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Dune - Frühe Chroniken 03 - Das Haus Corrino

Dune - Frühe Chroniken 03 - Das Haus Corrino

Titel: Dune - Frühe Chroniken 03 - Das Haus Corrino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Herbert , Kevin J. Anderson
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Erinnerungen diesen Anschein erwecken mögen.«
    »Ich glaube, es macht Ihnen einfach nur Spaß, meine vorgefassten Meinungen infrage zu stellen, Mutter Lobia.« Sie schwammen häufig durch die unterirdischen Kanäle unter dem Palast, sie entspannten sich bei komplexen Strategiespielen, sie starrten sich stundenlang gegenseitig an und kämpften um winzigste Nuancen der Willenskraft. Anirul wollte sie nicht aufgeben.
    Obwohl die alte Wahrsagerin im prächtigen imperialen Palast lebte, gab es keinen Schmuck an den Wänden und keinen Teppich auf dem Holzboden ihres Quartiers. Lobia hatte die ursprünglichen kostbaren Gemälde, die schweren importierten Läufer und die Fenstervorhänge aus prismatischem Film entfernen lassen. »Solche Luxusgegenstände verstopfen nur den Geist«, hatte sie zu Anirul gesagt. »Persönlicher Besitz ist eine Vergeudung von Zeit und Energie.«
    »Aber ist es nicht der menschliche Geist, der diesen Luxus schafft?«, hatte Anirul erwidert.
    »Ein überragender Geist erschafft wunderbare Dinge, aber nur Dummköpfe streben danach, sie um ihrer selbst zu besitzen. Ich ziehe es vor, nicht zu den Dummköpfen zu gehören.«
    Wie ich diese Diskussionen vermissen werde, wenn sie nicht mehr da ist ...
    Anirul fragte sich mit überwältigender Traurigkeit, ob der Imperator überhaupt etwas von der Abwesenheit der alten Frau bemerkt hatte. Seit Jahrzehnten war Lobia die beste Wahrsagerin am Hof gewesen. Sie registrierte den feinsten Schweißfilm, winzigste Bewegungen des Kopfes, ein Kräuseln der Lippen, Veränderungen im Tonfall und viele andere Dinge.
    Ohne sich auf der harten Matte zu rühren, öffnete Lobia unvermittelt die Augen. »Es wird Zeit.«
    Ein ängstlicher Stich fuhr durch Aniruls Herz. Ich darf mich nicht fürchten. Die Furcht tötet das Bewusstsein. Die Furcht führt zu völliger Zerstörung. »Ich verstehe, Mutter Lobia«, flüsterte sie. »Ich bin bereit, Ihnen zu helfen.« Ich werde ihr ins Gesicht sehen. Sie soll mich völlig durchdringen.
    Sie kämpfte ihre Tränen zurück und zwang sich zur Selbstbeherrschung. Dann beugte sie sich vor und berührte mit ihrer Stirn die trockene Haut der Schläfe der alten Wahrsagerin, als würde sie sich auf einem Gebetsteppich verbeugen. Eine bedeutende Aufgabe musste noch erledigt werden, bevor Lobia sterben durfte.
    Anirul würde die Gespräche und die Freundschaft zu dieser Frau im einsamen Palast sehr vermissen. Aber sie musste nicht völlig auf die Gesellschaft der verehrten Wahrsagerin verzichten. »Komm in meinen Geist, Lobia. In mir ist Platz für all deine Erinnerungen.«
    In den Tiefen ihres Bewusstseins spürte Anirul die Aufregung und Unruhe in den Weitergehenden Erinnerungen, den genetisch aufgezeichneten Erfahrungen all ihrer weiblichen Vorfahren. Als Kwisatz-Mutter war Aniruls Geist besonders empfänglich für vergangene Gedanken und Leben, die viele Generationen zurückreichten. Bald würde auch Lobia zu ihnen gehören.
    Mit der Stirn spürte sie den nachlassenden Pulsschlag der alten Frau. Ihr Geist öffnete sich ... und dann setzte der Fluss ein, als würde sich ein Staubecken entleeren. Lobia ließ ihr Leben in Anirul strömen, sie gab ihr alle Erinnerungen, ihre Persönlichkeit und sämtliche Daten ihres langen Lebens.
    Eines Tages würde Anirul diese Informationen an eine andere, jüngere Schwester weitergeben. Auf diese Weise wurde das kollektive Gedächtnis der Schwesternschaft gesammelt und theoretisch allen Bene Gesserit verfügbar gemacht.
    Nachdem sie ihr Leben gegeben hatte, fiel Lobia wie eine leere Hülle in sich zusammen. Nun existierten die Erinnerungen der alten Frau neben all den anderen Stimmen in Anirul weiter. Nun konnte die Kwisatz-Mutter jederzeit Lobia aufrufen und sich wieder an ihrer Gesellschaft erfreuen ...
    Sie hörte eine leise Stimme und blickte sich um. Sorgfältig verbannte sie jeden Hinweis auf ihre Gefühle aus ihrer Miene. Sie wollte nicht riskieren, dass irgendeine andere Schwester ihre Schwäche bemerkte, nicht einmal in diesem Moment tiefster Trauer. Im Türrahmen stand eine junge Bene-Gesserit-Schülerin und winkte ihr. »Ein wichtiger Besuch, Mylady. Bitte folgen Sie mir.«
    Anirul war überrascht, mit welcher Ruhe sie antwortete. »Schwester Lobia ist tot. Wir müssen der Mutter Oberin mitteilen, dass der Imperator eine neue Wahrsagerin benötigt.« Sie warf der uralten Frau, die kalt und leer auf der harten Matte lag, noch einen kurzen, sehnsüchtigen Blick zu, dann entfernte sie sich mit

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