Dunkel wie der Tod
gewählt, Duncan â Wege, die sich in diesem Leben nicht mehr treffen.â
Er sah beiseite, in seinem Gesicht arbeitete es. âTja, macht eigentlich auch nichts mehr, weil ich jetzt eh die ganzen dreiÃig Jahre absitzen muss. Der Direktor meinte, vorzeitige Entlassung kann ich vergessen.â
âDas hätte dir klar sein müssen, als du ausgebrochen bistâ, sagte sie. âDu wusstest, dass du dir die Aussicht auf Bewährung nimmst, aber du hast es dennoch gemacht â meinetwegen. Ich ⦠ich kann noch immer nicht glauben, dass du das getan hast.â
Er zuckte mit seinen breiten Schultern. âIch bin dein Ehemann, Nell. Ich muss mich um dich kümmern und auf dich aufpassen. Und ich denk mal, dass ich dir ja auch noch was schuldig war, nach ⦠na, du weiÃt schon.â
Sie wusste nicht, was sie darauf erwidern sollte.
âHör zu.â Er lehnte sich weit über den Tisch und sah sie so lange eindringlich an â mit seinen unheilvoll schönen Augen â, dass sie ihm schlieÃlich nachgab und seinen Blick erwiderte. âIch weiÃ, dass wir nicht mehr zusammen sein könnenâ, sagte er, âwenigstens nicht so richtig. Aber so wie die Kirche das sieht â und ich seh das ganz genauso â, sind wir noch immer Mann und Frau. Und daran wird sich nie was ändern.â
Und was sollte sie nun darauf erwidern? âIch danke dir für das, was du für mich getan hast, Duncan. Du hast ein groÃes Opfer gebracht.â
Er schüttelte den Kopf. âEin Riesentrottel bin ich! Ich hättâ das alles Pfarrer Beals niemals erzählen dürfen â das von Virgil und dieser Bridie und von dem Hof und von dir und Harry Hewitt â¦â
âDu weiÃt, dass er und ich nie â¦â
âSchon klar, weià ich ja jetzt. Aber Virge und dieses Mädchen sind tot, und das wärn sie nicht, wenn ich diesen bekloppten Pfarrer durchschaut hätte. Aber dann, an dem Tag, als du mich besuchen warst, da kam er dann zu mir und was er da alles gesagt hat ⦠von wegen, dass du bald dein Fett abkriegen würdest und Harry Hewitt auch. Er meinte, bald wär ich dann für immer frei. Und dass es mit dir ein böses Ende nehmen würde, so wie mit Bridie und Virgil, was ich damals überhaupt nicht verstanden hab, weil ich ja noch nicht wusste, dass sie schon tot warân â¦â Er schüttelte den Kopf. âArmer Virge, alter Junge.â
âUnd was Pfarrer Beals sagte, hat dir als Grund genügt, auszubrechen und mich zu retten?â, fragte Nell zweifelnd.
âNee, nicht ganz. Aber weil ich jetzt soân komisches Gefühl hatte, hab ich angefangen, ihm Fragen zu stellen, die er mir dann nicht beantworten wollte. Ich glaub, er hat gemerkt, dass er das alles besser nicht gesagt hätte. Aber als er sagte, dass Harry Hewitt am Galgen hängen wird, dachtâ ich mir, der weià doch was! Vielleicht wollte Harry dich ja umbringen, was auch erklären würde, warum ich für immer frei wär, wie Beals meinte. Denn wie sonst sollte ich frei werden, auÃer durch deinen Tod? Wir haben ja katholisch geheiratet, und da gibtâs keine Scheidung. Und da dachtâ ich mir, vielleicht weià er, was Harry vorhat, will ihn aber nicht davon abhalten.â
âIhn selbst hast du nicht verdächtigt?â
âZuerst nicht ⦠nein, eigentlich nicht. Warum auch? Er war ja Pfarrer Beals â war Pfarrer Beals.â
âWarst du es, der Harry zusammengeschlagen hat?â
Duncan lachte und schlug vergnügt auf die Tischplatte. âJa, verdammt, und es hat richtig Spaà gemacht! Acht Jahre war es her, dass ich mir die Fäuste so richtig blutig schlagen konnte.â
âHast du es getan, weil du glaubtest, er und ich â¦?â
âNein, ich wusste schon vorher, dass da nichts war â hab ich gemerkt, als ich mit ihm gesprochen hab. Aber er hat mir erzählt, was er bei dir versucht hat, und da konntâ ich ihn ja wohl nicht einfach so davonkommen lassen, oder? Also nichâ, wenn er das bei meiner eigenen Frau versucht.â
Daraus schloss Nell, dass Harry bei seinem Bericht von dem Gespräch mit dem unbekannten Angreifer in der Destille ein paar pikante Details weggelassen hatte â entweder, weil er vom Absinth tatsächlich zu umnebelt gewesen war, um sich daran zu erinnern, oder er hatte sie absichtlich verschwiegen, um diesen für ihn so
Weitere Kostenlose Bücher