Eine Tiefe Am Himmel
PROLOG
Die Menschenjagd erstreckte sich über mehr als hundert Lichtjahre und acht Jahrhunderte. Es war immer eine geheime Suche gewesen, derer sich nicht einmal alle Teilnehmer bewusst waren. In der frühen Jahren waren es einfach verschlüsselte Anfragen, in Funksendungen verborgen. Jahrzehnte und Jahrhunderte vergingen. Es gab Hinweise, Gespräche mit den Mitreisenden des Mannes, Andeutungen in ein halbes Dutzend widersprüchliche Richtungen: Der Mann war jetzt allein und unterwegs in noch größere Ferne; der Mann war gestorben, ehe die Suche überhaupt begann; der Mann hatte eine Kriegsflotte und kehrte zurück, um über sie zu kommen.
Mit der Zeit gewannen die glaubhaftesten Geschichten eine gewisse Konsistenz. Die Indizien waren gewichtig genug, damit gewisse Schiffe ihre Flugpläne änderten und Jahrzehnte daran setzten, nach weiteren Hinweisen zu forschen. Wegen der Umwege und Verzögerungen waren Vermögen verlorengegangen, doch die Verluste trafen einige wenige der größten Handelsfamilien und wurden abgetan. Sie waren reich genug, und diese Suche war wichtig genug, dass es kaum eine Rolle spielte. Denn die Suche war eingeengt worden: Der Mann reiste allein, ein vages Flimmern vielfacher Identitäten, eine Folge einzelner Fahrten auf unbedeutenden Handelsschiffen, doch immer auf dem Weg zurück in diesen Teil des Menschenraums. Das Jagdgebiet schrumpfte von hundert Lichtjahren auf fünfzig, auf zwanzig – und auf ein halbes Dutzend Sternysteme.
Und schließlich blieb nur noch eine einzige Welt am kernseitigen Rand des Menschenraums übrig. Jetzt konnte Sammy eine Flotte eigens für das Ende der Jagd rechtfertigen. Die Besatzung und sogar die meisten Eigner würden den wahren Zweck der Mission nicht kennen, doch er hatte gute Chancen, die Suche endlich zum Abschluss zu bringen.
Sammy selbst flog nach Triland hinab. Dieses eine Mal hatte es Sinn, wenn ein Flottenkapitän selbst die Kleinarbeit machte: Sammy war der Einzige in der Flotte, der den Mann wirklich persönlich getroffen hatte. Und bei der gegenwärtigen Popularität seiner Flotte hier konnte er glatt jeden bürokratischen Unsinn beiseite schieben, der womöglich auftauchte. Das waren gute Gründe… Aber Sammy wäre in jedem Fall hier herunter gekommen. Ich habe so lange gewartet, und bald werden wir ihn haben.
»Warum sollte ich Ihnen helfen, irgendwen zu finden! Ich bin nicht Ihre Mutter!« Der kleine Mann wich ins Innere seines Büros zurück. Hinter ihm stand eine Tür einen Spalt weit offen. Sammy erhaschte einen Blick auf ein Kind, das furchtsam zu ihnen herauslugte. Der kleine Mann machte die Tür fest zu. Er starrte die Gendarmen der Forstverwaltung an, die Sammy in das Gebäude vorangegangen waren. »Ich sag es Ihnen noch mal: Mein Geschäft führe ich im Netz. Wenn Sie das, was Sie suchen, dort nicht gefunden haben, ist es von mir nicht zu bekommen.«
»’tschuldigung.« Sammy tippte einem der Gendarmen auf die Schulter, »’tschuldigung.« Er schob sich durch die Reihen seiner Beschützer.
Der Besitzer sah, wie ein Hochgewachsener nach vorn kam. Er langte nach seinem Schreibtisch. Himmel. Wenn er die Datenbanken zerstörte, die er übers Netz verteilt hatte, würden sie nichts aus ihm herausbekommen.
Doch die Bewegung des Burschen erstarrte. Schockiert fixierte er Sammys Gesicht. »Admiral?«
»Äh… ›Flottenkapitän‹, wenn’s recht ist.«
»Ja, ja! Wir haben Sie jetzt jeden Tag in den Nachrichten gesehen. Bitte! Setzen Sie sich. Die Anfrage geht von Ihnen aus?«
Sein Verhalten hatte sich geändert, als wäre eine Blüte im Sonnenlicht aufgegangen. Anscheinend war die Dschöng Ho bei den Städtern ebenso beliebt wie bei der Forstverwaltung. In ein paar Sekunden hatte der Besitzer – der ›Privatermittler‹, wie er sich nannte – Aufzeichnungen aufgerufen und Suchprogramme gestartet. »Hmm. Sie haben keinen Namen, keine gute Personenbeschreibung, nur ein wahrscheinliches Ankunftsdatum. Schön, die Forstverwaltung behauptet jetzt, aus Ihrem Kerl muss jemand namens ›Bidwel Ducanh‹ geworden sein.« Sein Blick glitt seitwärts zu den schweigenden Gendarmen, und er lächelte. »Sie sind sehr gut, wenn es darum geht, aus unzureichenden Informationen sinnlose Schlussfolgerungen zu ziehen. In diesem Fall…« Er machte etwas mit seinen Suchprogrammen. »Bidwel Ducanh. Tja, jetzt, wo ich nach ihm suche, erinnere ich mich, dass ich von dem Burschen gehört habe. Vor sechzig oder hundert Jahren hat er sich
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