Mutter des langersehnten Kwisatz Haderach werden, eines Messias, der unter der Kontrolle der Schwesternschaft stand.
»Vielleicht ist heute doch kein so düsterer Tag.«
5
Wenn jeder Mensch die Gabe hätte, in die Zukunft zu schauen, wäre sie bedeutungslos. Denn wo ließe sich diese Gabe dann noch anwenden?
Norma Cevna, Das Integral der Philosophie,
nach alten Aufzeichnungen der Gilde
im Rossak-Privatarchiv
Die menschliche Besiedlung des Planeten Junction reichte in die Zeit vor der Gründung der Raumgilde durch den legendären Patrioten und Industriemagnaten Aurelius Venport zurück.
Als die Gilde noch in den Kinderschuhen steckte, in den Jahrhunderten nach Butlers Djihad, hatte man nach einer Heimatwelt mit genügend Platz für die gewaltigen Heighliner gesucht. Die weiten Ebenen und die geringe Bevölkerung von Junction boten ideale Voraussetzungen. Heute war diese Welt mit Landeplätzen der Gilde, Reparatureinrichtungen, riesigen Wartungshallen und streng abgeschirmten Schulen für die geheimnisvollen Navigatoren übersät.
Steuermann D'murr, der kaum noch Ähnlichkeit mit einem Menschen hatte, schwamm in einem versiegelten Tank voller Gewürzgas und blickte mit geistigen Augen auf Junction hinaus. Der intensive Zimtgeruch der reinen Melange durchdrang jede Pore seines Körpers und Geistes. Es gab keinen köstlicheren Duft.
Seine gepanzerte Kammer wurde von mechanischen Klammern gehalten, während eine Transportgondel lautlos über das Land flog und ihn zum neuen Heighliner brachte, der ihm als Arbeitsplatz zugewiesen worden war. Es war D'murrs Lebensaufgabe, die Schiffe mit einem Augenzwinkern durch den Faltraum zu befördern, von einem Sonnensystem zum nächsten. Und das war nur ein kleiner Teil seines Wissens, nachdem er sich so weit über seine ursprüngliche menschliche Existenz hinausentwickelt hatte.
Die tropfenförmige Gondel überflog eine weite Fläche mit gelandeten Heighlinern – gigantische, kilometerlange Schiffe, die den gesamten Handel des Imperiums abwickelten. Stolz war eine primitive menschliche Emotion, aber D'murr war immer noch in der Lage, Freude über seine Stellung im Universum zu empfinden.
Er betrachtete den Raumhafen und die Wartungsschleusen, an denen die Schiffe versorgt und mit neuen Bauteilen ausgestattet wurden. Die Hülle eines riesigen Heighliners wies zahlreiche Meteoritentreffer auf; darin war ein alter Navigator gestorben. D'murr spürte das Aufflackern einer traurigen Empfindung, eine leise Erinnerung an den ehrgeizigen ixianischen Jungen, der er einmal gewesen war. Wenn er eines Tages sein erweitertes Bewusstsein konzentriert hatte, würde er auch diesen Überrest seines früheren Ichs bezwingen können.
Vor ihm lagen die ordentlichen weißen Markierungen auf dem Feld der Navigatoren, der Gedenkstätte der Raumgilde. Zwei Markierungen strahlten heller als die anderen; sie waren erst vor kurzem angelegt worden, nachdem zwei Piloten im Verlauf eines Experiments ihr Leben verloren hatten. Die Freiwilligen waren für ein gefährliches Projekt modifiziert worden, bei dem es um die Möglichkeit zeitverlustfreier interstellarer Kommunikation ging. Das Projekt Gildelink basierte auf D'murrs Erfahrungen, die er während der Verbindungen mit seinem Zwillingsbruder C'tair
Weitere Kostenlose Bücher