Dunkel ist die Sonne
zugerichtet waren wie der erste. Auch diese hier waren zerstückelt, abgenagt und zermalmt, und auch hier lagen einzelne Teile auf der Straße und am Straßenrand herum.
Im Wald fanden sie dann Spuren, mindestens sechzig Meter lange Abdrücke. Sie waren so tief, daß sie trotz der Größe deutlich sichtbar waren. Sie wirkten humanoid, aber an den Zehen saßen Krallen.
In der Nähe standen hohe Bäume, die, wahrscheinlich durch einen Tritt, entwurzelt, und andere, die umgeknickt worden waren, so als habe das Ding auf sie getreten.
Das Atmen und das Geräusch wie von dem Berg, der dem Erdboden gleichgemacht wird, waren jetzt viel lauter zu hören. Es war in der Tat ein Berg. Nein, ein großer Haufen Steine. Felsbrocken flogen in der Luft herum und fielen im Dschungel zu Boden. Und plötzlich stürzte einer davon auf das Gras, das zwischen Dschungel und Straße wuchs.
Jum winselte, oder vielleicht war es auch Deyv selbst gewesen – auf jeden Fall hätte er es gern getan.
Aejip schmiegte sich, wild um sich blickend, an den Boden. Vana zitterte.
„Ich glaube, wir sind jetzt nahe genug“, flüsterte sie.
„Zu nahe.“
In der Dunkelheit konnten sie den Steinhaufen erkennen, der noch vielleicht eine Viertelmeile entfernt war. Oder war das etwa das Ungeheuer?
Ein weiterer Felsen von der Größe Deyvs ging nieder und traf diesmal genau die Straße. Jum stieß ein spitzes Gebell aus. Deyv spürte, wie warmes Wasser an seinem Bein herunterrann.
Plötzlich hörte das wilde Geräusch auf. Jetzt konnte man nur noch das furchtbare Atmen hören. Lauschte es etwa?
Deyv nahm Vanas Hand in die seine und wies mit der anderen zur Straße zurück. Sie liefen auf dem Gras neben der Straße, um das Geräusch ihrer Schritte zu dämpfen. Hinter ihnen ertönte ein so lautes Gebrüll, daß ihnen war, als hätte sich der Himmel aufgetan. Sie liefen schneller, obwohl sie schon vorher ihr Bestes gegeben hatten.
Ein Felsbrocken stürzte wenige Meter vor ihnen zu Boden. Ein gutes Stück vor ihnen leuchtete immer wieder ein Licht auf. Das war Sloosh, der mit Hilfe des Leuchtkäfers Zeichen gab.
Schließlich kamen sie näher heran, und sie konnten den Pflanzenmenschen und die anderen oben auf Phemropit sitzen sehen. Deyv kam, dicht gefolgt von Vana, bei ihnen an. Die Katze und der Hund waren ihnen etwa zehn Meter voraus gewesen und saßen nun keuchend da. Er selbst warf sich neben sie auf die Erde. Eine Minute lang war er zu sehr außer Atem, um sprechen zu können. Es war aber auch nicht nötig. Die anderen sahen auch so die gewaltige, undeutliche Masse, die unaufhaltsam näherrückte. Die Erde dröhnte unter dem Schritt – oder war das nur Deyvs aufgewühlte Phantasie? Zumindest das fürchterliche Brüllen, das das Ding ausstieß, bildete er sich sicher nicht ein. Auch täuschte ihn seine Nase nicht. Dieser ekelhafte Geruch wie von vielen verwesten Leichen, den der Wind herübertrug, war nur zu echt.
Ein Strahl schoß aus Phemropit heraus, nicht der dünne, gebündelte, den er zum Bohren oder Sprechen benutzte, sondern ein fächerförmiger Strahl. Er fiel auf riesenhafte Füße und – relativ gesehen – sehr dünne Beine. Der Rest war nicht deutlich zu erkennen. Aber es sah aus, als wäre es ein Skelett, bei dem die Organe an den Knochen hingen.
Genau das war es auch: ein Knochengerippe unter einer dünnen Muskelschicht, an dem sich Beutel befanden, die Magen, Eingeweide, Leber, Herz, Bauchspeicheldrüse, Milz und alle anderen lebenswichtigen Organe darstellten. Der Wind pfiff durch Rippen, Becken und Brustkorb. Und die Organe, die an den Knochen festsitzenden Beutel, schwangen bei jedem Schritt des Dings mit.
Der Kopf war in etwa wie der eines Menschen geformt und bestand aus Knochen, die mit einer dünnen, freiliegenden Muskelschicht überzogen waren. Haar war keines da – oder zumindest nicht zu sehen. Aber bei der Dunkelheit und dem allgemeinen Entsetzen sahen sie ohnehin nicht allzuviel. Wo die Augen hätten sein sollen, waren nur zwei schwarze Löcher; es mußten eigentlich Augen da sein, aber auf die Entfernung gesehen wirkten die Löcher leer.
Phemropit begann sich zu drehen, wobei sich die linke Schiene schneller als die rechte bewegte und die mittlere hochgestellt war. Plötzlich schoß der dünne Strahl nach vorn und bohrte in den linken Fuß des Monsters, das von Gullivers Rieseninsel hätte stammen können, ein Loch. Es folgte ein ohrenbetäubender Schrei, und das Ding hielt an. Phemropit drehte sich nach links,
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