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Dunkel ist die Zukunft

Dunkel ist die Zukunft

Titel: Dunkel ist die Zukunft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Tank, nicht nur in dem Stones. Ächzend zog sie sich über den Rand des offenstehenden Stahlsarges, angelte den roten Hefter hervor und begann zu lesen. Auf den zwei Dutzend engbedruckten Seiten stand alles, was sie wissen mußte. Trotzdem dauerte es noch länger als zwei Stunden, bis sie soweit war, den Bunker zu verlassen. Charity erholte sich zusehends, was nicht zuletzt an den Pillen lag, die sie in einem Schrank fand und von denen sie kurzerhand eine ganze Handvoll schluckte. Sie hatte keine Ahnung, was sie draußen erwartete, aber sie würde jedes bißchen Kraft brauchen, das sie bekommen konnte. Offenbar war auch Stone den Instruktionen gefolgt; einer der sechs gepackten Tornister fehlte, außerdem zwei Lasergewehre und eine MP; wenn sie Stones eigene Waffe mitzählte, dann stand zu vermuten, daß dieser Wahnsinnige vier Gewehre mit sich schleppte. Charity schüttelte seufzend den Kopf, hängte sich selbst einen Laser über die Schulter und nahm nach kurzem Zögern noch ein Messer und eine kleine, zusammenklappbare Maschinenpistole aus dem Waffenschrank. Den Bunker zu verlassen erwies sich als relativ leicht - und sehr gefährlich. Auch der Fluchtweg war von einer dreißig Zentimeter starken Panzerstahlplatte versperrt gewesen, aber anders als beim Haupteingang hatten ihre Konstrukteure hier eine Vorrichtung angebracht, die die Tür elektrisch geschlossen hielt. Sobald der Strom ausfiel, klappten die beiden Panzerstahlflügel automatisch auseinander. Nein, die Tür war nicht das Problem. Das, was Charity den puren Angstschweiß auf die Stirn trieb, lag dahinter. Es war rund, hatte einen Durchmesser von anderthalb Metern und war pechschwarz. Eine Fluchtrutsche, die in immer größer werdenden Spiralen in die Tiefe führte. Und sie hatte panische Angst, sie zu benutzen. Sie war durch ähnliche, kleinere Anlagen geflitzt, früher, in einer Welt, in der es noch Schwimmbäder und Freizeitparks gegeben hatte, aber das hier war etwas ganz anderes. Sie hatte keine Ahnung, was sie am anderen Ende erwartete und ob dieses verdammte Ding überhaupt noch in Ordnung war. Die Sprengungen hatten den ganzen Berg erschüttert. Die Vorstellung, mit achtzig oder hundert Meilen in der Stunde in irgendwelche Trümmer zu rutschen, gefiel ihr nicht besonders. Und außerdem hatte sie einfach Angst vor dem, was sie finden würde, selbst wenn es ihr gelang, aus diesem Loch herauszukommen. Aber welche Wahl hatte sie schon?
    Entschlossen hob sie ihren Tornister hoch, stemmte ihn über den Rand des Schachtes und ließ ihn los. Eine Weile stand sie reglos und mit angehaltenem Atem da und lauschte, aber aus der Tiefe drang kein Laut herauf. Sie würde selbst herausfinden müssen, was sie am Ende der Rutsche erwartete. Charity knipste ihre Taschenlampe an, steckte sie so unter den Gürtel, daß der Strahl nach unten zeigte, und zog sich behutsam auf den Rand des kreisrunden Einstiegs hinauf. Sie spürte, wie ihr Herz zu rasen begann. Ganz vorsichtig schob sie sich ein Stück weiter nach vorne und blickte dem Lichtstrahl der Taschenlampe nach, der sich irgendwo in fünf, sechs Metern Tiefe in der Schwärze verlor. Kalter Schweiß bedeckte ihre Stirn. Sie begann zu rutschen. Im allerersten Moment war ihre Fahrt ins Ungewisse fast langsam, aber wirklich nur im allerersten Moment - dann hatte sie die erste Biegung des Stollens hinter sich, und der Tunnel machte einen jähen Knick. Es dauerte vielleicht eine Minute, aber es war eines der schlimmsten Erlebnisse, die sie bis dahin in ihrem Leben gehabt hatte. Der Kunststoff, mit dem der Schacht ausgekleidet war, war zehnmal glatter als Eis. Sie schrie und versuchte vergeblich, sich irgendwo festzuhalten, und wurde immer schneller, während sie wie eine lebende Kanonenkugel mit siebzig, achtzig, vielleicht hundert Meilen in der Stunde nach unten schoß. Dann endlich hatte sie das Ende ihrer Höllenfahrt erreicht. Der tanzende Lichtstrahl ihrer Lampe raste plötzlich nicht mehr über hellweißen Kunststoff, sondern verlor sich in der Dunkelheit. Für eine endlose, gräßliche Sekunde flog sie scheinbar schwerelos durch die Luft, schrie und folgte gleichzeitig fasziniert dem Flug ihrer Taschenlampe, die sich aus ihrem Gürtel gelöst hatte und wie ein kleiner, glimmender Leuchtkäfer davontorkelte.
    Dann prallte sie auf. Der Aufprall war so hart, daß sie fast das Bewußtsein verlor, aber er war nicht so schmerzhaft, wie sie erwartet hatte. Sekundenlang blieb sie benommen liegen und

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